Auch die Landeshauptstadt Stuttgart wird Bürger dazugewinnen. Foto: Leserfotograf mir

Baden-Württemberg wirbt aktiv um neue Bürger. Das lohnt sich: Bis 2020 werden im Südwesten vermutlich 2,7 Prozent mehr Menschen leben als derzeit. Doch dieser Zuwachs wird sich auf Dauer nicht halten.

Baden-Württemberg wirbt aktiv um neue Bürger. Das lohnt sich: Bis 2020 werden im Südwesten vermutlich 2,7 Prozent mehr Menschen leben als derzeit. Doch dieser Zuwachs wird sich auf Dauer nicht halten.

Stuttgart - Die großen Städte im Südwesten profitieren am stärksten von der Zuwanderung aus dem Ausland. Ihre Bevölkerung wächst bis 2020 am stärksten, wobei Freiburg mit einem Plus von 7,2 Prozent an der Spitze liegt. Unter den Landkreisen haben Tübingen und Konstanz mit jeweils einem Plus von 3,6 Prozent bis 2020 die Nase vorn. Dagegen fällt das Wachstum in den ländlichen Regionen schwächer aus und versiegt in den Jahren nach 2020, teilte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Carmina Brenner, am Freitag in Stuttgart mit.

Bis 2030 könne nicht einmal jeder vierte Kreis mit Zuwachs oder stabilen Zahlen rechnen. Die Landkreise Heidenheim und Zollernalb haben bis 2030 durchgängig mit rückläufigen Einwohnerzahlen zu kämpfen. Dagegen werden alle Stadtkreise außer Baden-Baden bis 2030 mehr Menschen anziehen, aber mit abnehmender Dynamik.

Der Zuwachs in Baden-Württemberg bis 2020 von insgesamt 2,7 Prozent auf 10,85 Millionen Menschen ist nicht der größeren Gebärfreudigkeit der baden-Württembergerinnen zu verdanken, deren Geburtenrate nach wie vor bei 1,4 Kindern liegt. „Die Ehe mit Kindern ist ein Lebensmodell unter mehreren geworden“, sagte Brenner mit Blick auf steigende Zahlen von Singles und Einkind-Familien. Nach den Worten von Brenner müsste die Rate wie in Frankreich bei 2,1 Kindern pro Frau liegen, um die Bevölkerung stabil zu halten. „Auch die Zuwanderungsquellen in Deutschland sind nahezu völlig versiegt“, erläuterte Brenner.

Baden-Württemberg mit derzeit 10,57 Einwohnern wird nach weiteren Prognosen des Amtes erst 2060 die Zehn-Millionen-Marke unterschreiten.

Land streicht weniger Lehrerstellen

Aus den Berechnungen der Statistiker ergibt sich auch ein geringerer Rückgang der Schülerzahlen als noch 2010 prognostiziert. Bislang wurde ein Rückgang von 24 400 Schülern an den öffentlichen Schulen bis 2020 erwartet, nach jüngsten Erhebungen sind es aber nur 14 500 weniger. Das Land streicht deshalb im kommenden Schuljahr nur 363 statt 1200 Stellen.

In 16 Jahren wird das Durchschnittsalter der Baden-Württemberger nach weiteren Berechnungen von derzeit 43 auf 45,7 Jahre steigen. Brenner erklärte dies mit der zunehmenden Lebenserwartung und dem Vorrücken starker Geburtsjahrgänge in höhere Altersgruppen. 2030 werde die Zahl der Hochbetagten über 85 Jahren von derzeit 253 000 um 63 Prozent steigen; hinzu komme der Rückgang der jüngeren Bevölkerung. Im Jahr 2030 sind die Menschen in den Kreisen Neckar-Odenwald und Main-Tauber mit durchschnittlich 47,4 beziehungsweise 47,3 Jahre am ältesten.

Ein Kuriosum der Prognose ist die Entwicklung in Baden-Baden, dem mit einem Durchschnittsalter seiner Einwohner von 47,6 Jahren derzeit „ältesten“ Kreis im Südwesten. Die Stadt wird im Unterschied zu allen anderen Kreisen möglicherweise sogar „jünger“. Dort werde der Anteil der Hochbetagten nur geringfügig steigen und die Zahl von Menschen im „Familienalter“ zunehmen, erklärte Brenner. Im Jahr 2030 werden die Stadtkreise die jüngsten Bevölkerungen aufweisen: Die Universitätsstadt Freiburg gibt dann mit 41,6 Jahren im Schnitt den „Benjamin“, gefolgt von Heidelberg und Stuttgart mit je 42,2 Jahren.

Die bis auf Gemeindeebene heruntergebrochenen Berechnungen der Statistiker dienen den Kommunen als Basis für ihre Planungen, etwa für Krankenhäuser, Pflegeheime, Gewerbegebiete, Schulen und Kindergärten.