Am liebsten Traktor fahren: Auf dem Hof von Manfred Haas (links) in Flözlingen lernt David Hasenfuß in den Sommerferien, was es bedeutet, eine Landwirtschaft zu betreiben. Mit dabei ist Lisa, Manfred Haas’ Tochter. Fotos: Schmid Foto: Schwarzwälder-Bote

14-Jähriger nutzt Sommerferien, um Landleben kennenzulernen / Auf dem Haas-Hof in Flözlingen gibt’s viel zu tun

Von Anna Schmid

Zimmern-Flözlingen. Schaffen statt schlafen, Bauernhof statt Strandhotel: Das Programm "Landleben-live" des evangelischen Bauernwerks in Württemberg bringt Jugendliche zur Landwirtschaft, etwa nach Flözlingen.

Ausschlafen bis mindestens um 12 Uhr. Erst mal den Fernseher anschalten und schauen, was so kommt. Der Bewegungsspielraum umfasst zehn Meter – das weitest entfernte Ziel: der Kühlschrank. So oder so ähnlich beginnt bei vielen Jugendlichen der Tag zurzeit. Schließlich sind ja Sommerferien. Ganz anders bei David Hasenfuß aus Ingelfingen (Hohenlohekreis). Um Punkt 7 Uhr klingelt bei ihm der Wecker, und dann heißt es nicht rumlungern, sondern Kühe, Schweine, Pferde und Hühner versorgen.

Der 14-Jährige ist zurzeit im Rahmen des Programms "Landleben-live" des evangelischen Bauernwerks für zwei Wochen auf dem Hof von Familie Haas in Flözlingen. Schonfrist gab es keine. "David hat die zwei stressigsten Wochen des Jahres erwischt", sagt Landwirt Manfred Haas. "Wir fanden noch nicht mal Zeit, mit ihm in den Schwarzwald zu fahren." Stressig bedeutet in diesem Fall: Der Jugendliche arbeitet von 7 Uhr morgens bis 21 Uhr abends auf dem Hof. Und das sieben Tage die Woche. In einer Zeit, in der Gleichaltrige ins Schwimmbad gehen oder einfach mal nichts tun.

"Am Anfang war ich noch etwas vorsichtig mit den Tieren, aber mittlerweile klappt es ziemlich gut", antwortet David auf die Frage, ob es Berührungsängste gab. "Aber am meisten Spaß macht das Bulldogfahren auf dem Hof und den Feldern." Manfred Haas schmunzelt – "ist halt ein richtiger Kerle". Er fügt hinzu, dass David aber schon Erfahrungen mitgebracht habe und das Einarbeiten somit kein Problem gewesen sei.

Gleich am ersten Tag kam es zu einer Betriebskontrolle durch Mitarbeiter des Prüfsystems QS. Eine besonders angespannte Situation – zumal diese erst einen Tag zuvor angekündigt wird. Auch beim "Abferkeln" war der 14-Jährige eine tatkräftige Unterstützung: Innerhalb von zwei Tagen wurden 24 Ferkel geboren. Diese hat er gemeinsam mit Dunja Haas, der Frau von Manfred Haas, kastriert, geimpft und mit Ohrenmarken versehen.

Es bleibt also so gut wie keine Zeit für Heimweh. Die Frage, was einen jungen Menschen heutzutage zu einer derartigen Erfahrung bewegt, kommt auf. "Ich arbeite einfach gerne – vor allem mit Fahrzeugen. Meine Mutter hat von dem Programm in der Zeitung gelesen und sofort an mich gedacht." Außergewöhnlich, dass es noch junge Menschen gibt, die ihr Rad und die Laufschuhe – in seiner Freizeit macht David normalerweise Leichtathletik oder fährt Fahrrad – in den Ferien gegen die Mistgabel und einen Traktor eintauschen.

Die zwei Wochen Bauernhof sind für den Jungen fast zu Ende, er zieht Bilanz. Er habe viel Spaß gehabt, er bereue die Teilnahme auf keinen Fall. Allerdings war es noch stressiger, als er es sich vorgestellt hatte. "Früher wollte ich immer Landwirt werden, aber ich merke, dass das ohne eigenen Hof schwierig ist."

Das Programm "Landleben- live" ist ein Angebot des evangelischen Bauernwerks in Württemberg. Es vermittelt Jugendliche und junge Erwachsene an Höfe in Baden-Württemberg – von Städtern, die das Landleben hautnah erfahren wollen, über "Vorbelastete", die einmal den Ablauf in einem anderen Bauernhof kennenlernen möchten, bis hin zu jungen Menschen, die das Projekt als Berufsorientierung nutzen, es gibt unterschiedliche Motivationen, das zu machen.

Manfred Haas ist Mitglied im evangelischen Bauerwerk und so auf das Projekt aufmerksam geworden. Er sieht es als Chance an, "die Landwirtschaft der Öffentlichkeit näher zu bringen". Außerdem stelle David eine enorme Hilfe für ihn dar. "Er ist wie einer von uns." Daher fände er es auch schön, wenn noch ein paar mehr Bauern aus der Umgebung mitmachen würden. Das Programm "Landleben- live" läuft das ganze Jahr über, und Interessierte – egal ob Jugendliche, junge Erwachsene oder Bauernfamilien – können sich bei Veronika Grossenbacher unter Telefon 07942/1 07 12 melden.

Weitere Informationen: www.landleben-live.de