Winfried Hermann (Zweiter von links) schaut sich die Situation in Flözlingen an. Reiner Haas (links) und Anwohner schildern ihm das Problem. Ein selbst gekochtes Glas Marmelade versüßt Hermann den Besuch. Fotos: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Winfried Hermann besichtigt Flözlinger Ortsdurchfahrt / Landespolitiker steht Rede und Antwort zum Thema Mobilität

Von Verena Schickle

Zimmern o. R. Verkehrsminister Winfried Hermann war zu Besuch in Zimmern: Dort sprach er über Mobilität, beantwortete Fragen und hörte sich die Sorgen der Flözlinger an.

Die Flözlinger wissen, wie man sich ins Gespräch bringt. Das ist ihnen am Freitag einmal mehr gelungen: Eigentlich wäre Winfried Hermann (Grüne), Minister für Verkehr und Infrastruktur, von Schramberg direkt zu einer Diskussionsrunde im Café zur Bienenkönig gekommen. Wären da nicht die Flözlinger. Auf Anregung einer Bürgerin hin verließ der Minister die Fünf-Täler-Stadt kurzum eine Stunde eher und legte dafür eine Pause in der Eschachtalgemeinde ein.

Der Vor-Ort-Termin begann an der Weiler Straße, gemeinsam ging’s das Dorf hinunter bis zur Bergstraße. Wo der Landesminister brav zu Fuß läuft, donnern sonst 40-Tonner entlang, die entweder die für die A 81 fällige Maut umgehen wollen oder eine Abkürzung in den Schwarzwald suchen. "Völlig absurd" sei das, beschwert sich ein Anwohner. Um 4.30 Uhr morgens würden die ersten Sattelzüge Richtung Schwarzwald durchs Dorf fahren. Eine andere Frau berichtet, sie habe schon mit dem Auto auf den Gehweg ausweichen müssen, so eng gehe es auf der Straße zu, wenn Lastwagen entgegenkommen.

Zu eng, zu steil, zu kurvig: Das sind Weiler- und Bergstraße für große Laster offensichtlich. Die Flözlinger wollen sie mit Hilfe einer Tonnage-Beschränkung auf zwölf Tonnen aus dem Ort verbannen. Vielleicht sei ein Tempolimit möglich, vielleicht könne man eine Ausweichstrecke ausweisen, entgegnet ihnen der Landespolitiker. Allerdings sei das Land gar nicht zuständig: "Weil wir auch wollen, dass die untere Verkehrsbehörden ihrer Pflicht nachkommen." Sprich: das verantwortliche Landratsamt. Ob das der Fall ist, will er zumindest prüfen. Ortsvorsteher Reiner Haas sagt, er habe sich vor Monaten schon in der Sache an den Kreis gewandt, aber bisher nichts gehört.

Zudem bringt auch er den jüngsten Knatsch mit der Behörde vor: Er berichtet Hermann vom plötzlich verschwundenen Parkplatz an der Kreisstraße 5540 zwischen Zimmern und Flözlingen, den das Straßenbauamt einfach zurückgebaut hatte. Das tut später noch ein erboster Flözlinger im Café zur Bühnenkönigin. Dort sitzt auch der Landrat an einem Tisch und gibt angesichts der harschen Kritik offen zu: "Das ist schlecht gelaufen seitens des Straßenbauamts."

"Winne" Hermann, wie der Minister von seinen Parteigenossen genannt wird, fühlt sich als Leidensgenosse. Die Verwaltung arbeite selbstständig, "und du bist an allem schuld". In Zimmern allerdings hat zunächst er das Sagen. Zwei Drittel der Baden-Württemberger lebten in Ballungsräumen, sagt Hermann. Die Tendenz gehe in Richtung Stadt – deshalb wolle Grün-Rot solche Bedingungen schaffen, dass die Menschen gerne im ländlichen Raum leben. Hermann lobt den Ringzug ("ein wie ich finde vorbildliches Projekt"), will, dass die Gäubahn wenn schon nicht schneller, "dann wenigstens besser" wird (ab 2016 sind IC-Fahrten zu Nahverkehrspreisen möglich), will einen Stundentakt im Busverkehr auch auf dem flachen Land und das Carsharing fördern.

Sein Abstecher in den Landkreis Rottweil steht unter dem Motto "Grün regiert – reden Sie mit!" Diese Chance bekommen die Zuhörer nach dem Vortrag des Ministers. Ortsvorsteher Eugen Mager aus Zepfenhan bemängelt so einen "weißen Fleck" an Radwegen entlang der B 27 nach Balingen. Und der Rottweiler Gemeinderat Hubert Nowack, dass es vom Land zwar Mittel für die Sanierung der Bollershof-/Hausener Straße gibt, aber keine für den Bau eines flankierenden Rad- und Fußgängerwegs. "Für alles ist er nun auch nicht zuständig", springt Oberbürgermeister Ralf Broß dem Minister zur Seite. Der Ausbau sei ein Fall fürs Kommunalparlament, also den Gemeinderat. Und der habe eben befunden, es gebe bereits Feldwege entlang der Straße. Das sei ein lokales Problem, meint denn auch Hermann. "Da misch’ ich mich nicht ein." Aber seine Philosophie sei schon, dass Wege für Fußgänger und Radler direkt und eben sein sollten.

Ortschaftsrat Jochen Baumann aus Zepfenhan hat mehr Probleme mit den Autos: Er will wissen, warum es so schwierig sei, für eine Ortsdurchfahrt eine 30er-Zone zu bekommen. Das lasse die Straßenverkehrsordnung nur in Wohngebieten zu, antwortet der Minister. Die untere Verkehrsbehörde könne solche Maßnahmen deshalb nur bei Lärmschutz oder aus Sicherheitsgründen, also in Ausnahmefällen genehmigen. Da könnten die Zuständigen in den Landratsämtern aber ruhig noch ein bisschen lockerer werden, meint "Winne" Hermann. Damit sie die Spielräume, die sie haben, "möglichst großzügig" auslegen. Beispielsweise in Flözlingen.

Dieses Dorf ist ihm offenbar in Erinnerung geblieben. Ob das auch an der selbst gemachten Marmelade und dem frisch gekochten Johannisbeersaft liegt, die ihm eine der empörten Bürgerinnen mitgebracht hatte?