Die Halle ist voll während der Kandidatenvorstellung. Ingrid Balke nutzt die Chance, Dieter Albrecht eine Frage zu stellen. Foto: Parage

Bei Vorstellung von Dieter E. Albrecht und Carmen Merz gibt es in Halle nur noch Stehplätze.

Zimmern o. R. - Die 438 Stühle in der Zimmerner Halle reichten am Donnerstagabend bei Weitem nicht aus. Hunderte Zuschauer wollten die Vorstellung der Kandidaten für die Bürgermeisterwahl miterleben.

Zwei Kandidaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, treten an, um sich am 12. März zum neuen Bürgermeister von Zimmern wählen zu lassen: Zum einen Dieter E. Albrecht aus Rottweil, Abschleppunternehmer, 51 Jahre alt, drei Kinder. Erklärtes Ziel: die Zusammenführung von Zimmern und Rottweil. Zum andern Carmen Merz, 42-jährige Diplom-Verwaltungswirtin und Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbands Zollernalb. Sie kommt aus Schömberg, ist verheiratet, hat zwei Kinder und will die Entwicklung Zimmerns als eigenständige Gemeinde vorantreiben.

So unterschiedlich wie die Kandidaten sind auch ihre Auftritte. Jeweils 20 Minuten haben sie Zeit, um sich vorzustellen. Anschließend dürfen Bürger genauso lange ihre Fragen stellen. Während der eine redet, befindet sich der andere nicht in der Halle.

"Zimmerner bleiben Zimmerner"

Den Auftakt macht Dieter E. Albrecht, der seine Bewerbung zuerst abgegeben hat. Er betritt mit einer weißen Plastiktüte die Bühne und packt erst mal aus: Einen schwarzen Hut und eine Schriftrolle. So verkündet er scherzhaft, dass der "Zehnte" eingetrieben werde für die freie Reichsstadt. Doch das sei in Zeiten moderner Verwaltungen natürlich Blödsinn. Also zieht Albrecht den Hut wieder ab. "Wenn ich von Zusammenführung rede, dann übernimmt kein Größerer den Kleineren", sagt er und ist bei seinem Wahlkampfthema angekommen. Zimmerner blieben Zimmerner.

Weil er "authentisch rüberkommen" möchte, habe er seine Redekarten vor zwei Stunden vorbereitet, sagt Dieter E. Albrecht. So spricht er dann auch: locker und recht frei. Oft würden Politiker im Wahlkampf versprechen, Steuern zu sparen und die Bürokratie abzubauen, ohne es zu tun. Albrecht will es in Zimmern machen. Der Personalhaushalt im Rathaus umfasse drei Millionen Euro. "Ich möchte zwölf Prozent durch Synergien einsparen." Das Zimmerner Rathaus bleibe selbstverständlich erhalten. Sparen wolle er im Managementbereich – etwa indem er den Bürgermeister abschafft. Durch die Zusammenführung erhofft er sich auch höhere Steuereinnahmen. In einem Zusammenführungsvertrag solle geregelt sein, wofür Zimmern Geld ausgeben kann. Dies entscheide nicht der Rottweiler Stadtrat. Doch wenn Zimmern erst acht oder neun Stadträte stelle, dann hätte es viel mehr Einfluss als jetzt, meint er. "Ich möchte möglichst noch dieses Jahr diese Zusammenführung hinbringen."

Zum Auftakt der Fragerunde will Marcel Merkle aus Zimmern von dem Kandidaten wissen, ob er in Sachen Zusammenführung schon in Kontakt mit Rottweiler Stadträten sei. "Ja, informell bin ich im Gespräch", erklärt dieser. Zumal Rottweil ja durch die zusätzlichen Einwohner profitieren würde. Joachim Balke (Zimmern) fragt unter anderem, ob Albrecht noch andere Ziele habe, falls die Zusammenführung misslingt. Platzt das Vorhaben, dann sei er "politisch gescheitert" und halte nicht an seiner Karriere als Bürgermeister fest, gibt dieser zur Antwort. Er brauche nämlich nicht die eine Million, von der er für acht Jahre mit einem hauptamtlichen Schultes rechnet. Ingrid Balke will daraufhin wissen, was für einen Nutzen er dann an der Sache habe. Antwort: "Ich mache es uneigennützig, weil ich von ganzem Herzen Kommunalpolitiker bin."

Als die Zeit um ist, muss der Bewerber die Bühne verlassen. Die zweimal 20 Minuten sind ihm aber zu knapp für die Meinungsbildung. So ähnlich formuliert Albrecht es in einer Broschüre, die deshalb parallel zur Kandidatenvorstellung an alle Haushalte verteilt wird. Darin beantwortet er "71 kritische Fragen".

Ortsteile sollen nicht zu kurz kommen

In der Halle betritt derweil Carmen Merz die Bühne. Anders als ihr Vorredner hat sie ihre Rede akribisch vorbereitet. Sie spricht langsam, wirkt ein bisschen steif, ist aber bestens informiert über Zimmern. Merz beschreibt ihren Werdegang und Begegnungen mit Mitarbeitern der Gemeinde ("ich glaube, wir könnten gut zueinander passen"). Sie schätzt den Zusammenhalt im Ort, sagt, es sei richtig, in Zimmern-Ost neues Bauland auszuweisen. Sie stehe für maßvolles Wachstum. Zudem will sie ehrenamtliches Engagement "bestmöglich" fördern, und Zimmern als kinder- und familienfreundliche Kommunen weiterentwickeln. Das Jugend- und Familienzentrum bezeichnet sie als "mustergültig". Und das interkommunale Gewerbegebiet Inkom ist für die Kandidatin eine "echte Erfolgsstory". Sie verstehe die Sprache der Unternehmer dank ihrer zweiten, betriebswirtschaftlichen Ausbildung.

Mit Blick auf die Ortsteile meint sie, es solle niemand zu kurz kommen. Die Ortsvorsteher wären ihr "wertvolle, geschätzte Partner auf Augenhöhe". Dass Zimmern Zukunft hat, davon ist sie überzeugt.

Dann, ähnlich wie bei Albrecht zuvor, ist es erst einmal ruhig, bis sich der erste Fragesteller zu Wort meldet. Wo sie ihren persönlichen Schwerpunkt sehe, will Joachim Balke etwa wissen. Das ließe sich jetzt schwer sagen, aber er liege schon im sozialen Bereich, antwortet die 42-Jährige.

Der Wunsch, Bürgermeisterin zu werden, habe sich entwickelt. In den vergangenen Jahren habe sie beschlossen, noch einmal etwas Neues zu machen, eine Herausforderung. Eine ihrer Stärken sei es, dass sie es gut mit Menschen könne. Und "ich renne nicht vor Arbeit davon". Sie werde aber nicht die Zeit stoppen, die sie im Rathaus verbringe, sagt Merz auf Nachfrage von Peter Sauer. "Sie dürfen mir glauben: Ich bin da, wenn Sie mich brauchen." Und wenn sie nicht gebraucht werde, sei sie auch mal nicht da.

Vielleicht befindet sich Merz ja dann in Schömberg, ihrem Wohnort. Dort will die Familie vorerst bleiben. Ob die Bürger auf einen Umzug hoffen dürften? Es könne ja sein, sie bleibe zwei oder drei Perioden im Amt, fragt Manfred Waldraff aus Zimmern. Die Entscheidung pro Schömberg, sei eine für den Moment. "Alles andere lassen wir werden", erklärt Carmen Merz.

Info: Wahl im TV

Ein ZDF-Team, das über Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg berichtet, war am Abend vor Ort. Die Zimmerner Wahl ist eine von zweien, die die Fernsehleute begleiten. Der Beitrag wird am 9. Mai ab 22.15 Uhr in der Reihe "37 Grad" ausgestrahlt.