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Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungsverfahren gegen Haigerlocher Bürgermeister ein. Mit Kommentar

Haigerloch - Anfangsverdacht bestätigt: Wegen mutmaßlicher Untreue zulasten der Stadt Haigerloch in mehreren Fällen hat die Staatsanwaltschaft Hechingen in der sogenannten Prozess-Affäre ein formelles Ermittlungsverfahren gegen Bürgermeister Heinrich Götz eingeleitet.

Knapp einen Monat, nachdem sie Vorermittlungen aufgenommen und ihre Fühler nach Götz ausgestreckt hat, nimmt die Hechinger Behörde den Haigerlocher Bürgermeister damit offiziell ins Visier. Die Ermittler haben mit der Arbeit begonnen. In der Sache seien bereits erste Zeugen kontaktiert worden, sagte Staatsanwalt Beiter, der den Fall bearbeitet, am Mittwoch unserer Zeitung. Mehrere Anzeigen seien gestellt worden.

Götz hatte, wie berichtet, im Namen der Stadt Haigerloch in diesem Jahr in drei Fällen Rechtsstreitigkeiten gegen die lokale Presse geführt. Ausdrücklich, so hat es der Haigerlocher Gemeinderat "missbilligt", seien durch die Klagen keine öffentlichen Interessen der Stadt berührt gewesen, "sondern lediglich das Privatinteresse der Darstellung seiner Person".

Mit den Klagen, die von den Landgerichten Hechingen, Rottweil und Ulm allesamt abgewiesen worden waren, hatte Götz die von der Hauptsatzung der Stadt gesetzten Grenzen überschritten, wie er selbst im Haigerlocher Gemeinderat zugab: Er habe, so erklärte es Götz, die Zuständigkeitsgrenze schlicht "übersehen".

Der Streitwert in den drei Fällen war mit jeweils 10 000 Euro angesetzt. Die Hauptsatzung der Stadt Haigerloch erlaubt dem Bürgermeister die Führung von Rechtsstreitigkeiten ohne Zustimmung des Gemeinderats jedoch nur bis zu einem Streitwert von 5000 Euro. Für dieses Handeln hatte sich Götz gegenüber dem Gemeinderat entschuldigt. Die Kosten für die Anwälte und die Gerichte hat er mittlerweile aus eigener Tasche beglichen.

Vom Tisch ist die Angelegenheit damit aber nicht, wie allein die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens zeigt. Götz könnte sich gleichwohl untreu verhalten haben: Schließlich ist die Stadtkasse zunächst mit diesen Kosten belastet worden; ganz zu schweigen davon, dass Götz gegen die Hauptsatzung der Stadt verstoßen hat. Weil Götz als Bürgermeister gehandelt hat und somit seine Befugnisse und Stellung als Amtsträger missbraucht haben könnte, gehen die Ermittler automatisch von einem schweren Fall der Untreue aus.

Möglicherweise, so Staatsanwalt Beiter, nehme man auch ältere Fälle unter die Lupe, in denen Heinrich Götz im Namen der Stadt Haigerloch Prozesse geführt hat. Zwei weitere Male soll er in den Jahren 2010 und 2013 gegen die Hauptsatzung verstoßen haben. Man werde, so Beiter, die Gerichtsakten der drei jüngsten Fälle sowie gegebenenfalls auch diejenigen der älteren "genau prüfen", ebenso die Hauptsatzung der Stadt Haigerloch.

Diese hat der Haigerlocher Gemeinderat am Dienstagabend geändert. Fünf Paragrafen wurden modifiziert mit dem Ziel, den Spielraum von Götz einzuschränken und dessen Alleingänge zu verhindern. Beispielsweise soll der Haigerlocher Bürgermeister künftig Rechtsstreitigkeiten nur noch bis zu einem Streitwert von 500 Euro ohne Zustimmung des Gemeinderats führen dürfen.

Fraglich ist indes, ob der Beschluss zur Änderung der Hauptsatzung rechtswirksam zustande kam: Götz bezweifelt das, weil die entsprechenden Sitzungsunterlagen angeblich nicht rechtzeitig vorlagen. Das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde wird die Angelegenheit prüfen.

Ebenfalls sind beim Landratsamt drei Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Götz anhängig. Diese ruhen bis zum Abschluss der Ermittlungen.

Kommentar: Munter weiter

Von Steffen Maier

Joachim Krüger, Bisingen. Michael Maier, Winterlingen. Karl-Josef Sprenger, Schömberg. Mit den Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen Heinrich Götz geht die Serie der Bürgermeister-Affären im Zollernalbkreis munter weiter. In Haigerloch sogar in zweiter Generation: Götz’ Amtsvorgänger Roland Trojan wurde wegen Untreue, Betrugs und Vorteilsnahme verurteilt. In Nachbarkreisen wird schon über die seltsame Häufung an auffälligen Bürgermeistern im Zollernalbkreis gespottet. Dabei zeigen die jüngsten Fälle, dass Gesetzesverstöße nicht automatisch dazu führen, dass die Rathauschefs ihre Sessel räumen müssen. Gegen Heinrich Götz wird derzeit nur ermittelt. Allerdings ist er mit der ungelenken Art, mit der er bislang agierte, auf dem besten Weg, sich selbst aus dem Amt zu kegeln.