Wilfried Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Flözlinger feiern 300-jähriges Bestehen ihres Gotteshauses / Wilfried Braun hält Festpredigt

300 Jahre ist sie alt, die Evangelische Kirche in Flözlingen. Am Wochenende haben die Flözlinger und unzählige Gäste aus nah und fern Jubiläum im frisch renovierten und schmucken Kleinod aus dem Jahr 1717 gefeiert.

Zimmern-Flözlingen. Wer am Wochenende in die Flözlinger Kirche kam, der sah nur in glückliche Gesichter. Die Umgestaltung des "Kirchleins im Tal", wie die Kirche im Heimatbuch bezeichnet wird, ist abgeschlossen. "Solch eine Umgestaltung ist immer auch ein Wagnis, denn man sollte sich ja auch nach einer solchen Maßnahme noch mit dem Ort verbunden und daheim fühlen können", sagte der ehemalige Flözlinger Pfarrer Wilfried Braun zu Beginn seiner Festpredigt. "Und das ist hier gelungen", lobte er.

Vor 20 Jahren hat er die Gemeinde verlassen, habe sie aber in sehr guter Erinnerung, was er sehr eindrücklich schilderte. Flözlingen sei für ihn und seine Familie Heimat gewesen, erinnerte sich Braun, der mittlerweile Dekan im Bezirk Backnang ist.

Er nahm die Gemeinde mit auf eine Reise der Erinnerungen und rief viele Ereignisse aus seiner Flözlinger Zeit ins Gedächtnis der Festbesucher. Und für den Kirchenbau vor 300 Jahren hätte man seiner Ansicht nach keinen besseren Ort als auf dem "Felsvorsprung über dem Eschachtal" finden können.

Auch Bürgermeisterin Carmen Merz überbrachte Pfarrerin Reichle und den Flözlingern ihre Glückwünsche zur Renovierung und Neugestaltung des Kirchleins. "Es ist wichtig, eine Stätte wie diese zu haben, an der man gemeinsam Freud’ und Leid teilen kann", sagte sie.

Feier rund um Kirche

In Vertretung von Pfarrer Josef Kreidler überbrachte Kirchengemeinderat Günter Kramer aus Stetten die Glückwünsche der katholischen Gemeinde. Der Gottesdienst wurde vom Projektchor unter Leitung von Sabine Kammerer, vom Musikverein Flözlingen und an der Orgel von Patrick Krissler mitgestaltet.

Im Anschluss feierten die Festbesucher bei strahlendem Sonnenschein ihr Gemeindefest rings um die Kirche und in der benachbarten Halle. Auch einige ehemalige Flözlinger Pfarrer und Vikare waren am Festwochenende an ihre einstige Wirkungsstätte zurückgekehrt. Romeo Edel beispielsweise genoss die Atmosphäre in seiner ehemaligen Gemeinde sehr und war gleich zwei Tage lang dabei. Brigitte und Andreas Güntter, die in der Paulusgemeinde im benachbarten Schwenningen tätig sind, sowie Petra Stromberg statteten Flözlingen ebenfalls einen Besuch ab und staunten über die neue Kirche. "Ich finde sie ganz wunderschön", freute sich Brigitte Güntter.

Der dreitägige Festreigen wurde bereits am Freitagabend mit einer "Nacht der offenen Kirche" eröffnet. Viele Interessierte kamen und waren gespannt auf "ihre neue Kirche". Das Gotteshaus war in den vergangenen Monaten umfangreich renoviert worden und blieb bis zum Festwochenende verschlossen. Jetzt scheinen die kritischen Stimmen verstummt zu sein.

Viel Diskussionen hatte es im Vorfeld vor allem um das Christus-Kaiserfenster gegeben. Spekulationen, die neue Pfarrerin habe es weggeworfen, schossen ins Kraut. Nun ist alles an seinem Platz. Davon konnten sich die Gäste (beruhigt) überzeugen. Das Christus-Kaiserfenster hat einen neuen Platz auf der Westseite des Chores bekommen und ist – bei beleuchteter Kirche – auch von der Straße aus gut zu sehen.

Das zentrale Fenster, wie auch die Wandfassung der Kirche, stammt vom Rottweiler Künstler Tobias Kammerer, der den Gästen sein Konzept und seine Idee erläuterte. Mit seinen Ausmalungen fasse er die Ausstattungsstücke neu zusammen, verbinde sie dadurch und verleihe ihnen durch farbige Retabeln neue Aufmerksamkeit. Durch die Farbfassung werde der Kirchenraum wieder zu einem harmonischen Ganzen.

Kreisarchivar Bernhard Rüth hielt den Festvortrag. Er nahm das Publikum unter dem Motto "Die Kirche im Dorf" mit auf einen Streifzug durch die Flözlinger Kirchengeschichte.

Gemüter beruhigen sich

Im Kontext des Kirchenneubaus "kommt die ortstypische Streitkultur in den Blick", so Rüth, denn nicht nur in Sachen Renovierung, sondern bereits beim Bau des Kirchleins habe es heftige Diskussionen gegeben. So hatte der damalige Pfarrer niedergeschrieben, dass die Gemeinde über den Standort der neuen Kirche "in großen Zwist kam", so Rüth. Aber bei der Einweihung sei alles wieder gut gewesen. "Nach über 50 Jahren war es an der Zeit, das Raumbild der Kirche zum 300-jährigen Jubiläum durch Gestaltungsformen der Gegenwartskunst zu bereichern", so Rüth.

In einer konzertierten Aktion von Pfarrerin Kristina Reichle, Kirchengemeinderat und Künstler Tobias Kammerer sei es gelungen, die Neugestaltung des Kirchenraums, trotz mancher Komplikationen und kontraproduktiver Kommentare, durchzuführen.

Im Wandel der Zeit habe die Kirche ihr Erscheinungsbild wiederholt verändert. "Wir tun gut daran, den Gestaltwandel als Anpassungsvorgang an die sich wandelnden religiösen, politischen und ästhetischen Anforderungen und Vorstellungen zu begreifen und zu begrüßen. Es gilt, dem Neuen unter Bewahrung des Alten Raum zu geben", schloss Bernhard Rüth.