Chefdresseur Marek Jama hat immer ein Leckerli für seine Seelöwen Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Für drei Wochen gastiert der zweitgrößte Zirkus Deutschlands auf dem Cannstatter Wasen. Für einen Großteil der Tiernummern ist Chefdresseur Marek Jama verantwortlich. Er trainiert die Tiere durch Belohnung und nicht durch Bestrafung.

Stuttgart - Der Beruf des Tierdresseurs ist nichts für Langschläfer. Spätestens um acht Uhr morgens beginnt der Arbeitstag für Marek Jama, Feierabend ist erst nach 23 Uhr. Dem Chefdresseur des Zirkus Charles Knie macht das allerdings nichts aus. Für ihn ist seine Arbeit „der schönste Beruf der Welt“. Zusammen mit zehn Tierpflegern kümmert er sich um alle Tiere im Zirkus – mit Ausnahme der Elefanten und Raubtiere. Diese werden von zwei Dresseuren separat trainiert und versorgt.

Seit 2006 arbeitet der 38-Jährige für Charles Knie. Mit 30 Arten haben sie die größte Tiervielfalt in Deutschland. Die Auswahl der Tiere trifft Jama in Absprache mit Zirkusdirektor Sascha Melnjak. Dafür überlegt er sich, welche Dressuren er zeigen möchte und welche Tiere sich dafür eignen. Für ihn und den Zirkus steht dabei an erster Stelle, dass es den Tieren gut geht. Deshalb werden die großen Tiergehege an jedem Standort zuerst aufgebaut. Betonflächen werden mit ausreichend Sand und Stroh abgedeckt, damit die Tiere einen weichen Stand haben. Interessierte Besucher können sich von der Haltung der Tiere auch selbst ein Bild machen. Die Gehege auf dem Wasen können jeden Tag besichtiget werden.

Alle Tiere bei Charles Knie stammen aus Zoos oder anderen Zirkussen. Von ihren Müttern werden sie erst getrennt, wenn sie entwöhnt sind. Den Kontakt mit Menschen sind sie gewöhnt. „Am Anfang lernen die Tiere ein Trainings-ABC. Dazu gehört, dass sie ihren Namen lernen und Grundkommandos wie Stop, gehen, rechts und links verstehen“, sagt Jama. Erst dann lernen sie Drehbewegungen oder Sprünge. Durch seine 14-jährige Arbeit als Tierdresseur weiß Marek Jama, dass alle Tiere unterschiedlich schnell lernen und dass jedes Tier seinen eigenen Charakter mit Stärken und Schwächen hat. Deshalb ist es ihm besonders wichtig, alle Tiere nach ihren Stärken zu fördern.

Den Lerneffekt der Tiere unterstützt Jamal durch Belohnung in Form von Leckerlis und nicht durch Bestrafungen. Besonders gefräßig sind die beiden Seelöwen Steffi und Kulus. Ohne Aussicht auf einen Fisch strecken die beiden ihre Schnauzen nicht aus dem Wasser.

Vielleicht gerade deshalb gehören die Seelöwen zu Jamas Lieblingstieren. „Sie sind sehr vital und lernfähig und wirklich lustig. Es ist sehr einfach mit ihnen eine Nummer zu basteln“, sagt er. In der Manege beweisen die beiden Seelöwen ihre artistischen Fähigkeiten und jonglieren mit Bällen oder vollführen einen Handstand. Auch ein gewisses schauspielerisches Talent lässt sich bei Steffi und Kulus erkennen. „Bei unserer Nummern übernimmt Steffi die Rolle der braven Seelöwendame. Kulus hingegen ist der Freche, der immer Blödsinn macht. Dabei ist es eigentlich andersrum. Steffi ist eine kleine Diva und Kulus der Brave“, erzählt Jama.

An Vorstellungstagen probt er mit den Seelöwen und seinen anderen Tieren morgens nochmals in der Manege. Danach geht es zurück ins große Wasserbecken oder in die Ställe. „Die Tiere haben ein erstaunliches Zeitgefühl und wissen genau, wann sie dran sind und werden nervös, wenn sie nicht zur gewohnten Zeit raus dürfen“, sagt Jama. Deswegen ist es wichtig, Veränderungen im Ablauf und Programm zu vermeiden.

Da Marek Jama die wichtigste Bezugsperson für die Tiere ist, kann er nicht mal eben für zwei Wochen in Urlaub fahren. „Die Betreuung der Tiere ist eine echte Lebensaufgabe“, sagt er und bedauert es nicht, dass er so wenig Freizeit hat. Wenn der Zirkus Charles Knie nach seiner letzten Vorstellung in Stuttgart sein Winterquartier in Einbeck bezieht, werden die Übungseinheiten reduziert. Aber auch in dieser Zeit arbeitet Marek Jama an neuen Ideen für seine Tierdressuren.