Erfolgreiches Duo (von links): Christoph Burkard und Annett Speidel beim Training im Rottweiler "Injoy". Foto: Schulz

Schwimmen: Kein Rücktritt vom Rücktritt, aber: Spitzenleistung mit neuem Training spornen an.

Er hat sich schon auf ein Leben nach dem Sport eingestellt. Hat seine Masterarbeit geschrieben, sein Studium also abgeschlossen, und bereitete sich auf den Berufseinstieg vor. Nebenher wollte er, Christoph Burkard, der Spitzensportler aus Zimmern, "abtrainieren", wie er sagte.

Geplanter Ausstieg aus dem Schwimmsport, könnte man sagen. Aus Letzterem ist (noch) nichts geworden, nicht richtig zumindest. Dabei hat Burkard, dem von Geburt an beide Unterschenkel fehlen, als Schwimmer so ziemlich alles gewonnen, was man gewinnen kann. Nur ein Auszug: Bei den Sommer-Paralympics in Athen erreichte der damals 20-Jährige die Goldmedaille und schwamm dabei einen Weltrekord über 400 Meter Freistil. Bei den Olympischen Spielen vor zwei Jahren in London wollte er noch einmal eine Medaille erreichen. Er hat es geschafft: Es wurde die bronzene, über 100 Meter Brust. Und dann war Schluss. Eigentlich. Denn es kam anders.

"Schuld", wenn man denn davon sprechen wollte, hat Annett Speidel. Sie absolviert im Injoy, dem Fitness- und Gesundheitsstudio in Rottweil, in dem Burkard seit Jahren trainiert, eine staatlich anerkannte Ausbildung zur Fachtrainerin für Fitness, Gesundheit und Prävention. Und da Speidel für eine Projektarbeit einen Probanden, also Freiwilligen, brauchte, fragte sie bei Burkard an, ob er denn bereit wäre?

War er. Und so kamen zwei zusammen, die über sich sagen, sie seien sehr ehrgeizig. In der Tat. Jedenfalls ist die erst wenige Wochen alte Zusammenarbeit so erfolgreich, dass Burkard, der seit fast 20 Jahren von Sigisbert Ackermann im Becken trainiert wird, im April bei den Deutschen Meisterschaften für den TV Rottweil antrat und durchs Wasser gleitete (fast) wie in alten Zeiten. Die Ergebnisse: Erster, mit persönlicher Bestzeit, über 50 Meter Brust und Zweiter über 100 Meter. Die Zeit war dabei so gut, dass er sich für die Europameisterschaft im August qualifizierte.

Die Schwimmer-Kollegen, wegen denen er eigentlich zur Deutschen gereist war, um sie mal wiederzusehen, seien platt gewesen, so Burkard. "Das war ein kleiner Aha-Effekt." Dem weitere folgten: Bei fünf Starts Anfang Mai bei den baden-württembergischen Meisterschaften schlug er fünf Mal als erster am Beckenrand an.

Das war, zu Beginn der Zusammenarbeit zwischen Speidel und Burkard, nicht abzusehen. Mit ausschlaggebend, so die beiden, sei die Trainingsmethode, eine Mischung aus Maximal- und Schnellkrafttraining. Sprich: Powern in kurzer Zeit, kurze, knackige Einheiten, und dies zwei bis dreimal in der Woche. Zuvor war das Training auf Kraftausdauer angelegt: geringere Gewichte, größere Wiederholungszahl.

Es hat sich für beide gelohnt. Speidel ist glücklich, dass sie für ihre Projektarbeit mit Burkard einen Spitzensportler gewinnen konnte. Burkard, sieht, dass er mit den anderen noch sehr gut mithalten kann.

Das Ende ist dennoch abzusehen. In drei Wochen wird Annett Speidel die Projektarbeit abschließen, mit Tests zur Kraftentwicklung und des Herz-Kreislauf-Systems. Und Burkard geht davon aus, dass die EM tatsächlich sein letzter Wettkampf ist. Dann will sich der 30-Jährige vollends auf ein Leben nach dem Spitzensport konzentrieren.