Das Polster, das Millionen Bundesbürger privat fürs Alter ansparen, schrumpft weiter. Auch im kommenden Jahr kürzen die meisten Versicherer die Überschussbeteiligung. Foto: dpa

Die Niedrigzinsphase drückt immer heftiger auf den Ertrag bei der privaten Vorsorge fürs Alter. Verbraucher müssen noch einige Jahre mit weiteren Abschlägen rechnen, die wiederum die Auszahlungssummen schmälern.

Stuttgart - Alle Jahre wieder erhalten Versicherungskunden ihre Standmitteilung darüber, wie hoch die Verzinsung ihrer Lebens- oder Rentenversicherung ausfällt. Diese sogenannte Überschussbeteiligung legen die Gesellschaften im Dezember fürs kommende Jahr fest. Der aktuelle Trend, den die Ratingagentur Assekurata für eine private Rentenversicherung mit einer Garantieverzinsung von 1,75 Prozent auf ihrer Homepage festhält, stimmt alles andere als froh. Hatten die Versicherer bereits im zurückliegenden Jahr die Verzinsung gesenkt, werden die Abschläge 2013 noch stärker ausfallen. Im Branchendurchschnitt dürfte die Überschussbeteiligung 3,60 Prozent betragen.

Nach bisherigem Stand drosseln die meisten Gesellschaften die Überschussbeteiligung. Nur bei fünf steht noch eine Vier vor dem Komma, etwa bei der Stuttgarter Lebensversicherung. Und es besteht keine Aussicht auf eine Wende. „Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase“, sagte Assekurata-Sprecher Russel Kemwa. „Und keiner weiß, wie lange noch.“ Auf diese Tatsache stellten sich die Unternehmen ein.

Der Branchenriese Allianz Lebensversicherung etwa senkt die Überschussbeteiligung im kommenden Jahr von bisher 4 auf 3,6 Prozent, ebenso die Ergo Direkt. 2012 hatte der Abschlag bei beiden Anbietern 0,10 Prozentpunkte betragen. Spitzenreiter nach der bisherigen Erhebung sind die Inter Risk sowie die Mylife (früher Ageas) mit 4,05 Prozent gegenüber 4,4 Prozent bzw. 4,25 im laufenden Jahr. Angesichts der Zinsen für Festgeldanlagen ist das immer noch eine gute Rendite. „Die Deklaration ist das Geld, das dem Kunden bereits als Guthaben zugeschrieben wurde“, sagt Russel Kemwa. Allerdings werden diese Zinsen lediglich auf den Sparanteil gezahlt, der etwa 75 bis 80 Prozent der Beiträge ausmacht. Auch Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg will den Rückgang bei der Überschussbeteiligung nicht schlechtreden: „Eine Drei vor dem Komma ist weiterhin ein Wert, bei dem die Versicherer von Kursgewinnen älterer Papiere zehren“, stellt er fest. „Bei Neuanlagen kriegen sie das nicht.“ Grund, Alarm zu schlagen, sieht der Finanzexperte bisher ebenfalls nicht: „Die Versicherer haben im vergangenen Jahr elf Milliarden Euro erwirtschaftet.“ Allerdings müssen sich die Sparer darauf einstellen, dass die Ablaufleistung, die sie am Schluss ausbezahlt bekommen, mit der erneuten Senkung deutlich geringer ausfällt als bei Vertragsunterzeichnung in Aussicht gestellt. Bei einer Police, die derzeit mit 20.000 Euro bespart ist und in die noch zehn Jahre lang monatlich 100 Euro einbezahlt werden, bekomme der Kunde bei einer Überschussbeteiligung von 4 Prozent am Schluss 44 324 Euro überwiesen, rechnet Nauhauser vor. Mit 3,5 Prozent sinke die Summe auf 42.556, bei 3 Prozent auf 40.858 Euro.

Damit nicht genug: Setzt sich der Niedrigzins-Trend noch ein paar Jahre fort, fällt die Gesamtverzinsung spürbar niedriger aus, die in die Ablaufleistung einfließt, wenn die Kunden ihren Vertrag bis zum vereinbarten Datum durchhalten. Denn hier addieren sich nicht nur Überschussbeteiligungen, die niedriger ausfallen werden als prognostiziert. In die Gesamtverzinsung fließt auch die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven der Gesellschaften ein, bei denen die Unternehmen ebenfalls Abstriche vornehmen werden. „Die Versicherer haben Versprechungen für ein Geschäftsmodell gemacht, das auf hohen Kapitalmarktzinsen basiert, und das können sie jetzt nicht einhalten“, erklärt Nauhauser.

Nach Angaben des Versicherungsverbandes GdV haben die Bundesbürger im vergangenen Jahr Beiträge in 89,7 Millionen Lebensversicherungen einbezahlt. Davon sind 45,5 Prozent Kapital-, 41,1 Prozent Rentenversicherungen und 13,4 Prozent Risikoversicherungen . Die Branche rechnet für 2013 mit einer Stornoquote von 3,5 Prozent.