Clever: Weil die Freundin des Angeklagten nun seine Verlobte ist und sie sich auf ihr Aussage-Verweigerungsrecht beruft, konnte einem Mann kürzlich vor dem Amtsgericht die Schuld nicht nachgewiesen werden. (Symbolfoto) Foto: Pixabay

Wegen Trunkenheit am Steuer ist jüngst ein Schramberger vor dem Amtsgericht Oberndorf angeklagt gewesen.

Oberndorf/Schramberg - Zur Tatzeit soll der Angeklagte 1,62 Promille Alkohol gehabt haben, als er nachts auf der L 419 zwischen Waldmössingen und Beffendorf mit dem Auto unterwegs war, so der Vorwurf des Staatsanwalts. Das hatte ein Gutachter aus der am nächsten Tag abgegebenen Blutprobe errechnet. Er habe erst nach der Fahrt sechs oder acht Bier getrunken, wird der Angeklagte später dazu sagen.

Doch zunächst erzählte er, was in der fraglichen Nacht aus seiner Sicht passierte: Ein Reh sei auf die Straße gesprungen, vom Auto erfasst worden, der Airbag habe ausgelöst und "der Kühler ist explodiert". Weil das Fahrzeug nicht mehr ansprang, habe er es von der Fahrbahn geschoben und die Glassplitter eingesammelt. Die restliche Nacht verbrachte er in der Wohnung seiner damaligen Freundin. Dort habe er die Biere getrunken. Am nächsten Tag sei er wieder zur Unfallstelle gefahren und habe erst dann wegen der Versicherung die Polizei gerufen.

Der Polizist aus dem Revier Oberndorf, der seinerzeit vor Ort war, war als Zeuge geladen. Er sagte aus, dass der Angeklagte wegen der Versicherungsbescheinigung angerufen habe. Dabei habe der Angeklagte angegeben, im Schock gewesen zu sein – deshalb erst die Meldung am Folgetag. Ein totes Tier habe er nicht aufgefunden, aber entsprechende Spuren im Frontbereich des Fahrzeugs, berichtete der Polizist. Die Richterin fragte den Angeklagten, warum er mit dem Alkoholtest einverstanden war. Der Angeklagte meinte, es wäre bei einem Ablehnen ohnehin zu einer Urinprobe und Blutabnahme gekommen.

Verlobte beruft sich auf Aussageverweigerungsrecht

Die Freundin wurde in den Zeugenstand gerufen. Sie bestätigte der Richterin, was den Ablauf des Verfahrens grundlegend ändern sollte: nämlich dass sie seit Januar mit dem Angeklagten verlobt sei. "Er hat den Antrag gemacht", sagte sie. Über die fragliche Nacht wollte sie keine Angaben machen und berief sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht als Verlobte. Sie war auch nicht damit einverstanden, dass ihre frühere Aussage bei der Polizei vor Gericht verwertet wird. Ob der Alkoholspiegel im Blut vor der Autofahrt oder danach zustande gekommen war, ließ sich damit nicht mehr zweifelsfrei klären.

Nach Beratungspause verkündete die Richterin das Urteil: Freispruch. Die Beweise hätten nicht mir der erforderlichen Gewissheit ausgereicht, den Tatvorwurf zu bestätigen. Hätte die Aussage seiner Verlobten, beziehungsweise das Aussageprotokoll der Polizei, zu einem anderen Ergebnis geführt? Diese Frage stand unausgesprochen im Raum. Der Freigesprochene erhielt jedenfalls seinen Führerschein noch im Gerichtssaal zurück – gegen Empfangsbestätigung.