In dem Zimmer, in das der 23-jährige Angeklagte eingestiegen ist, hat zur Tatzeit dessen Großvater geschlafen. Foto: AA+W – stock.adobe.de

Einen besonderen Tabubruch begeht im Sommer 2018 ein 23-Jähriger. Er schlägt eine Scheibe ein und bricht in das Haus seiner Großeltern ein. Wieso tat er das? Die Verhandlung am Hechinger Amtsgericht gibt Antworten auf viele Fragen – auch welche Rolle eine Freundin spielte, die ihn zum Tatort fuhr.

Straßberg/Geislingen/Albstadt - "Moralisch höchst verwerflich", betitelt Richterin Karin Laub die Tat des 23-Jährigen aus Albstadt. Er lässt sich von einer Freundin mitten in der Nacht zum Anwesen seiner Großeltern fahren, schlägt dort ein Balkonfenster ein und nimmt 300 Euro mit. Seine 20-jährige Fahrerin steht ebenfalls vor Gericht. Am Ende wird er nach Jugendstrafrecht zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Die Frau erhält 35 Stunden.

Der Angeklagte stammt nach Aussagen des anwesenden Vertreters der Jugendhilfe aus prekären Verhältnissen. Seine Eltern haben sich getrennt, als er sieben Jahre alt war, sein Bruder starb mit zwölf Jahren. Sein Stiefvater ist darüber hinaus Alkoholiker und hat ihn nach seiner Aussage häufig geschlagen. Mit dem Gesetz ist er vor einigen Jahren schon zwei Mal in Berührung gekommen, beides Mal wegen Waffenbesitzes.

Er wollte angeblich nur "Geld abholen"

Vor Gericht zeigt sich der Angeklagte vollständig geständig. Mit leiser und schüchterner Stimme erläutert er dem Gericht, was an jenem Tag im Sommer 2018 vorgefallen war. An dem Abend der Tat befanden sich die Freundin und er auf einer Party. Er soll sie dann gebeten haben, ihn zu seinen Großeltern zu fahren, um "Geld abzuholen". Nach Aussage der Frau war ihr nicht klar, dass er dafür eine Straftat begehen würde. Gegen 1.30 Uhr fuhren sie los.

Am Haus angekommen, habe sie im Auto gewartet und nach kurzer Zeit "drei laute Schläge" gehört. Wenig später kam der Angeklagte aus dem "Gebüsch zurück zum Auto gerannt". In dem Moment sei ihr klar gewesen, was vorgefallen ist, aber sie konnte ihrer Aussage nach nicht darauf reagieren. "Ich war im ersten Moment einfach nur schockiert und wusste nicht, wie ich reagieren sollte", erklärt die Frau vor Gericht.

Schon seit längerer Zeit finanzielle Probleme

Um in das Anwesen zu gelangen, schlug der Angeklagte mit einem Feuerzeug eine Glasscheibe an der Balkontür ein. Der Großvater schlief in jenem Zimmer, dass der damals 20-Jährige unbefugt betreten hatte. Nach Angaben des Polizisten, der später vor Ort war, konnte der ältere Herr das Geschehene aufgrund seines Alters nicht richtig verarbeiten. Seine Ehefrau, die Großmutter des Täters, war allerdings schockiert und total aufgelöst.

"Das Geld steht mir zu", soll der Angeklagte zu der Freundin später gesagt haben. Er habe schon seit längerer Zeit massive finanzielle Probleme. Das Jobcenter bezahle ihm und seiner Partnerin eine Wohnung in Albstadt, doch seinen restlichen Lebensunterhalt könne er als Arbeitsloser nur schwer stemmen.

Strafe: 100 Arbeitsstunden

Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer 100 Stunden gemeinnützige Arbeit für den Angeklagten und 50 Stunden für die mitangeklagte Freundin. "Wir wissen nicht, wie schwer es für solche Jugendliche sein muss", sagt sein Verteidiger dagegen in seinem Plädoyer. Die Tat sei eine Kurzschlussreaktion gewesen. Darüber hinaus soll der Angeklagte, der sich zuvor auf einer Party aufgehalten habe, betrunken gewesen sein.

Richterin Laub verurteilt den Mann schlussendlich wegen schwerem Wohnungseinbruchsdiebstahl zu den von der Staatsanwaltschaft geforderten 100 Arbeitsstunden. Außerdem wird der gestohlene Geldbetrag eingezogen. Die Freundin, die ihn zum Tatort gefahren hat, wird wegen Begünstigung schuldig gesprochen und zu 35 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.