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Das Derby in der Dritten Fußball-Liga gegen den Karlsruher SC war für die Stuttgarter Kickers ein Satz mit x. Überhaupt nix. Die Blauen hatten gegen die Badener zu keiner Zeit eine Siegchance – mit der 0:2 (0:1)-Niederlage waren sie sogar noch gut bedient.  

Stuttgart - Dirk Schusters Gesichtszüge sahen aus, als seien sie in Stein gemeißelt. Mit unbewegter Miene verfolgte der Kickers-Trainer die letzten Minute im Baden-gegen-Württemberg-Derby. Warum hätte sich der Coach auch aufregen sollen – die Partie des starken KSC gegen die schwachen Kickers war längst entscheiden. So defensiv überfordert und offensiv harmlos wie sich die Blauen im Gazistadion präsentierten, so konfus hatte Schuster sein Team in dieser Saison noch nicht gesehen.

20 Minuten nach Spielschluss hatte der Kickers-Coach eine schlüssige Erklärung für seine emotionale Aufgeräumtheit am Spielfeldrand. „Diese Niederlage sehe ich nicht für dramatisch an“, sagte der 44-Jährige, „der KSC hat andere Ziele als wir – die wollen auf-, wir nicht abstiegen.“ Auch die Profis mit dem blauen K auf dem Trikot wussten, dass sie das Video dieses Spiels keiner E-Mail-Bewerbung bei anderen Clubs anhängen würden. „Wir waren viel zu ängstlich“, raunzte der Ex-Karlsruher Thorben Stadler, „wir haben uns in der Abwehr dumm verhalten und zu keiner zeit das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben.“ Und auch Enzo Marchese sah schon glücklicher nach Fußball-Spielen aus. „Wir haben nichts von dem umgesetzt, was uns der Trainer auf den Weg gegeben hat“, stöhnte der Kapitän, wir haben den KSC spielen lassen, und deshalb wurde es brandgefährlich.“

„Ich hatte irgendwie das Gefühl, unsere Spieler waren wie gelähmt"

Die Kickers standen völlig neben sich. Einem Fußball-Fachmann, der ohne Vereinsbrille im Stadion war, dürfte schon nach 15 Minuten klar geworden sein, wer den Platz als Sieger verlassen würde. Die Karlsruher. Nach drei Minuten hämmerte Hakan Calhanoglu den Ball vom Strafraumeck an die Kickers-Latte, nach 14 Minuten schoss er von acht Metern unbedrängt am Tor vorbei. Nach 26 Minuten drosch Selcuk Alibaz einen von Torhüter Daniel Wagner verschuldeten Foulelfmeter in Degerlochs Nachthimmel. Dass das 0:1 durch Philipp Klingmann erst nach 35 Minuten fiel, war fast schon ein kleines Wunder. Und die Blauen? Die größte Chance hatte Stadler, der einen Freistoß aus 25 Metern knapp am Tordreieck vorbeizirkelte. Es blieb bis zum Schlusspfiff die einzig nennenswerte Tormöglichkeit der Kickers. „Wir haben nicht dagegengehalten“, monierte Präsidiumsmitglied Guido Buchwald, „ich hatte irgendwie das Gefühl, unsere Spieler waren wie gelähmt, weil es gegen den KSC eine besondere Partie war.“

Nicht nur in der Defensivbewegung hatten die Stuttgarter all die Tugenden vergessen, die sie in dieser Drittliga-Saison bislang auszeichneten, auch im Spiel nach vorn fielen sie in dunkelste Regionalliga-Zeiten zurück. Kaum einen durchdachten, zielstrebigen Angriff brachten die Männer um Marchese zustande, stattdessen wurde der Ball immer wieder weit und hoch nach vorn geschlagen, wo Alleinunterhalter Marco Grüttner wenig bis nichts ausrichten konnte. „Wir waren nicht aggressiv in den Zweikämpfen, da geht gegen die beste Abwehr der Liga nichts“, bilanzierte Schuster.

Abhaken, nach vorn schauen. An diesem Samstag (14 Uhr) kommt Unterhaching ins Gazistadion, nach den Niederlagen gegen Burghausen und den KSC wären drei Punkte im Kampf gegen den Abstieg nicht schlecht. „Nach diesem Spiel“, mahnte der Coach, „hat wohl auch der Letzte verstanden: Es geht für uns nur um den Klassenverbleib – sonst um nichts.“ Die beiden besten Botschaft des Abends für ihn und alle Kickers-Fans lauteten: Es hat sich keiner verletzt; und: es kann nur noch besser werden.

 Zu dieser Partie war die Polizei mit einem Großaufgebot rund ums GaZi-Stadion in Degerloch vertreten, nach ersten Informationen blieben die beiden Fan-Lager aber ruhig. Es gab keine Ausschreitungen.

So spielten sie:
Kickers: Wagner - Evers, Auracher, Leist, Stadler - Braun (46. Wentsch), Ivanusa - Dicklhuber (42. Leutenecker), Marchese, Savranlioglu (66. Rühle) - Grüttner

KSC: Orlishausen - Klingmann, Gordon, Mauersberger, Kempe (78. Schiek- Peitz (84. Haas), Varnhagen - Alibaz, Calhanoglu - Hennings, van der Biezen (90. Kern)