Handwerkskammer-Präsident Harald Herrmann (links) und Hauptgeschäftsführer Joachim Eisert im Gespräch vor der Wintervollversammlung: Gemeinsam soll versucht werden, vermehrt Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Flüchtlinge anzubieten. Foto: Kammer

Präsident der Handwerkskammer davon überzeugt, dass das Land die Integration der Flüchtlinge meistert. Kurse angeboten.

Zollernalbkreis/Reutlingen - Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, ist davon überzeugt, dass das Land die Integration der Flüchtlinge meistert.

Die Integration der Flüchtlinge werde eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre sein, sagte Herrmann im Vorfeld der Wintervollversammlung der Handwerkskammer. "Aber wir werden sie meistern – meistern müssen."

Die Handwerkskammer hat in der Zwischenzeit eine Online-Börse eingerichtet, in der Handwerksbetriebe Praktikums- und Ausbildungsplätze für Flüchtlinge anbieten können. Allerdings dürfe man sich keine Illusionen machen: "Wir sollten nicht so tun, als ob Flüchtlinge die Lösung aller Probleme auf dem Arbeitsmarkt wären." Herrmann gehe davon aus, dass unter den Flüchtlingen geschickte Leute seien, die für eine Ausbildung gewonnen werden könnten. Schließlich hänge eine Ausbildung im Handwerk nicht von der Staatsangehörigkeit oder der Hautfarbe ab.

Entscheidend seien Interesse, Eignung, Wille und vor allen Dingen Sprachkenntnisse. Hinzu komme, dass die Mehrheit der Flüchtlinge keine formale berufliche Qualifikation mitbringe, denn in Deutschland gälten meist andere Anforderungen als in deren Herkunftsländern. Diese Probleme ließen sich aber bewältigen, allerdings nicht von heute auf morgen. In vielen Fällen dürfte der Weg zum Gesellen oder Facharbeiter mehrere Jahre dauern.

Eine Umfrage unter rund 7500 ausbildungsberechtigten Betrieben im Bezirk der Handwerkskammer habe ergeben, dass Zahntechniker, Elektroniker, Bäcker und Schreiner eine Ausbildung begonnen hätten oder in Beschäftigung seien. 653 Betriebe (8,8 Prozent) haben an der Umfrage teilgenommen. Danach beschäftigen rund 50 bereits einen Flüchtling, 24 bilden einen aus, zwei planen dies für 2016. Bei diesen Flüchtlingen handele es sich um Personen, die bereits länger in Deutschland seien.

Bei der Umfrage sei deutlich geworden, dass die Sprache eine außerordentliche Bedeutung habe – sowohl als Voraussetzung für den Berufsschulunterricht als auch im Umgang mit Kunden. "Die Handwerkskammer will ihr Kursangebot weiter ausbauen", so Herrmann. "Wir möchten erreichen, dass sich Flüchtlinge begleitend zum Intensivsprachunterricht an klassische Handwerksberufe herantasten können."

Einige Flüchtlingskurse seien bereits angelaufen. So ein Deutschkurs in Tübingen, an den sich eine "Handwerksorientierung" der Teilnehmer in den Werkstätten der Bildungsakademie Tübingen anschließen werde. Außerdem sei ein Sprachkurs für Flüchtlinge mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit in Sigmaringen geplant.

An die Sprachkurse werde sich wohl ein Integrationskurs in Sigmaringen anschließen: Die besseren Teilnehmer sollen mit gesellschaftlich wichtigen Themen vertraut gemacht werden.

Herrmann wies darauf hin, dass Panikmache der schlechteste Ratgeber sei – und dass Hetzparolen eines christlich geprägten Landes unwürdig seien. Auch sollten Parteiinteressen nicht auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden, die schreckliche Erfahrungen gemacht hätten.

Weitere Informationen: www.hwk-reutlingen.de/flu echtlinge.