Wirbt für die Rettung der Hebammen: Die Albstädterin Sandra Jurkovic will am Dienstag in der Balinger Innenstadt auf die dramatische Situation aufmerksam machen. Foto: Weiger

Geburtshelferinnen blicken in ungewisse Zukunft. Am "Tag der Hebammen" ist eine Aktion in der Balinger Innenstadt geplant.

Zollernalbkreis - Sandra Jurkovics Botschaft sagt es kurz und knapp: "Rettet unsere Hebammen!" Am Dienstag, 5. Mai, macht sie in der Balinger Innenstadt darauf aufmerksam, dass Geburtshelferinnen das berufliche Aus droht.

Was gibt es Schöneres, als zum ersten Mal sein Baby im Arm zu halten? Begleitet wird dieser bedeutsame Moment im Leben einer Familie immer von einer ganz besonderen Frau: der Hebamme. Sie ist es, die dem neuen Erdenbürger behutsam auf die Welt hilft.

Doch die Geburtshelferinnen kümmern sich nicht nur im Kreißsaal um die Mamas und den Nachwuchs. Bereits während der Schwangerschaft helfen sie den werdenden Müttern bei allen Problemen, sei es bei der klassischen Morgenübelkeit oder bei Rückenschmerzen. Nach der Geburt kümmern sie sich rührend um Mama und Kind.

Jetzt steht der Berufsstand der Hebammen vor dem Aus. "Es ist fünf vor zwölf", malt Sandra Jurkovic ein düsteres Bild. Warum? Freiberufliche Hebammen sind nur noch bis Juli 2016 versichert. Danach, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung, dürfen sie formaljuristisch nicht mehr arbeiten. Auch Sandra Jurkovic droht dies – und jener traurige Umstand kommt einem Berufsverbot nahe.

Zu allem Überfluss sind die Prämien für die Haftpflichtversicherungen mittlerweile eklatant hoch, vor allem für jene Hebammen, die echte Geburtshilfe im Kreißsaal anbieten. Sandra Jurkovic blickt also, wie all ihre Kolleginnen im Landkreis, mit Angst in ihre berufliche Zukunft: "Ich kann und will mich nicht damit abfinden, dass ich im nächsten Jahr vielleicht Hartz IV beantragen muss. Ich liebe meine Arbeit und kann mir keine schönere vorstellen."

Die 43-jährige Albstädterin hat in den vergangenen zwei Monaten alles Erdenkliche getan, um öffentlich zu machen, wie dringlich die Lage für ihren Berufsstand ist. Zum Beispiel hat sie in Fußgängerzonen oder gynäkologischen Praxen 8000 Unterschriften gesammelt: "Vielen ist gar nicht bewusst, wie ernst es um uns steht – obwohl das Hebammensterben in allen Medien thematisiert wird."

Das dicke Päckchen mit den vielen Unterschriften hat seine Reise bereits angetreten – und zwar nach Berlin in den Bundestag. Den persönlichen Kontakt zur Politik hat Sandra Jurkovic ebenfalls gesucht – allerdings nur mit sehr mäßigem Erfolg, wie sie schulterzuckend berichtet. Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß habe versprochen, sich zu melden, erzählt die Albstädterin. Das sei aber leider nicht geschehen. Genausowenig hat die rührige Hebamme von Annette Widmann-Mauz gehört, der Abgeordneten für den Wahlkreis Tübingen-Hechingen, die zudem seit 2009 als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit fungiert.

Der designierte Albstädter Oberbürgermeister Klaus Konzelmann habe Gesprächsbereitschaft signalisiert. Und eine Mail kam dieser Tage vom Stuttgarter Sozialministerium. Das macht der Hebamme etwas Hoffnung – zumal es ihr nicht nur um ihren Berufsstand geht, sondern auch um die Frage, wie schwangere Frauen in Deutschland künftig betreut werden oder wo sie entbinden: "Die Zeitprobleme in den Kliniken werden immer größer werden. Wohin sollen all die Frauen gehen?"

Am morgigen Dienstag, 5. Mai, dem "Tag der Hebammen", will die Albstädterin in Balingen auf ihr Anliegen aufmerksam machen – mit drastischer Sinnbildlichkeit um fünf vor Zwölf, also um 11.55 Uhr.