Für Rolf Schittenhelm, Wirt der Hirschbrauerei in Flözlingen, hat Tradition einen hohen Stellenwert. Foto: Fleig

Abschluss in zwei Wochen. Ursprünglicher Charakter über Jahrhunderte hinweg bewahrt.

Zimmern-Flözlingen - Trotz Brand, technologischem Fortschritt und Generationenwechsel: Die Hirschbrauerei in Flözlingen hat sich ihren ursprünglichen Charakter über die Jahrhunderte hinweg bewahrt. Daran sollen auch die aktuellen Bauarbeiten nichts ändern.

"Die Leute kommen zu uns seit Generationen. Sie wissen, was sie erwartet", sagt Rolf Schittenhelm und lächelt. Für den Wirt der Hirschbrauerei in Flözlingen hat Tradition einen hohen Stellenwert. Deshalb legt er Wert darauf, dass der ursprüngliche Charakter des Gasthofs bei den aktuellen Baumaßnahmen erhalten bleibt. "Wir bleiben so urgemütlich wie wir sind", sagt der Brau- und Mälzermeister verschmitzt.

Notwendig sind die "kleinen Kosmetikarbeiten", wie Schittenhelm sie nennt, dennoch. "Unsere Theke hat ihre Dienste getan", erklärt der Wirt. Immerhin hatte sie ein stattliches Alter erreicht – Schittenhelm hatte beim Abbau eine "Anno 1977"-Notiz an der Unterseite entdeckt. Im Zuge der Baumaßnahmen wird auch der Boden erneuert, statt verhärtetem Linoleum erwartet die Gäste in etwa zwei Wochen ein Belag in Holzoptik.

Das Hauptaugenmerk soll aber der neuen Theke gelten, erklärt der Wirt. Seine Augen leuchten, als er Entwürfe zeigt. Sie erhält Mauerwerkelemente, die den rustikalen Charakter unterstreichen. Eine verspielte Schanksäule aus Kupfer "soll ein kleiner Blickfang sein". Ansonsten verändere sich der Gastraum nicht. "Wenn es bis jetzt zeitlos war, dann wird es das auch bleiben", sagt der Braumeister und schmunzelt.

Er blickt auf eine lange Tradition zurück, seit 1793 befindet sich das Gasthaus in Familienhand. Seither haben etliche Generation kleine Sanierungsarbeiten am Gebäude vorgenommen. Dieses befindet sich noch heute auf den ursprünglichen Grundmauern in der Flözlinger Ortsmitte. Das darauf errichtete Mauerwerk allerdings stammt aus den frühen 1920er-Jahren. Damals hatte ein verheerender Brand den Gasthof bis auf die Grundmauern vernichtet.

Schittenhelm weiß von seinen Großvätern, wie sich das Unglück zugetragen hatte. Mit einer Dampfwalze hatte man 1920 während eines heißen Hochsommers die Hauptstraße geplättet, als die Maschine Funken schlug. Diese stoben ins Nachbargebäude und griffen von dort aus rasch auf die Hirschbrauerei über. Zwar rückte die Feuerwehr an – allerdings konnte der Maschinist den neuen Löschwagen nicht bedienen. So habe man hilflos dabei zugesehen, wie die beiden Gebäude niederbrannten.

Einzig der Kühlraum des Hirschs überstand das Inferno, da dort trotz Hochsommers noch reichlich Eis eingelagert war. Das hatte in Zeiten ohne vollautomatische Kühlung das eingelagerte Bier konstant auf null bis zwei Grad temperiert. Dafür hatte in den Wintermonaten stets die ganze Nachbarschaft Hand in Hand geschuftet, erinnert sich Schittenhelm an die Schilderungen seiner Großväter. Kiloweise wurde Eis in einer Quelle gestochen oder durch das Vernebeln von Wasser hergestellt.

Inzwischen ist das Kühlen der eingelagerten Biere zwar einfacher geworden, das Erhitzen der Maische zu Beginn des Brauprozesses allerdings bleibt hohe Handwerkskunst, wie der Wirt erklärt. Denn der Braumeister beheizt seine Kessel immer noch mit Holz, dabei seien beim Bierbrauen kleinste Temperaturunterschiede entscheidend, erläutert Schittenhelm in seinem Sudhaus. "Das lernt man auf keiner Schule, sondern nur, wenn man seinem Vorgänger über die Schulter schaut", sagt der Brau- und Mälzermeister.

Seine Biere und die selbstgebrannten Schnäpse gehen zur Hälfte über den Tresen seines Gasthauses. Den Rest füllt er ab. Von einer der kleinsten Brauereien der Republik geht sein "Flözlinger Spezial" dann bis nach Schanghai, wie Schittenhelm erzählt.

Inzwischen füllt sich auch der Biergarten in Flözlingens Ortsmitte mit Gästen, die mit dem Wirt scherzen. Der Garten grenzt an das Festzelt an, das der Wirt aufgestellt hat, um den Betrieb auch während der Baumaßnahmen zu ermöglichen. In zwei Wochen allerdings soll der Betrieb langsam wieder ins Gasthaus verlagert werden. Dann soll der traditionelle Gastraum wieder in frischem Glanz erstrahlen.