Reiten und Tanzen hat Marianne Ohnmacht hinter sich gelassen. Seit zehn Jahren stößt und reißt sie Gewichte. Fotos: Schickle, Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Marianne Ohnmacht ist eine Powerfrau: Sie ist Gewichtheberin in der ersten Mannschaft des SV Flözlingen

Von Verena Schickle Zimmern-Flözlingen. Wenn eine in die Kategorie starke Frau fällt, dann ist das Marianne Ohnmacht. Die 20-Jährige ist Gewichtheberin im Sportverein Flözlingen. Von ihren Muskeln profitiert sie auch im Alltag.Klischees wollen bei Marianne Ohnmacht nicht so richtig passen. "Ich war immer ein typisches Mädchen", erzählt sie. Brauner Lidschatten, Spitzentop und Silberkette: Ja, so sieht ein Mädchen aus. Was nicht so ganz ins Bild passt, ist die Sportart, die sie seit zehn Jahren betreibt: Gewichtheben. Über ihre Familie ist sie dazu und ins Eschachtal gekommen: Opa und Onkel waren beziehungsweise sind als Gewichtheber in Flözlingen aktiv. Damals war Marianne Ohnmacht auf der Suche nach einer Sportart. Früher sei sie geritten, erzählt sie. "Mit Tanzen hab ich’s probiert", aber das sei nicht das Wahre gewesen. Beim Gewichtheben sei dagegen gleich der Funke übergesprungen.

Der springt bei Marianne Ohnmacht auch regelmäßig bei Wettkämpfen über. "Vor Publikum zu heben, das spornt so an." Erst recht, wenn ihre ganze Familie darunter ist. "Da komm ich richtig ins Schwärmen", sagt sie lachend. Bei jedem Wettbewerb setzen sich die Gewichtheber ein Ziel, wie viele Kilogramm sie stoßen und reißen wollen. Dann sei der Ehrgeiz auch da, es zu erreichen. Wenn es klappt, erzählt Ohnmacht, ist das ein "gigantisches Gefühl". Und normalerweise klappt es. Drei ungültige Versuche im Wettkampf sind ein Loch – das allerdings sei ihr noch nie passiert.

Ihr größer Erfolg war der Gewinn der Deutschen Meisterschaft in der B-Jugend im Jahr 2009. Ohnmachts Bestleistung im Reißen liegt bei 61 Kilogramm, die im Stoßen bei 78. Dort wieder hinzukommen, sei ihr Ziel. Die 20-Jährige bringt selbst übrigens nur etwa 64 Kilogramm auf die Waage. "Ja nein, oder?": Das bekommt sie häufig von einem Gegenüber zu hören, der gerade erfahren hat, welche Sportart die junge Frau betreibt. Manchmal seien die Leute ein bisschen entsetzt, erzählt sie schmunzelnd. Dann aber interessiert. Und vor allem erstaunt, dass Marianne Ohnmacht nicht wirklich so aussieht wie die Teilnehmerinnen von Welt- und Europameisterschaften im Gewichtheben. Das sind rein optisch andere Kaliber. "Aber so will ich gar nicht aussehen", sagt sie.

Dennoch muss die junge Frau, die mit ihrer Familie in Königsfeld-Neuhausen lebt, für ihren Sport zweimal in der Woche trainieren – mit ihrem Onkel Reiner Müller aus Fischbach und Trainer Jochen Jauch. Sie fiebern auch bei Wettkämpfen mit ihr mit.

Marianne Ohnmacht hebt im Oberliga-Team des SV Flözlingen. Sie ist die einzige Frau. Nicht nur im Team, sondern auch im Verein. Sina Lauble, ehemalige Mitstreiterin, trainiert zwar noch in dem Zimmerner Teilort, ist aber zu einem Lörracher Verein gewechselt. Bleibt also nur noch Marianne Ohnmacht zwischen all den männlichen Schwergewichten. Ein Problem ist das nicht für die Neuhausenerin. Die Atmos-phäre im Verein sei gut. "Da stimmt’s."

Auch im Berufsleben passt alles: Allerdings hat sie es dort mit lauter Frauen zu tun. Sie lernt Erzieherin, im dritten Ausbildungsjahr ist sie in einem Kindergarten in St. Georgen tätig. "Ich fühl mich in beiden Welten wohl", sagt die 20-Jährige lachend. Davon abgesehen seien Kinder ihre Welt, etwa ihre kleine Schwester, mit der sie viel spielt. Mit sechs Jahren ist die zwar noch ein bisschen jung fürs Gewichtheben, dafür ist ihr Bruder (18) ebenfalls im SV Flözlingen aktiv.

Sport, Ausbildung, Schule und Familie: Marianne Ohnmachts Alltag ist durchgeplant. Apropos Alltag: Sprudelkisten zu tragen, macht ihr nichts aus. Auch sonst kommt ihr das Training zugute: "Wenn man totalen Ärger hat, dann geht man an die Hanteln und setzt ihn in Kraft um." So wie das Powerfrauen eben machen.