Ortschaftsrat: Gemeinde Zimmern kauft Mehrfamilienhaus / Voraussichtlich 93 Plätze bis Jahresbeginn

Über ein "offenes Geheimnis", wie es Ortsvorsteher Matthias Sigrist formulierte, hat der Horgener Ortschaftsrat in seiner jüngsten Sitzung erstmals öffentlich gesprochen. Die Verwaltung hat in dem Dorf ein Wohnhaus gekauft, um Flüchtlinge unterzubringen.

Zimmern-Horgen. Die Unterschrift unter dem Kaufvertrag ist fast noch feucht: Erst am Freitag wurde er unterschrieben. Jetzt gehört das Mehrfamilienhaus in der Horgener Unterbergstraße der Gemeinde Zimmern. Auf den fast 400 Quadratmetern Wohnfläche, verteilt auf drei Wohnungen, sollen bald Flüchtlinge ein Zuhause finden. Ein Thema, das die Horgener beschäftigt: Immerhin 14 Zuhörer verfolgten die Sitzung, normalerweise bleiben die Räte unter sich. Und es ist ein Thema, das auch die Gremiumsmitglieder nicht kalt lässt, wie die folgende Diskussion zeigte.

Zunächst allerdings berichtete Matthias Sigrist, dass 35 bis maximal 55 Flüchtlinge in dem Haus Platz finden könnten. Bürgermeister Emil Maser spricht später von 45. Trotz der recht großen Zahl solle die Unterbringung menschenwürdig sein, betonte der Ortsvorsteher.

KfW-Bank bewilligt Förderkredit über 325500 Euro

An der Zahl der Flüchtlinge, die Zimmern aufnehmen muss, kann die Gemeinde nicht rütteln. Nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, darin werden Steuereinnahmen und Einwohnerzahl berücksichtigt, werden die Flüchtlinge auf die Bundesländer und dort wiederum auf Landkreise und Kommunen verteilt. Genau beziffern lasse sich Zimmerns Anteil aber nicht. "Heute haben wir eine Zahl, und morgen ist sie schon wieder ganz anders", erklärte Sigrist.

Fakt indes sei, dass weder der Hauptort Zimmern noch die Ortsteile über genügend Unterkünfte für Flüchtlinge verfügten. "Deshalb muss dringend Wohnraum angemietet oder aufgekauft werden."

Warum aber ausgerechnet in Horgen? In Zimmern und Stetten seien bereits Asylbewerber untergebracht, und in Flözlingen werde eine Wohnung vorbereitet, antwortete Matthias Sigrist auf seine eigene Frage. "Bevor man uns die Halle nimmt, müssen wir uns andere Unterbringungsmöglichkeiten suchen."

Diese hat die Gemeinde mit dem Drei-Familien-Haus gefunden. Dafür nimmt Zimmern einen Förder-Kredit in Höhe von 325 500 Euro auf. Die Förderzusage der KfW-Bank ist inzwischen eingetroffen, in den ersten zehn Jahren fallen für das Darlehen keine Zinsen an.

"Wir sind ein kleiner Ort, wir können nicht unbegrenzt aufnehmen", erklärt Matthias Sigrist. "Wir versuchen zu lenken, können aber nicht bestimmen." Damit meint er zum Beispiel den Wunsch, bevorzugt Familien unterzubringen statt nur junge Männer.

Karl Heinz Faißt bemängelt: Ort "ist überlastet"

Allerdings machte ihm Bürgermeister Emil Maser nicht allzu viel Hoffnung. "Familien will natürlich jeder." Doch auch die anderen Flüchtlinge müssten unterkommen. "Wie belegt wird, entscheidet das Landratsamt" – wobei auch der Kreis die Flüchtlinge zugeteilt bekomme.

Rat Klaus Ulrich wollte wissen, wann die neuen Bewohner einziehen. Ein Datum gebe es noch nicht, sagte Maser. Allerdings wolle man das Haus nicht auf einen Schlag, sondern nach und nach füllen. "Wir möchten unsere Asylbewerber menschenwürdig unterbringen", erklärte der Schultes. Dies sei in dem Mehrfamilienhaus möglich.

"Ich sehe die Anzahl sehr, sehr kritisch", erklärte Ortschaftsrätin Martina Zisch. "Horgen ist überbelastet", kritisierte auch Karl Heinz Faißt. Der Ort schultere 50 Prozent der Unterbringung. Diese politische Entscheidung sei "absolut verantwortungslos" gegenüber Horgen. Gleichzeitig warf er Emil Maser indirekt vor, alles klaglos hinzunehmen. Faißt verwies auf Ralf Ulbrich, den Deißlinger Bürgermeister. Dieser habe "wenigstens den Mut zu sagen, dass es bei 100 Personen genug ist". Damit spielte er auf einen Bericht über die jüngste Deißlinger Gemeinderatssitzung an. Faißt hatte herausgelesen, dass Ulbrich gegenüber dem Landratsamt eine Obergrenze von 100 vorgegeben habe. Allerdings war in der Sitzung lediglich die Rede davon gewesen, dass die Gemeinde den Aufenthalt von bis zu 100 Flüchtlingen mit der bisherigen Strategie managen könne und ansonsten neue Konzepte benötige.

Und Walter Mink entgegnete seinem Ratskollegen: "Es kann nicht sein, dass wir uns schon wieder mit Teilorten vergleichen." Die Gesamtgemeinde Zimmern müsse die Situation schultern. Maser entgegnete später: "Wir haben bisher keine Zuteilung gemacht nach Ortsteilen, sondern nach Möglichkeiten."

Rat Stephan Knappmann erkundigte sich nach Unterstützung seitens der Gemeinde, wenn die Flüchtlinge in Horgen untergebracht werden. Maser verwies auf einen Freundeskreis Asyl, der in Zimmern bereits die Arbeit aufgenommen hat und Sprachunterricht anbietet oder bei Behördengängen hilft. Günter Spreter fügte an, es sei möglich, Patenschaften für die Asylbewerber zu übernehmen. Auch ein Fahrdienst könnte Abhilfe schaffen, denn Faißt und Zisch befürchten, die fehlende Infrastruktur in Horgen sei für Flüchtlinge ungeeignet – so gibt es etwa keinen Supermarkt. Maser bat darum, der Verwaltung etwas Zeit zu geben, aber "ein Fahrdienst ist bereits angedacht". Denn zu einer menschenwürdigen Unterbringung gehöre, dass die Menschen dort hin kommen, wo sie hin müssen.