Hoffen auf rege Teilnahme beim "Tag der Arbeit" in Villingen-Schwenningen (von links): Thomas Bleile (IG Metall), Anja Zeitz (DGB) sowie Andreas Merz (DGB und verdi). Foto: Kratt

Nach zwei Jahren coronabedingter Pause ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wieder zum Tag der Arbeit auf. Doch bei der Gestaltung des 1. Mai gehen die Verantwortlichen diesmal ganz ungewöhnliche Wege.

VS-Schwenningen - Unter dem Motto "GeMAInsam Zukunft gestalten" haben sich die Verantwortlichen von DGB, verdi und IG Metall in diesem Jahr für eine gemeinsame Wanderung entschieden, die vom Villinger Bahnhof bis zum Gewerkschaftshaus in Schwenningen führen soll. Dort laden sie im Anschluss zu einem gemeinsamen Hock im Innenhof ein. Den Anstoß zur Wanderung von dem einen in den anderen Stadtbezirk habe das diesjährige Stadtjubiläum gegeben, erklärt Anja Zeitz, Gewerkschaftssekretärin des DGB-Region Südbaden. Größere Reden werde es dabei bewusst nicht geben, stattdessen an zwei Stationen Kurzstatements, beim Hock zusätzlich noch Video-Clips sowie auf Plakaten die Präsentation der Erfolge seit Gewerkschaftsgründung.

Bewusste Distanzierung von Linken

Dass mit der Gestaltung des Tags der Arbeit neue Wege gegangen werden, habe mehrere Gründe: Nach zwei Jahren Pause soll, ganz im Sinne des Mottos, genügend Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch und Zusammensitzen sein, findet Zeitz. Zudem habe man die Gewerkschaften nicht für einen großen Demo-Zug motivieren können, wie es in der Vergangenheit mit den linken Gruppierungen der Fall war. Man habe sich auch an deren Parolen gestört. Vielmehr distanziere man sich mittlerweile von den "linken Theorien", sagt Andreas Merz, Vorsitzender des Kreisverbands von DGB sowie von verdi. Am Sonntag ruft die "1. Mai Initiative VS" parallel um 12 Uhr zu einer Kundgebung am Schwenninger Bahnhof auf.

"Wir legen wert auf einen 1. Mai, der friedlich und nett verläuft", sagt Merz auch mit Blick auf die letztjährige Demo der Linken, die von der Polizei vorzeitig aufgelöst und bei der ein Mann vorläufig festgenommen wurde. "Wir haben in den vergangenen Jahren gemerkt, dass unsere jeweiligen Themen nicht mehr übereinstimmen", ergänzt Anja Zeitz.

Themen, die auf der Agenda der Gewerkschaften stehen und diskutiert werden sollen, haben sich einige angesammelt – und sind durch die Corona-Krise und nicht zuletzt durch den Ukraine-Krieg noch einmal verschärft worden.

Thema Mindestlohn und Rente

Da ist das Thema vom Mindestlohn, der auf zwölf Euro gehen soll – "aber nicht mit den gleichen Ausnahmen wie bisher", macht Andreas Merz die Intention der Arbeitnehmerverbände deutlich. Da ist auch das Rententhema, das in der ganzen Kriegsdiskussion nicht untergehen dürfe, betont Merz. "Wir sehen uns als Hüter und gucken darauf."

Derzeit sei es schwierig jegliche Tarifverhandlungen zu führen, und auch wenn die Mitglieder "anständige Abschlüsse" erwarteten, könne es sein, dass die Voraussetzungen durch die sich fast täglich ändernde Kriegssituation schnell überholt sind.

Auswirkungen des Krieges können jederzeit eintreffen

Dieselbe Erfahrung macht auch Thomas Bleile, Bevollmächtigter der IG-Metall, der von den jüngsten Verhandlungen der hiesigen Metall- und Elektroindustrie berichtet. Die Erwartungshaltung der Arbeitnehmer sei hoch. Während die Auswirkungen der Corona-Krise in den Betrieben spürbar sei – es gab mitunter keine Investitionen in neue Fachkräfte –, merke man die Auswirkungen des Krieges bisher noch nicht. Lieferengpässe bei hiesigen Zuliefererbetrieben könnten aber jederzeit eintreffen. "Daher werden wir Tarifforderungen so spät wie möglich stellen."

Ausrichtung der Bundeswehr

Ein weiterer Punkt, der die Gewerkschaften beschäftigt und auch am 1. Mai nicht zu kurz kommen soll, ist die Position der Bundeswehr in Sachen Ukraine-Krieg. Das Ziel der NATO, dass die Bündnisstaaten jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben, sehe man kritisch. Zunächst müsse die Ausrichtung der Bundeswehr für die Zukunft geklärt werden. "Das Aufrüsten für den Frieden ist der falsche Weg", findet Bleile mit Ausnahme der Waffenlieferung für die Ukraine. "Wir wollen nicht auf Dauer Geld für Waffen ausgeben."

Info: Der 1. Mai des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Schwenningen

Der DGB lädt am Sonntag, 1. Mai, um 11 Uhr zur Wanderung vom Bahnhof Villingen zum Gewerkschaftshaus nach Schwenningen, Arndtstraße 6. Dort findet um 13.30 Uhr im Innenhof ein gemeinsamer Hock mit Kurzstatements, Video-Clips und einem "Netz der Solidarität" statt.