Hanna Mager fühlt sich in ihrem Verkaufsstand im "Steinhäuslebühl" wohl. Dort bietet sie Spargel und Erdbeeren an. Foto: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei der 79-jährigen Hanna Mager gibt es Spargel und Erdbeeren – und mit jedem Kunden ein kurzes Gespräch

Von Verena Schickle

Zimmern o. R. "Und, genießt Du Deinen Ruhestand?", fragt Hanna Mager die Neu-Rentnerin, die vor ihrer kleinen Hütte steht und einkaufen möchte. Wie das wohl ist? Daran denkt Mager noch nicht. Die 79-Jährige steht stattdessen während der Spargelsaison bald jeden Tag mit ihrem Verkaufsstand auf dem Parkplatz der Zimmerner Diskothek Fame.

Für Hanna Mager ist dieser Job seit 15 Jahren die Arbeit nach dem Arbeitsleben. Denn eigentlich ist auch sie mit 65 in Rente gegangen. Im Sommer darauf allerdings habe sie mitbekommen, dass der Waßmer-Hof aus Schlatt bei Bad-Krozingen jemanden sucht, der in Zimmern sein Gemüse verkauft. Da war’s um die rüstige Seniorin geschehen. "Es hat mir einfach Spaß gemacht", erzählt sie. Und weil es das noch heute tut, ist sie immer von Ende April bis Ende Juni neben dem "Fame" zu finden, in Stoßzeiten hilft ihre Tochter mit.

"Ich bin ja noch keine 80, also kann ich auch noch Spargel verkaufen", sagt sie lachend. Dazu kommen Erdbeeren, Kartoffeln und Wein. "Ich hab ein großes Sortiment, und kaum Platz für die Füße." In und auch vor der Hütte wird es manchmal tatsächlich eng. Am Tag vor Christi Himmelfahrt, erinnert sie sich, musste mancher Kunde eine halbe Stunde lang anstehen, bis sie ihn bedienen konnte.

Früher hat Hanna Mager nebenher noch Socken gestrickt, inzwischen sind ihre Augen zu lichtempfindlich, um sich in der Sonne auf die Maschen zu konzentrieren. Aber dazu hat die Zimmernerin ja auch im Winterhalbjahr genug Zeit. Langeweile verspürt sie auch dann nicht. "Ich weiß gar nicht, wie man das schreibt." Trotzdem sei es natürlich anders, wenn sie arbeitet. "Da ist man immer unter Leuten." Die nächsten kommen schon, Pause hat Hanna Mager kaum Mal. Für eine junge Frau befüllt sie eine Plastiktüte mit den weißen Stangen. "Wenn’s zu viel ist, bringen Sie’s wieder", sagt sie zu ihrer Kundin mit einem Augenzwinkern, "Aber gekocht."

Die Gespräche mit den Kunden sind es, die ihr so gefallen. Kürzlich habe ihr ein junger Mann gesagt, es mache ihm Spaß, bei ihr einzukaufen, erzählt Hanna Mager. Das war für sie das schönste Kompliment, deshalb steht sie jeden Tag gern in ihrer Bude.

Zumal der Spargelverkauf für Hanna Mager nicht nur Arbeit, bedeutet sondern Erinnerungen wach hält. Sie wurde in Schlesien geboren, zog mit ihrer Familie zunächst nach Sachsen und dann als 19-Jährige in den Schwarzwald. 1975 kam sie mit ihrer eigenen Familie nach Zimmern, ins Elternhaus ihres Mannes. In ihrem Heimatort in Schlesien gab es einen Bauernhof, wo Spargel verkauft wurde. "Das hat mir damals schon gefallen", erinnert sie sich. Das ist lange her. Inzwischen ist viel passiert und Hanna Mager achtfache Großmutter. Dazu kommen zwei Urenkel. Die Zeit vergeht.

Und die Lust auf Spargel? Die hat Hanna Mager noch längst nicht verloren. Wenn sie nach Hause kommt, dann kocht sie – natürlich das weiße Gemüse. Nach so einem Arbeitstag hat die 79-Jährige Hunger. "Ich steh’ ja hier an der frischen Luft", sagt sie, und lacht wieder.