Die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Wolfach haben sich den Fragen des Publikums gestellt. Fotos: Adler Foto: Schwarzwälder-Bote

Zwölf Bürgermeisterkandidaten präsentieren sich in der Wolfacher Festhalle / Fast 1000 Zuhörer zeigen Interesse

Von Markus Adler

Wolfach. "Man darf über alles reden. Nur nicht über zehn Minuten", hat Kurt Tucholsky gesagt – genau diese Zeit stand den zwölf Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Wolfach bei der Vorstellung zur Verfügung. Der "Schwabo" gibt einen Überblick, wie sich die Kandidaten bei ihrem Auftritt geschlagen haben.

Nicht jeder der Bewerber zeigt sich der psychologischen Drucksituation, vor 1000 Leuten reden zu müssen, wirklich gut gewachsen. Denn in den zehn Minuten Redezeit sind die Kandidaten ganz allein auf der Bühne – mit dem erwartungsvollen Saal vor sich wie eine Wand. "Vielen geht es dabei wie bei der Führerscheinprüfung", beschreibt ein Beobachter: "Draußen wissen sie alles noch, aber im Saal sieht es anders aus."

Frank Eggert macht den Anfang und liefert einen starken Auftakt ab, den ihm nicht alle zugetraut haben. Er macht sich für einen eventuellen Kindergartenneubau stark und betont, dass insbesondere die Straßensanierung ein wichtiges Anliegen sei: "Der Zustand unserer Straßen und Wege ist ein Qualitätsmerkmal für Wolfach."

Maik Knötig schöpft die zehn Minuten nicht voll aus und ist schon nach etwas mehr als sechs Minuten fertig. Er betont, welche Eigenschaften ein Bürgermeister braucht und spricht davon, dass die fachlichen Fähigkeiten nur 30 Prozent ausmachen und die menschlichen etwa 70 Prozent. Er wirkt etwas nervös und ein bisschen blass angesichts der vielen Zuhörer.

Die erste gute Pointe des Abends landet Kandidat Nummer drei Sascha Koffer: Er vergleicht den 12. Oktober und seinen möglichen Amtsantritt mit der Leistungsbilanz der Frauen-Nationalmannschaft, die seit 2007 jede Menge Titel geholt hat. Er gibt auch einen Einblick in das Seelenleben eines Bewerbers: "Ich würde lieber gar nicht hier oben auf der Bühne stehen, sondern unten unter Ihnen."

Martin Haas erläutert ausführlich, welche Firmen er nach Wolfach holen will und verspricht sich davon mehr Umsatz für die Firmen und mehr Gewerbesteuer für die Stadt. Spätestens als er seine musikalischen Fähigkeiten und Talente als Argument für seine Kandidatur in die Waagschale wirft, wird zumindest im Foyer der Halle gelacht.

Petra Fränzen bekommt für ihre inhaltliche Rede viel Beifall: "Wir können uns nicht darauf verlassen, dass es der Bürgermeister richten wird. Alle Partner müssen gleichberechtigt behandelt werden", sagt die Förderschulleiterin. Sie macht auch konkrete Vorschläge wie eine Regionalwährung, einen Ehrenamtskalender und einen Landschaftspflegetag, aber ihrem Beitrag fehlt ein bisschen das persönliche Moment, sodass dieser etwas trocken herüberkommt.

Kandidaten überzeugennicht alle vollkommen

Volker Seelherr wirft einen ästhetisch motivierten Blick auf die Stadt an Wolf und Kinzig und spricht von einem "organischen Bild der Stadt", die er auch in kultureller Hinsicht weiterentwickeln möchte und bringt dabei auch explizit architektonische Gestaltungselemente ins Spiel. Allerdings bleiben diese Ideen etwas im Vagen und werden nicht für jeden konkret greifbar.

Einen Kunstgriff macht Wolfram Alster: "Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich die Stadt vor, wie sie sie kennen und die Menschen, die in ihr leben." Und nach einer kurzen Meditationsreise: "Jetzt machen Sie die Augen wieder auf. Dann haben Sie das Gefühl, das ich ihnen zu vermitteln versuche." Er sehe gewaltiges Potenzial in der Stadt, ist er nach fünf Minuten schon fertig.

Den Punktsieg für die beste Bewerbungsrede an diesem Abend fährt Harald Bollweber ein: Emotionen und Humor ("Bist du wahnsinnig?" als Reaktion eines Freundes auf die Bewerbung), eine überzeugende Motivation und Mut zum Tabubruch ("Wir sind als einzelne Gemeinden nicht für die Herausforderungen der Zukunft aufgestellt und brauchen eine Reform") sind eine runde Sache. Einziger Wermutstropfen: Seine unwirsche Reaktion auf die etwas provokante Frage, ob der 59-Jährige nur ein Bürgermeister für eine Amtsperiode wäre.

Kandidat Nummer neun Thomas Geppert taut erst ein bisschen auf, als er neun Minuten seiner Redezeit herum hat und bleibt etwas unter den Erwartungen. Er wirkt anfangs nervös und ein wenig gehetzt – seine Grundsätze sind okay, bieten aber nur wenig Spektakuläres: "Es kann im Haushalt nur finanziert werden, was auch gestemmt werden kann."

Michael Paul wird als erfahrener Kommunalpolitiker von manchem Wolfacher als Favorit gehandelt, doch dieser Rolle wird er an diesem Abend nicht ganz gerecht. Er will keinen Katalog von Versprechungen abgeben und kommt ein wenig präsidial und merkelig unverbindlich herüber – mehr Kante zeigt er bei einer Frage, als er ankündigt, er werde zur Durchsetzung von Zuschusswünschen regionale Abgeordnete notfalls auch nerven.

Christian Maier kommt als Kandidat Nummer elf zu Wort und hat sich inhaltlich sichtlich sehr gut vorbereitet. Er redet aber sehr schnell und macht auch kaum mal eine kurze Pause, um seine Ausführungen wirken zu lassen. Er will bei der Straßensanierung das Land in die Pflicht nehmen, um die vor rund 40 Jahren gebauten Wege in Schuss zu bringen.

Entspannt und souverän tritt auch Heiko Schwer ans Pult: Er ist nach 6:30 Minuten fertig und hat vorher die Frage nach dem guten Bürgermeister so beantwortet: "Es gilt viele Themen anzugehen. Ein guter Schultes ist einer, der die Nöte und Ängste der Bürger beseitigt und sich um die Belange der Stadt kümmert."

Die größte Falle für das Kandidatenheer ist aber, genau den gleichen Gedanken wie der Mitbewerber zu haben. "Ich kandidiere nur in Wolfach, weil es meine Stadt ist oder weil es die Gemeinde ist, mit der ich mich besonders verbunden fühle", bekommen die Besucher gleich fünfmal zu hören. Kurt Tucholskys Aussage in puncto zehn Minuten sollte im Wolfacher Fall um diesen Punkt ergänzt werden.

u Einen Überblick über die wichtigsten Themen der Kandidaten lesen Sie in der Freitagsausgabe.