Edda Schmidt und Axel Heinzmann bleiben straffrei, obwohl sie ein umstrittenes Flugblatt über den Hitler-Attentäter Georg Elser in Umlauf gebracht haben. Foto: dpa

Verfahren gegen NPD-Aktivisten eingestellt. Umstrittenes Flugblatt über Hitler-Attentäter Georg Elser in Umlauf gebracht.

Zollernalbkreis - Edda Schmidt und Axel Heinzmann haben das Balinger Amtsgericht gestern mit Genugtuung verlassen: Wegen eines umstrittenen Flugblatts über Georg Elser, das die beiden im Mai vor dem Landratsamt verteilt haben, wurden sie juristisch nicht belangt. Richterin Gekeler stellte das Verfahren unter Auflagen ein.

Der Bisingerin Edda Schmidt, unter anderem Vorsitzende des Rings Nationaler Frauen Baden-Württemberg, der Frauenorganisation der NPD, und dem in Wannweil lebenden Axel Heinzmann, der mehrfach als Kandidat der NPD bei Wahlen angetreten ist, warf die Staatsanwaltschaft Hechingen vor, das Andenken an den hingerichteten Hitler-Attentäter Georg Elser verunglimpft zu haben. Auf dem Flugblatt stand die Frage, ob Elser "Held oder Mörder" sei: Schließlich habe er durch sein Bombenattentat am 8. November 1938 im Bürgerbräukeller in München, das Adolf Hitler töten sollte, unbeteiligte Menschen getötet und andere zum Teil schwer verletzt.

In der breiten öffentlichen Wahrnehmung wird Elser als Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime gewürdigt. Schmidt und Heinzmann kommen in dem Flugblatt, das sie anlässlich der Eröffnung der Ausstellung über Georg Elser unter dem Titel "Ich habe den Krieg verhindern wollen" im Mai vor dem Landratsamt verteilten, allerdings zu einem anderen Schluss: Ein Mörder wie Elser könne kein Vorbild sein.

Die Staatsanwaltschaft, vertreten gestern durch Oberstaatsanwalt Pfohl, wollte das als Tatbestand der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener geahndet wissen. Bevor das Verfahren im Saal 0.07 des Balinger Amtsgerichts so richtig in Gang kam, lieferten sich Pfohl und die beiden Verteidiger Hammer und Heinig erst einmal kleinere Scharmützel. Grund war, dass Edda Schmidt wegen des Flugblatts, das mit ihrem Namen im Impressum und mit ganz ähnlichem Inhalt im Jahr 2008 vor dem Theater Lindenhof in Melchingen vor der Premiere des Stücks "Allein gegen Hitler" verteilt worden war, schon einmal angeklagt war, und zwar wegen Beihilfe zur Verunglimpfung des Staates, weil sie fragte, wie "verkommen" das System der Bundesrepublik mittlerweile sei, wenn ein Mörder wie Elser als Vorbild dargestellt werde, und ob nun auch bald RAF-Terroristen verehrt würden.

Das Hechinger Amtsgericht verurteilte sie im September 2008, das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte den Schuldspruch – allerdings hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil mit Verweis auf die Meinungsfreiheit auf. Im März 2012 sprach das Amtsgericht Hechingen Schmidt so – gezwungenermaßen – von dem Vorwurf frei.

In Anlehnung an diesen Freispruch forderte Schmidt-Anwalt Heinig die Einstellung des Verfahrens. Schon die Zulassung der Anklage sei "absurd". Schließlich könne es nicht sein, dass man Elser nicht als Mörder bezeichnen dürfe, obwohl er genau das im juristischen Sinne gewesen sei. Ob er "Held oder Mörder" war, sei eine Meinungsäußerung, die jeder für sich treffen müsse. Heinzmanns Anwalt Hammer ergänzte, dass Elser schon mehrfach, seines Wissens ohne juristische Konsequenzen, als "Mörder" bezeichnet worden sei – unter anderem in einem Zeitungsinterview mit Klaus Maria Brandauer, der Elser in einem Spielfilm von 1989 darstellte, und auch auf der Homepage des Georg-Elser-Arbeitskreises Heidenheim.

Den Vorschlag von Staatsanwalt Pfohl, das Verfahren unter Auflagen einzustellen, lehnten die Anwälte deshalb erst einmal ab – weil das bedeute, dass ihre Mandanten ein gewisses Maß an Schuld eingestehen würden. Nach kurzer Beratung aber kam es dann genau dazu: Schmidt und Heinzmann sagten zu, das Flugblatt künftig nicht mehr zu verbreiten, und verzichteten auf die Herausgabe der 108 Exemplare, die im Mai vor dem Landratsamt beschlagnahmt worden waren. Zumindest das war dann auch für Staatsanwalt Pfohl eine gewisse Genugtuung. Sämtliche Kosten des Verfahrens, auch die für die Anwälte von Schmidt und Heinzmann, trägt die Staatskasse