Der 1. FC Heidenheim steht gegen den FC Chelsea vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte. Dass solch ein Conference-League-Spiel überhaupt in der Voith-Arena stattfinden kann, daran hat FCH-Vorstandsmitglied Petra Saretz ihren Anteil.
Vergangenen Samstag feierte Holger Sanwald seine Premiere als Gast im Aktuellen Sportstudio. Der Vorstandsvorsitzende des 1. FC Heidenheim erzählte von seinem Einstieg als Macher des Clubs vor 29 Jahren in der Landesliga vor 150 Zuschauern, vom Streichelzoo, den es damals neben dem Sportplatz noch gab, und andere nette Geschichten von der einzigarten Erfolgsgeschichte des Clubs von der Ostalb. Diese wird nun um ein ganz wesentliches Kapitel erweitert.
Im dreiköpfigen Vorstand
Der FC Chelsea kommt. Dieser internationale Renommier- und Milliardenclub aus London kreuzt an diesem Donnerstag (18.45 Uhr) zu einem Pflichtduell beim Europapokal-Neuling auf. Es ist das bisher größte Spiel der Vereinsgeschichte. Dass diese Partie der Conference League überhaupt in der Voith-Arena über die Bühne gehen kann, daran hat eine Frau einen großen Anteil: Petra Saretz (50), im nur dreiköpfigen FCH-Vorstand für Organisation und Lizenzierung zuständig. „Wir wollten diese internationalen Spiele unbedingt in unserem gewohnten Umfeld ermöglichen. Das war ein großer Kampf, und da muss ich meiner Vorstandskollegin ein Riesenkompliment machen“, sagt Sanwald.
Gewaltige Uefa-Auflagen
Die Auflagen und Regularien des europäischen Fußballverbandes Uefa sind gewaltig. Am Ende sprang für den FCH eine Ausnahmegenehmigung heraus, ähnlich wie sie der Verein von der Deutschen Fußball Liga (DFL) für die Bundesliga erhalten hat. „Ich hatte schlaflose Nächte“, räumt Petra Saretz im Nachhinein offen ein. Als größter Knackpunkt erwies sich die Flutlichtanlage. Diese verfügt nicht über die nötige Lux-Zahl. Petra Saretz entwickelte gedanklich schon einen Plan B und Plan C, falls sie hätten nachrüsten müssen. Angebote wurden bereits eingeholt. Denn der Weg in ein Ausweichstadion nach Stuttgart oder Augsburg war keine Option. „Das hätten wir unseren Fans nicht antun wollen“, meint Petra Saretz.
Im Laufe der Gespräche kam die Uefa den Heidenheimern entgegen. „Aus Gründen der Nachhaltigkeit hätte es keinen Sinn ergeben, die Flutlichtanlage jetzt aufzurüsten“, freut sich Saretz über das Entgegenkommen. Schließlich soll die Arena ohnehin bald ausgebaut werden und das Fassungsvermögen von 15 000 auf bis zu 25 000 Zuschauer erhöht werden. Auch für zwei andere Auflagen konnte eine Regelung gefunden werden. Der Aufwärmbereich neben den Trainerbänken wurde nachgebessert, und der Medical Room in der Nähe der Mixed-Zonen entsprechend ausgestattet. All diese organisatorischen Herausforderungen hat Petra Saretz mit ihrem Team gemeistert.
7,5-Tonner aus London
Jetzt also der FC Chelsea. Bringt dieses Ausnahmespiel auch für sie ganz besondere planerische oder logistische Hürden mit sich? „Nein, für mich ist es ein normales ausverkauftes Spiel mit den besonderen Herausforderungen eines Uefa-Spiels“, sagt Petra Saretz. Das Team des FC Chelsea landet auf dem Flughafen Memmingen, 1700 Tickets gingen an die Fans der Engländer. Doch über eines muss die gebürtige Heidenheimerin dann doch ein bisschen schmunzeln: Die Gegner aus der Bundesliga kommen mit einem Kleinbus, um ihr Equipment in der Gästekabine zu verstauen, der FC Chelsea rückt mit einem 7,5-Tonner-Lkw an.
Das Conference-League-Abenteuer bringt neue, größere Reize mit sich. Dass Petra Saretz dabei eine entscheidende Rolle spielt, hätte auch sie sich nicht träumen lassen. Weil eine Freundin keine Zeit hatte, sprang sie 2004, als der Club noch in der Oberliga spielte, bei der Betreuung der Gäste im damals noch kleinen Vip-Raum ein, servierte Kaffee und belegte Brötchen. „Es drehte sich um 20, 30 Leute, heute sind es bei den Heimspielen bis zu 2000 Business-Gäste, die wir willkommen heißen“, sagt Saretz.
Seit 2010 fest angestellt
2009 bot ihr Holger Sanwald ihren ersten Job im Verein an. 2010 kündigte sie ihre Festanstellung als Fachfrau im Kreditgeschäft bei einer Bank und stieg beim FCH ein, als eine von damals vier Hauptamtlichen. Natürlich hat sie es nie bereut. Vielmehr spricht viel Dankbarkeit aus ihren Worten: „Ich konnte mich als Mensch und Mitarbeiter weiterentwickeln. Der FCH bedeutet mir sehr, sehr viel.“
Funktionen bei DFB und WFV
Von 2018 bis Mitte 2024 stand Petra Saretz an der Spitze der CDU-Fraktion im Heidenheimer Gemeinderat. Das Amt gab sie auf, da sie im Fußball neben dem Hauptjob im Vorstand beim FCH auch noch in anderen Gremien mitwirkt: Seit Herbst 2022 fungiert sie als Vertreterin der Lizenzspielervereine im Präsidium des Süddeutschen Fußball-Verbandes (SFV) sowie im Vorstand des Württembergischen Fußballverbandes (WFV). Seit März dieses Jahres gehört sie beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) der Kommission für Prävention, Sicherheit und Fußballkultur an.
Was sie mit dem FCH noch erreichen will? Petra Saretz denkt da ganz pragmatisch: „Bei allen Visionen, das erste Ziel ist der Bundesliga-Klassenverbleib.“ Gerade nach nur einem Punkt aus den vergangenen sechs Spielen allzu verständlich. Daran ändert auch das größte Spiel der Vereinsgeschichte gegen die Milliardentruppe aus London überhaupt nichts.