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Das ganz persönliche Weihnachtsmärchen von Shetlandpony Ritchy.

Halbmeil - Das Leben ist kein Ponyhof – wer kennt den Spruch nicht. Für Shetlandpony Ritchy aber war die Floskel bis vor vier Jahren traurige Realität – bis am 24. Dezember 2011 sein ganz persönliches Weihnachtsmärchen Wirklichkeit wurde.

Es begab sich, dass die Familie Bösel aus Wolfach-Halbmeil seinerzeit im Spätherbst ein Anfängerpferd zum Reiten für die damals zehnjährige Tochter Jessica suchte. Sie lasen die Zeitungsannonce, in der Ritchy zum Verschenken angeboten wurde. Trotz ihrer Unerfahrenheit hinsichtlich Pferdehaltung erkannten die Bösels die ungeeigneten Umstände, in denen das Tier lebte. Das Fell wies Fehlstellen auf. Der Zustand der Hufe zeugte von Behandlungsbedarf.

Die Familie kontaktierte Tierarzt Meinhard Sieder und erklärte die Situation, auch dass ein Zweitpferd nicht geplant sei. Das einzeln gehaltene Tier kannte kein Herdenleben und nach eingehender Rücksprache mit Sieder entschieden die Bösels, Ritchy mit ihren Kamerunschafen zu vergesellschaften. Beim Besichtigungstermin war das Shetty zahm und ließ sich schön streicheln. "Wir hatten ja keine Ahnung von Pferdehaltung und was es bedeutete, dass Ritchy ein Hengst war", erinnern sich Angelika und Günther Bösel.

Am Morgen des Heiligen Abends 2011 war es soweit: mit dem Hänger von Zuchtfreund Gregor Firner kam das Shetty zur großzügigen Weide vom Kleintierzuchtverein Wolfach oberhalb der Freizeitanlage Biesle – und da zeigte Ritchy, was mehr als 200 Kilo geballte Körperkraft anstellen können.

"Nachdem er auf der offenen Weide war, traute sich außer mir keiner mehr rein", entsinnt sich Günther Bösel. Er hat sich mit Ritchy so manchen Ringkampf geliefert, weil der Bursche stieg und mit den Hufen auf den Schultern seines Halters landete. Viele Bisswunden und vor allem blaue Flecken bescherte der Hengst seinen neuen Besitzern. Es habe ein Jahr gedauert und viel Geduld und Spucke gebraucht, um dem damaligen Flegel Manieren beizubringen, blickt die Familie zurück.

Für die zwingend notwendige Erziehung wurde professionelle Hilfe in Anspruch genommen, nachdem der Gesundheitszustand des Tieres mit Hilfe von Tierarzt Sieder wieder hergestellt worden war. Auch wurde er mit einem Chip versehen sowie die notwendigen Papiere für das Pony beantragt.

"Die Mühe hat sich gelohnt", sind sich die Familie und der Tierarzt einig. Wer unter der üppigen Mähne in die sanften Pferdeaugen blickt, verfällt augenblicklich dem Charme von Ritchy. "Heute wissen wir, das wir zum damaligen Zeitpunkt sehr naiv gehandelt haben", sieht Günther Bösel ein. Spontane, gut gemeinte Tierrettungen sollte man sich gut und reiflich überlegen. Letztendlich wurde aus dem ungestümen Hengst ein Wallach und die Weide konnte auch mal mit Besuch betreten werden. Jessica ist dann auch kurze Strecken auf ihm geritten, bis sie zu groß für das kleine Pony wurde. Jetzt unternimmt die ganze Familie oft lange Waldspaziergänge mit Ritchy. Seine tatsächliche Herkunft oder genaues Alter ist unklar.

"Für uns ist das egal, wir haben ihn in unser Herz geschlossen und er ist für uns nicht mehr weg zu denken", sind sich Bösels einig: "An Heilig Abend nehmen wir uns immer besonders viel Zeit für unser Weihnachts-Shetty für ausgiebiges Putzen, eine extra Portion Müsli, spielen und toben auf der Weide, das macht er nämlich besonders gern."