Wohin mit dem Kind, wenn es kränkelt? Der Start der Sprechstunde in Albstadt hat sich erst mal verschoben. Die Ärzte sind verunsichert. Foto: Maier

Streit um Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung führt zu Stillstand. Beteiligte Ärzte fühlen sich hintergangen.

Zollernalbkreis - "Kinder erfrischen das Leben und erfreuen das Herz", heißt es auf einem Wand-Tattoo im künftigen Wartebereich der Praxisräume im Emma-Beck-Haus. Jetzt hat sich der Start der Kinderärztlichen Notfallsprechstunde (KNS) vorerst auf einen ungewissen Zeitpunkt verschoben.

Die Wände sind neu gestrichen, die Böden sind drinnen, die Möbel auch, und das medizinische Material und die Medikamente sind bestellt. Eigentlich sollte dem Start der kinderärztlichen Notfallsprechstunde in Albstadt Anfang April nichts mehr im Weg stehen – wenn es denn keine Kassenärztliche Vereinigung (KV) gäbe.

Diese fordert jetzt von den Ärzten, die sich an der "Eigenlösung" für den Zollernalbkreis beteiligen, einen Vertrag zu unterzeichnen. Mit der Unterschrift könnte aber der Widerspruch der Mediziner gegen die Neuregelung des Notfalldiensts aufgehoben werden, sagen die Kinderärzte. Noch einen Haken hat die Sache: Die beteiligten Ärzte sollen zusätzlich Dienste in den Portalpraxen der Kliniken Reutlingen und Tübingen zu schieben. Das sei von Anfang an klar gewesen, so die KV.

Denn, so die Begründung: Die Notfallsprechstunden in Albstadt gebe es ja nur an Sonntagen, und samstags müssten die Eltern ohnehin nach Tübingen oder Reutlingen fahren. Und die dortigen Arztkollegen seien durch die kleinen Patienten von der Zollernalb überlastet.

Dem widersprechen die Mediziner entschieden: Zu keinem Zeitpunkt sei davon die Rede gewesen. Im Gegenteil: Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Johannes Fechner, habe bei der Bürgerinformationsveranstaltung das Engagement der Kinderärzte und die Einrichtung der Notfallsprechstunde begrüßt.

Aber mit dem "schwammigen" Vertrag, den die KV den Ärzten zugeschickt hat und der es überhaupt erst möglich macht, eine Betriebsstättennummer zu bekommen und die Notfallsprechstunde "legal" anzubieten, sind die an der Kindernotfallsprechstunde beteiligten Mediziner nicht einverstanden sie fühlen sich regelrecht hintergangen. Neben der Verpflichtung, in den Portalpraxen zusätzlich Dienste zu schieben, werden darin neben persönlichen Daten und Bankverbindung des Arztes auch die Approbationsurkunde, ein neues polizeiliches Führungszeugnis, Nachweise über die Beteiligung an Fortbildungsmaßnahmen und die Facharzturkunde für Notfall- und Bereitschaftsdienst verlangt. "Lauter Nachweise, die der KV schon lange vorliegen", meint ein Arzt. Der Vertrag werde nun rechtlich geprüft – bis dahin liegt der Start der Kindernotfallsprechstunde auf Eis.

Die KNS setze voraus, dass man von den Diensten in den Portalpraxen entbunden werde, heißt es von Seiten der beteiligten Mediziner: "Entweder Portalpraxis oder Notfallsprechstunde, aber nicht beides." Das sei von Anfang an klar gewesen, das sei nicht nur den Ärzten, sondern auch dem Ersten Landesbeamten Matthias Frankenberg und Landrat Günther-Martin Pauli so signalisiert worden: "Es war so ausgemacht." Eigentlich sollte die KV den Interessen der Patienten und Ärzten entgegenkommen, so die Mediziner.

Einen Vertrag könne man nur unterschreiben, wenn man sich auf den Vertragspartner verlassen könne. "Jeder muss jetzt neu überdenken, ob er noch mitmacht. Das ganze Hickhack führt am Ende nur dazu, dass man keine Lust mehr hat."

Ob es eine "Retourkutsche" von Seiten der KV sei?, überlegen die Mediziner. Denn dort habe man wohl geglaubt, die "Zollernalb-Lösung" sei ein "totgeborenes Kind" und niemand werde mitmachen. Das Gegenteil sei der Fall gewesen, und jetzt sei möglicherweise jemand beleidigt.

"Nicht gegen einen oder zwei Zusatzdienste verwehren sich die Ärzte, sondern gegen das Prinzip", erklärt Michaela Czempiel, Sprecherin der Elterninitiative für einen kinderärztlichen Notdienst im Zollernalbkreis. "Die Leidtragenden sind die Eltern mit ihren Kindern." Jetzt sei wieder die Politik gefragt.

Für die Kreisräte und für Landrat Günther-Martin Pauli steht derweil fest, dass die Notfallsprechstunde in Albstadt kommt: "Die Katz ist den Baum nuff", sagte Pauli unserer Zeitung.

Wann es mit dem Start klappt? Das ist derzeit unklar. Die Elterninitiative ist weiter optimistisch: Sie sucht für Sonntag, 16. April, noch eine medizinische Fachangestellte, die den Dienst in den Räumen des Emma-Beck-Hauses mit einer Ärztin übernimmt.