Noch im Juli empfing Schulleiter Heinz Ulbrich (links) die Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Mitte) in den Beruflichen Schulen Wolfach. Dabei wurden eine ganze Menge Missstände in der Bildungspolitik angesprochen, zum Beispiel die "Klappklassen". Foto: Steitz

Angemeldete springen ab / Lehrer weiter in Einrichtung beschäftigt / Schulart 2018/19 anbieten

Eine unliebsame Überraschung hat sich zum Schuljahresbeginn für die Beruflichen Schulen Wolfach ergeben: Trotz guter Anmeldezahlen kamen die Klassen 1BKFHW und 1BKFHT nicht zustande. Der Schulleiter will den Zweig nicht aufgeben.

Wolfach . Noch am Freitag, 8. September, hatten sich 18 Schüler für das einjährige Berufskolleg zur Erreichung der Fachhochschulreife mit dem Profil Wirtschaft (BKFHW) und Technik (BKFHT) angemeldet. Am Montag, 11. September, pünktlich nach Ferienbeginn, standen aber nur noch 13 Jugendliche im Schulgebäude – Der Rest hatte ein anderes Beschäftigungsangebot aus der Wirtschaft angenommen und war nach dem Wochenende abgesprungen.

Vor allem beim Profil Wirtschaft waren die meisten von den angemeldeten nicht zum Schulanfang in der Wolfacher Einrichtung erschienen. Mit einer Klassengröße von vier Personen konnten die Wolfacher dann nicht mehr operieren.

Arbeit ist attraktiver

Auslöser seien laut Schulleiter Heinz Ulbrich die gute Wirtschaftslage und damit verbundenen attraktive Angebote aus der Industrie gewesen. Noch vor wenigen Jahren konnte das BKFH sogar mit zwei voll besetzten Klassen glänzen. Die damals unsichere Wirtschaftslage habe es für junge Menschen, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten und keinen angemessenen Arbeitsplatz fanden, attraktiv gemacht, sich weiterzubilden und die Fachhochschulreife anzustreben.

Der derzeitige Fachkräftemangel führte aber bereits in den vergangenen Jahren zu einem bedauerlichen Rückgang der Schülerzahlen, wobei sich der dramatische Einbruch in diesem Jahr vor den Sommerferien nicht angedeutet hatte.

Unumstritten ist, dass es für die Schüler ein gewisses Wagnis darstellt, auf eine Weiterbeschäftigung in ihren Betrieben zu verzichten und, teilweise nach jahrelanger Pause in manchen Fächern, plötzlich wieder die Schulbank in Wolfach zu drücken, heißt es.

Sehr heterogene Klassen mit unterschiedlichsten Ausbildungsberufen hätten es sich Jahr für Jahr zum Ziel gesetzt, den Absolventen in circa zehn Monaten einen einheitlichen, hohen Bildungsstand zu ermöglichen, der sie zum Ablegen einer Fachhochschulprüfung sowie eines anschließenden Studiums befähigte. Mit tatkräftiger Unterstützung der Lehrkräfte sei es dabei gelungen, in Wolfach ausgezeichnete Ergebnisse zu erzielen: Allein im vergangenen Juni glänzten die Schüler der Vorgängerklasse mit einem Notendurchschnitt von 2,1 bei der Fachhochschulreifeprüfung.

Was die jetzige Anmeldeproblematik betrifft, kann indes aufgeatmet werden – wenigstens in der Hinsicht, dass die Beruflichen Schulen kein Personal deshalb abbauen müssen: "Wir haben alle Lehrer, die hätten in den Klassen unterrichten sollen, behalten können", teilt Schulleiter Ulbrich mit. Durch interne Strukturveränderungen hätten sich Weiterbeschäftigungsangebote ergeben.

Alle weiter vermittelt

Auch keiner der Schüler, die am Montag in der Wolfacher Einrichtung aufschlugen, steht nun "auf der Straße", erläutert Ulbrich. Er habe sich um die Vermittlung an andere Einrichtungen, gekümmert. Nachdem durch Bescheid vom Regierungspräsidium Freiburg am Montag feststand, dass diese extrem kleine Klasse nicht geführt werden kann, wurden die Schüler bereits am Dienstag an die Schulen in der Umgebung weitervermittelt, damit sie ohne signifikanten Zeitverlust ihre Weiterbildung beginnen konnten.

Kurzfristig wechselten die Schüler zu den Kaufmännischen Schulen sowie der Gewerblich-Technischen Schule in Offenburg. Manche von ihnen seien sogar nach Freudenstadt oder Schramberg gewechselt, je nachdem, wo sie ihren Wohnsitz haben. "Diejenigen, die zwei Tage in Wolfach waren, haben sich nun anderen Standort eingelebt", urteilt der Schulleiter nun.

Dennoch: Die Wehmut bleibt. Das Problem der mangelnden Auslastung des einjährigen Berufkollegs belastet jedoch nicht nur die Wolfacher Einrichtung. "Die Schularten sind dieses Jahr an keinem Standort voll belegt", bekennt Ulbrich. "Natürlich haben wir mit der Schulart gerechnet", so der Schulleiter.

Hoffnung bleibt

"Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass nächstes Jahr die Klassen belegt werden können, was uns für den Standort, die Region und Schüler, die einen kürzeren Anfahrtsweg hätten, natürlich freuen würde", gibt sich Ulbrich kämpferisch.

Fest steht, dass die Schulart BKFHW und BKFHT an den Beruflichen Schulen Wolfach auch weiterhin angeboten wird. Erfreulich sei diesbezüglich, gibt die Schule bekannt, dass es bereits Anfragen von potenziellen Schülern für 2018/19 für diese Schulart gibt. Theoretisch – sollten nicht wieder kurzfristig so viele auf einmal abspringen – könnte den Beruflichen Schulen und der Wirtschaftsregion dieser Schulzweig 2018/19 also dennoch erhalten bleiben.

INFO

Bewerbung

Für die Klassen BKFHW und BKFHT können sich interessierte Realschüler und Facharbeiter mit dem Halbjahreszeugnis Anfang 2018 wieder anmelden. Wie Schulleiter Heinz Ulbrich bekannt gibt, könnten die Bewerbungsformulare im Januar/Februar auf der Homepage ausgefüllt werden. Die Internetseite lautet www.bs-wolfach.de.