Flüchtlinge benötigen nach ihrer Ankunft in Deutschland viel Hilfe – eine Herausforderung für Helfer und Kommunen. Foto: Rampfel Foto: Schwarzwälder-Bote

Ehrenamt: Gruppe löst sich auf / Mangelnde Infrastruktur stellt größte Hürde bei Integration dar / Familien wollen wegziehen

Den Helferkreis für Flüchtlinge in Stetten gibt es nicht mehr. Der einstige harte Kern bemängelt fehlende Unterstützung. Gleichzeitig zeigt sich am Schicksal der Gruppe, wie groß die Herausforderungen sind.

Zimmern-Stetten. Vom Kreis der anfangs über 20 Stettener Flüchtlingshelfer sind fünf übrig geblieben. Und die haben nun kapituliert. Andeutungsweise war das aus einem Beitrag im Zimmerner Amtsblatt vom 1. Juli herauszulesen. Dort schreibt die Verwaltung, neben einem Dankeschön an alle Engagierten, unter anderem: "Gerne sind auch neue Helferinnen und Helfer, vor allem im Ortsteil Stetten, herzlich willkommen. Dort danken wir dem bisherigen Helferteam für die engagierte Betreuung der Flüchtlinge." Ganz so sang- und klanglos allerdings will der einst harte Kern der Truppe nicht abtreten. Stattdessen will er auf die Probleme der Helfer im Eschachtal aufmerksam machen.

Sie standen vor vielen Herausforderungen, haben dadurch aber auch viel gelernt, berichten sie. Eva Trost beispielsweise, bei der die Fäden zusammen liefen, und an die sich die Neuankömmlinge täglich mit ihren Problemen wendeten. "Ich hab mich nie ausgekannt mit diesen SIM-Karten, aber jetzt kann ich alles", sagt sie lachend über die Handys ihrer Schützlinge. Die vielen Aufgaben, die viele Arbeit, das sei nicht einmal das Hauptproblem gewesen, obwohl immer weniger Helfer sie schultern mussten.

Almut von Kutzleben-Schoop beschreibt es so: Ziel sei es eigentlich gewesen, den Flüchtlingen nicht auf Dauer Händchen zu halten, sondern sie zu integrieren und ihnen zu Selbstständigkeit zu verhelfen. Doch: "Im Eschachtal ist das sehr schwierig", meint Eva Trost. Die Helfer hätten der Gemeinde im Grunde immer signalisiert, dass es Probleme bei der Integration gebe. Dabei spricht sie nicht von der Integration in Vereine, das Dorfleben oder die Schulgemeinschaft. Vielmehr hake es an der Infrastruktur.

In Stetten gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten, keine Ärzte und keine gute Busverbindung nach Zimmern oder Rottweil. Die Flüchtlinge seien folglich ständig auf Fahrdienste der Helfer angewiesen. Doch die sind bis auf eine Ausnahme – Ottomar Oeser, der pensioniert ist – alle voll berufstätig. Die Mitglieder des ehemaligen Helferkreises berichten von der neunköpfigen Familie, die im Mühlenweg 8 unter anderem untergebracht ist. Zu Fuß für eine Großfamilie einzukaufen ist praktisch unmöglich, Radfahren nur im Sommer eine Option. Sie sie immer "auf Standby", also immer erreichbar und gefordert, gewesen, sagt Trost. Ehrenamtlich.

Die Neuankömmlinge "sind dankbar"

"Die Flüchtlinge sind sehr dankbar", betont die Ortschaftsrätin. Aus den Erzählungen der Helfer geht hervor, dass die Kontakte noch immer eng sind, es noch immer viele Begegnungen gibt. Allerdings würden ihre früheren Schützlinge in Stetten regelrecht festsitzen. Ihr "Alltag ist so schon anstrengend", fügt Elke Müller an. Die komplizierten und spärlichen Busverbindungen aus Stetten in den größeren Nachbarort oder nach Rottweil machten es nicht einfacher. Und der Versuch, zusätzliche Verbindungen anzubieten, sei zum Scheitern verurteilt gewesen, kritisiert Wolfgang Trost.

In der Gemeinderatssitzung Ende Juni hatte Bürgermeister Emil Maser mitgeteilt, dass der Landkreis das Gebäude in der Mariazeller Straße 12 in Stetten angemietet habe, um Flüchtlinge unterzubringen. Eigentlich war geplant gewesen, das Gebäude abzureißen und ein Mehrfamilienhaus zu errichten. Das Vorhaben eines Bauträgers war allerdings an der Finanzierung gescheitert (wir berichteten).

Das alte Bauernhaus ist groß. Die bisherigen Stettener Flüchtlinge – zeitweise haben im Mühlenweg gar 18 Personen gewohnt – stehen ohne Helferkreis da. Zur Aussicht, dass in Stetten womöglich noch einmal eine große Zahl an Neuankömmlingen dazukommen soll, sagt Kutzleben-Schoop: "Das ist nicht leistbar." "Wir im Eschachtal wären nicht nur kurzzeitig Helfer, sondern für immer", beschreibt es Eva Trost.

Die Flüchtlinge, die selbstständig werden, wollen wegziehen – dorthin, wo es vor Ort alles gibt, was sie benötigen. In Zimmern, sagt Trost, gebe es die Infrastruktur, um Flüchtlinge zu betreuen und zu halten. Nicht aber im Eschachtal. Der "Riesenunterschied" zwischen dem Eschachtal und Zimmern, so Almut Kutzleben-Schoop, dringe den Zuständigen in der Verwaltung nicht ins Bewusstsein. Umso verwunderter ist die Gruppe, dass das in Zimmern für die Asylbewerberunterbringung erworbene Gebäude im Lachengrund nun als Kindergarten genutzt werden soll.

Die Stettenerin und ihre Mitstreiter haben das Gefühl, mit den Problemen alleine gelassen worden zu sein. Dabei wäre es ihrer Meinung nach ein Gewinn, wenn die inzwischen integrierten Flüchtlinge in der Gemeinde blieben.

Ottomar Oeser formuliert es so: "Es geht um Anerkennung." So hätten sich die Helfer aus Stetten über ein persönliches Dankeschön von Bürgermeister und Hauptamtsleiter gefreut. "Ich glaube, da wäre manches anders gelaufen." Und es gehe um Unterstützung. In diesem Zusammenhang fragt er sich, ob nicht die Verhältnisse auf den Kopf gestellt sind, wenn Ehrenamtliche von der Gemeinde unterstützt werden, wo es doch eigentlich umgekehrt sein müsste.

Oeser unterstützt die Flüchtlinge weiterhin. Inzwischen bei der Suche nach Wohnungen – außerhalb des Dorfes. Die Suche beschreibt er als "sehr schwierig". Auch, weil kaum ein Vermieter eine Großfamilie mit sieben Kindern bei sich einziehen lassen wolle. Ansonsten werden die Stettener Neuankömmlinge hauptsächlich von Elke Schmitt, neue Ansprechpartnerin in der Verwaltung für diesen Bereich, betreut. Sie hat eine 50-Prozent-Stelle. "Entscheidend ist, dass man das mit einer halben Stelle nicht wuppen kann, auch nicht mit einer ganzen", findet Ottomar Oeser.