Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, Grüne und Linke sind für Abschaffung des MAD

Von Michael Fischer Berlin. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat einen neuen Chef, und kaum jemand hat es bemerkt. Ulrich Birkenheier ist seit dem 1. Juli Präsident des mit rund 1200 Mitarbeitern kleinsten der drei deutschen Geheimdienste auf Bundesebene. Sein Vorgänger Karl-Heinz Brüsselbach schied aus Altersgründen aus. Birkenheier war Vertreter der Bundesregierung im Kundus-Ausschuss. Der hatte das von einem Bundeswehroberst befohlene Bombardement zweier Tanklaster in Afghanistan zu untersuchen, bei dem im September 2009 mindestens 91 Menschen getötet wurden. Ausschuss-Mitglieder werfen Birkenheier bis heute vor, die Offenlegung von Akten gebremst zu haben.

Jetzt soll er dazu beitragen, die Ermittlungspannen im Zusammenhang mit den Neonazi-Morden aufzuklären. Welche Rolle der MAD dabei gespielt hat, ist noch unklar. Die Hauptaufgaben des MAD im Inland bestehen in der Spionageabwehr und in der Überprüfung der Soldaten auf extremistische Einstellungen und Aktivitäten.

Der MAD habe bisher "deutlich zu wenig Akten" herausgerückt, beklagt der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss des Bundestages, Hartfrid Wolff. "Wir erwarten vom Verteidigungsministerium, dass es schnell liefert." Fest steht bisher nur, dass der MAD an der "Operation Rennsteig" beteiligt war, bei der zwischen 1997 und 2003 V-Leute in der Thüringer Neonazi-Szene angeworben wurden. In Thüringen hat die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ihre Wurzeln.

Wie auch immer die parlamentarischen Untersuchungen ausgehen werden – an einer Reformdebatte wie beim Verfassungsschutz wird auch der MAD kaum vorbeikommen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sieht zwar keinen Grund für einen weitreichenden Umbau des Dienstes. Er und die Union stehen mit dieser Haltung inzwischen aber ziemlich alleine da. Prominenteste Befürworterin einer Abschaffung des MAD ist de Maizières Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Wenn Verfassungsschutzämter der Länder zusammengelegt und der MAD abgeschafft wird, ist ein guter Anfang gemacht", sagt sie forsch und brüskiert damit sowohl de Maizière als auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Die Justizministerin hat neben ihrer eigenen FDP-Fraktion auch die Linke und die Grünen auf ihrer Seite. Die Grünen forderten bereits im September 2011 mit einem Antrag im Bundestag die Abschaffung des MAD.

Inzwischen scheint sich auch bei den Sozialdemokraten die Erkenntnis durchzusetzen, dass beim MAD nicht alles so bleiben kann, wie es ist. "Wenn man ohnehin über eine Neujustierung der Geheimdienste nachdenkt, dann darf man das nicht tun, ohne den MAD einzubeziehen", sagt SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.

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