Ein Flüchtling arbeitet in einer Lernwerkstatt an einem Werkstück. Erste Voraussetzung für eine Ausbildung oder Beschäftigung sind Kenntnisse der deutschen Sprache. Foto: Hoppe

Handwerkskammer gibt Leitfaden heraus. Industrie- und Handelskammer gründet "Task Force Flüchtlinge".

Zollernalbkreis - Der Flüchtlingsansturm reißt nicht ab. Aber die Forderung der Politik, die Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, möglichst schnell in eine Berufsausbildung oder in Arbeit zu bringen, erweist sich als eine große Aufgabe, die Umsetzung als schwierig. Darauf weist Handwerkskammer und IHK hin.

Das Problem: Kein Arbeitgeber sei bereit, einen Ausbildungs- oder Anstellungsvertrag zu unterschreiben, wenn der neue Auszubildende oder Mitarbeiter in wenigen Wochen abgeschoben werden könnte. Die Industrie- und Handelskammer Reutlingen (IHK) hat daher eine "Task-Force Flüchtlinge" eingerichtet, die Handwerkskammer (HK) will die Berufsausbildung von Flüchtlingen vorantreiben und beruft sich auf die "Fragen und Antworten zum Aufenthaltsstatus und zum Zugang zur Berufsausbildung".

Diese sind vom Bundesministerium des Inneren mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks ausgearbeitet worden. Darin ist unter anderem festgehalten, dass jede Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsgestattung oder Duldung eine Nebenbestimmung enthalten müsse, die erkennen lässt, ob Erwerbstätigkeit gestattet ist. Der Vermerk "Erwerbstätigkeit gestattet" mache eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit möglich; eine Zustimmung der Ausländerbehörde sei dann nicht mehr nötig.

Anders sei das bei dem Vermerk: "Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet". Wenn eine Abschiebung unmittelbar bevorstehe, gebe es den Vermerk: "Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

Solange das Asylverfahren nicht abgeschlossen sei, werde eine Aufenthaltsgestattung verlängert; selbst wenn während der Ausbildung das Asylverfahren ende, könnten die Ausländerbehörden jungen Ausländern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs den Aufenthalt bis zur Vollendung der Ausbildung gestatten. Werde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, stehe einer Ausbildung oder einem Berufseinstieg nichts mehr im Weg.

Die "Task-Force Flüchtlinge" der IHK bündelt die Kompetenzen und Informationen für die heimischen Unternehmen. Laut IHK-Präsident Christian O. Erbe sollen damit Projekte angeschoben werden, um Flüchtlingen den Übergang in den Beruf oder in eine Ausbildung zu erleichtern. Dazu soll auch das Einwerben von Praktikums- und Ausbildungsplätzen gehören.

Daneben sollen Unternehmen befragt werden, ob sie leerstehende Gebäude und Wohnungen für eine Unterbringung zur Verfügung stellen können. Die IHK will dabei eng mit den Partnern aus Kommunen, Landratsämtern und Arbeitsagenturen zusammenarbeiten.

"Wir bitten die Firmen, uns schon bestehende Aktivitäten zu melden, damit wir besser vernetzen und helfen können", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp. Der tatsächliche Bedarf an Ausbildungs- und Praktikumsstellen sei derzeit kaum abschätzbar. Für viele Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive haben – die Mehrzahl ist Anfang 20 – sei der Berufseinstieg über eine duale Ausbildung aber sicher der richtige Weg.

"Natürlich müssen diese jungen Menschen schnell Deutsch lernen", nennt Epp die Grundvoraussetzung für eine Ausbildung oder einen Berufseinstieg. Zugleich gelte es, die Qualifikation festzustellen und zu prüfen, wie die jeweilige Person auf einen Beruf vorbereitet werden kann.

Bei der Handwerkskammer ist das etwas einfacher: Die jeweilige Kammer kann die Qualifikation eines Asylbewerbers prüfen, wobei ausländische Qualifikationen den Anforderungen hierzulande oft nicht entsprechen.

Die IHK bietet in dem Zusammenhang an, in den Flüchtlingsklassen Berufsbilder vorzustellen und so bei der Berufsorientierung zu helfen. Unternehmen können sich bei der IHK unter anderem über finanzielle Unterstützung während der Ausbildung, Beschäftigung von Flüchtlingen oder juristische Fragen informieren. Dort soll es außerdem ein Treffen von Firmen geben, die sich über ihre Erfahrungen mit der Beschäftigung und Betreuung von Flüchtlingen austauschen wollen. Das regionale Haus der kleinen Forscher wird außerdem in der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten Forschernachmittage für Kinder organisieren.

Wichtig ist aus Sicht der Kammern, die Antragszeiten zu verkürzen und die Vorrangprüfung zu lockern. Sie sieht derzeit vor, dass Asylbewerber nur dann erwerbstätig werden dürfen, wenn sie keinen heimischen Bewerber verdrängen. Diese Regelungen seien zu anderen Zeiten entstanden und müssten jetzt "mit Augenmaß und Pragmatismus angepasst werden", fordert Epp. Man dürfe nicht die Fehler der 1960er-Jahre wiederholen als man es noch nicht geschafft habe, die damaligen Gastarbeiter in die Gesellschaft zu integrieren.