Stettener schreiben offenen Brief zu geplantem Neubau in Mariazeller Straße 12 / Infoveranstaltung am Mittwoch

Von Verena Schickle

Zimmern-Stetten. Was den einen – nämlich den Stettener Ortschaftsrat – glücklich macht, kommt beim anderen – den Anliegern – nicht gut an: Stettener Bürger haben sich zusammengetan und einen offenen Brief an den Bürgermeister formuliert. Es geht um das geplante 14-Familien-Haus.

Der Ortschaftsrat war angetan: Ein Bauträger möchte das landwirtschaftliche Anwesen in der Mariazeller Straße 12 abreißen und stattdessen ein ein 14-Familien-Haus mit drei Vollgeschossen und Satteldach errichten (wir berichteten). Mit der entsprechenden Bauvoranfrage hatte sich das Gremium am 21. Januar befasst. Die Sitzung war zwar öffentlich, allerdings stand das Vorhaben nicht auf der Tagesordnung. Tatsächlich ist dort nur der Punkt Bauangelegenheiten zu finden. Genau unter diesem hatte dann einer der Investoren, Alex Kropatschew, das Projekt erläutert.

Das ist einer der Steine des Anstoßes für die Anlieger der Mariazeller Straße: "Aus der Tageszeitung haben wir von dem Bauvorhaben [...] erfahren", kritisieren sie in einem offenen Brief an Bürgermeister Emil Maser und den Gemeinderat. Dieser sollte der Zimmerner Verwaltung gestern zugehen. "Uns als Anlieger der Mariazeller Straße erfüllt das Projekt sowie die gesamte Vorgehensweise mit Befremden", heißt es weiter.

Sie wundern sich nämlich zudem, dass das Vorhaben auch auf der Tagesordnung der folgenden Gemeinderatssitzung nicht zu finden war. Stattdessen hätten sie wieder aus der Presse von der Beratung erfahren.

Das indes hatte einen formalen Grund: Die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung am 27. Januar stand bereits fest, als das Stettener Gremium die Bauvoranfrage positiv beschied. Also konnte sich der Gemeinderat nur unter dem Punkt "Bauangelegenheiten – Bekanntgaben und Verschiedenes" damit befassen. Allerdings erhielt der Bauträger auch vom Zimmerner Gremium in der Mehrheit positive Signale.

Um eine Bauvoranfrage habe es sich in der Sitzung Ende Januar nicht gehandelt, erklärte Bürgermeister Maser den Anliegern auf Anfrage, wie diese weiter schreiben (tatsächlich war es laut Verwaltung eine nichtförmliche Anfrage). Und sie wundern sich, warum die Wohnungen dann einen Tag nach der Sitzung bereits im Internet angeboten worden seien.

"Gelten in den Ortsteilen andere Gesetze?", wollen sie wissen. Schließlich habe der Gemeinderat sich jüngst gegen den Bau eines Mehrfamilienhauses in der Zimmerner Heerstraße gestellt. Warum ein Nein für dieses Projekt, aber Zustimmung für das im Eschachtal?

"Wir als Anlieger der Mariazeller Straße, die größenteils hier geboren und aufgewachsen sind, sehen uns zugunsten von profitorientierten Größenphantasien um unsere Heimat und Kindheitserinnerungen betrogen", erklären sie. Der geplante Neubau sei ein Koloss, das Ortsbild werde dadurch beschädigt. "Das ist der einzige idyllische Ortskern, den wir noch haben", meint auch Claudia Hils, eine der Unterzeichnerinnen. Darüber hinaus halten sie und ihre Mitstreiter die Wohnlage nicht für so attraktiv, wie vom Bauträger offenbar erhofft. Schließlich mangele es in der Eschachtalgemeinde an Infrastruktur. Die "Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs ohne ein eigenes Fahrzeug" gestalte sich äußerst problematisch, auch durch die "mangelhafte Anbindung an den ÖPNV". Dabei schwingt noch eine andere Sorge mit: Was, wenn das Haus dasteht, aber plötzlich keiner drin wohnen will, eben weil die Lage – laut Claudia Hils wenig Sonne und zunehmend Durchgangsverkehr – nicht attraktiv ist? Es gibt schon genug Leerstände, findet die Stettenerin.

Federführend ist ihr Bruder Jürgen Hils, unterzeichnet haben aber insgesamt 15 Anlieger: neben dem Erstgenannten Klaus Hils, Claudia Hils und Joachim Hak, Norbert und Juliana Natschke, Margret und Alfons Müller, Jürgen und Jennifer Hils, Lina Millhäusler, Konstantin und Anja Hils, Monika Hils sowie Claudius und Ilona Jauch.

Wo bleibe die Demokratie, wenn der Bürger nicht im Voraus in solche Projekte eingebunden wird, fragen sie. Ihr Brief endet mit dem Satz: "Wir, die Unterzeichnenden, treten für den Erhalt der dörflichen Strukturen hier in Stetten sowie im gesamten Gemeindegebiet von Zimmern ein." Und dann kommt da noch ein Nachtrag, hinzugefügt als Reaktion auf die Infoveranstaltung, zu der der Ortschaftsrat Stetten im aktuellen Amtsblatt einlädt: Die Unterzeichner begrüßen die Veranstaltung, bedauern aber, dass es erst aufgrund ihres Vorsprechens dazu gekommen sei. Ursprünglich sollte das Ganze ohne Öffentlichkeit über die Bühne gehen – auch das bedauern die Briefschreiber. In der Einladung heißt es, der Ortschaftsrat wolle die Bürger über das Projekt informieren, nachdem "das Bauvorhaben bei den unmittelbaren Anliegern und auch in der Bevölkerung selbst zunehmend Fragen aufgeworfen hat".

Derweil sammeln die 15 Stettener weitere Unterschriften: Sie wollen die Meinung all ihrer Mitbürger zum Thema einholen und gehen deshalb von Haus zu Haus. u Die Bürgerinformationsveranstaltung findet am morgigen Mittwoch, 19.30 Uhr, im Mehrzweckraum des Feuerwehrhauses Stetten statt.