Das Fax (rechts) ging ins Weiße Haus. Eine Antwort darauf haben die Zimmerner – wie erwartet – nicht erhalten. Foto: Burgi Foto: Schwarzwälder-Bote

Rückblick: Vor 25 Jahren schreiben evangelische und katholische Christen aus Zimmern ins Weiße Haus / Golfkrieg als Anlass

Von Verena Parage

"Dear Mr. President": So beginnt ein Schreiben aus dem Jahr 1991 an den den damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush. Unterzeichnet hatten es zwei Zimmerner.

Zimmern o. R. Fast 25 Jahre liegen zwischen dem 3. Januar 1991 und heute. Und doch passt ein Fax, das damals, genau um 16.08 Uhr, ausgerechnet aus Zimmern ins Weiße Hause nach Washington übermittelt wurde, immer noch in die Zeit. Oder mehr denn je: Dieser Eindruck entsteht, wer dem zuhört, was Günter Halbritter zu erzählen hat. Halbritter war vor 25 Jahren Laienvorsitzender des evangelischen Kirchengemeinderats in Zimmern, sein katholisches Pendant war Elmar Roth.

Damals habe die Ökumene in Zimmern eine intensive Phase erlebt, erzählt Günter Halbritter. Am Ende jeden Jahres habe es eine ökumenische Abschlussfeier gegeben. Dabei sei die Idee, angeregt durch eine Predigt des evangelischen Pfarrers Wilfried Braun, entstanden, an Präsident Bush einen Brief zu schreiben.

Anlass dafür war der Wunsch nach Frieden für die Golfregion, denn der Stichtag 15. Januar 1991 stand bevor: Nach der Invasion des Iraks in Kuwait im August 1990 sollten sich bis dahin laut UN-Resolution die irakischen Streitkräfte wieder zurückziehen. Freilich war auch den Zimmerner Christen klar gewesen, dass sie mit einer Antwort aus dem Weißen Haus nicht zu rechnen brauchten, sagt Halbritter. Dennoch machten sie sich daran, ein Schreiben an George Bush zu formulieren. "Wir wollten als Christen sagen, was unser Standpunkt ist." Und dieser Standpunkt sollte dort bekannt gemacht werden, wo entschieden würde über ein militärisches Eingreifen.

Flankiert wurde das Schreiben von täglichen ökumenischen Gebetstreffen zwischen dem 6. und 15. Januar 1991. Auch davon berichten die Zimmerner Christen Bush in ihrem Telefax. Sie würden beten, dass Gott helfe, eine Lösung zu finden, um den Krieg zu vermeiden, heißt es – im Original natürlich auf Englisch.

Aus den USA kam zwar keine Antwort, wohl aber aus Zimmern: "Die Reaktionen waren sehr heftig", erinnert sich Günter Halbritter. So mancher außerhalb der Reihen der ökumenischen Beter sei davon überzeugt gewesen, dass ein militärisches Eingreifen eines internationalen Bündnisses die einzige Lösung für den Zweiten Golfkrieg sei. Als positive Folge des Faxes sei es zu vielen Diskussionen gekommen.

Allerdings kam es auch zum Krieg mit internationaler Beteiligung. Als der 15. Januar 1991 verstrich, ohne dass sich Saddam Husseins Truppen aus Kuwait zurückzogen, begann die Militärallianz unter Anleitung der Vereinigten Staaten, Luftangriffe auf den Irak zu fliegen. Dennoch meint der Zimmerner Rentner, sei das Fax damals wichtig gewesen – weil Christen Stellung beziehen sollten.

Er sagt, auch er wisse nicht, was richtig sei. Allerdings hat er das Gefühl, mit jedem Kriegseinsatz sei das Problem im Nahen Osten größer geworden. Und mit Blick auf den Bundeswehreinsatz im Syrienkonflikt meint Halbritter: "Es wäre eigentlich kein Fehler, wieder einen Brief zu schreiben. Dieses Mal an unsere eigenen Regierenden."

Das Originalfax an Georg Bush ist auf Englisch verfasst. In der Übersetzung hat es folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Präsident,

wir sind Mitglieder der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Zimmern/Flözlingen (nahe Stuttgart, Deutschland).

Während wir die Weihnachts- und Neujahrsgottesdienste zusammen gefeiert haben, entstand die Idee, für alle Staatsmänner zu beten, die Verantwortung für den Frieden in der Golfregion tragen, und unter diesen speziell für Sie und Ihre Berater, die die schwerste Last zu tragen haben.

Deshalb werden wir uns vom 6. Januar an bis zu dem entscheidenden Dienstag, 15. Januar, täglich um 19 Uhr treffen, um zu beten und den Allmächtigen zu bitten, dass er helfen möge, eine Lösung zu finden, um den Krieg zu vermeiden.

Wir bitten Sie als Führer einer christlichen Nation und als überzeugter Christ, der an das Wort unseres Herrn glaubt: Bitte senden Sie Ihre Truppen nicht in einen Krieg – wie auch immer er legitimiert sein möge – sondern erinnern Sie sich an das Wort des Allmächtigen: "Die Rache ist mein, ich will vergelten" (Hebräer 10, 30).

Gott segne Sie und Ihr Volk.

Mit freundlichen Grüßen,

Günter Halbritter und Elmar Roth