Eine Anwohnerin hat mehrere Demonstrationsplakate an einem Fahrrad angebracht. Auf einem steht: "In Erinnerung – in memoriam – gefällt am 14. Juli". Foto: Schwarzwälder-Bote

Baumfäll-Aktion des Regierungspräsidiums für Umbau des Wehrs am Brückenwaagteich zieht Kritik nach sich

Von Arwen Möller und Klaus Bea

Wolfach. Nachdem im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg der Umbau des Wehrs am Brückenwaagteich in Wolfach ansteht, sind seitens des Bauherrn am Dienstag für die Baustellenzufahrt die Bäume am Damm gefällt worden (wir berichteten). Das stößt auf Kritik – vor allem, weil über die Aktion im Vorfeld nicht informiert wurde.

Kahl erstrahlt der Damm nun in der Sommersonne. Am vergangenen Dienstag sind dort drei Kastanien- und sechs Platanen-Bäume gefällt worden. Am Montagmittag wurde wegen der Aktion abgesperrt, am Dienstagmorgen erfuhren die Bürger davon.

Die Anlieger

Damm-Anlieger Christoph Hoffmann war überrascht, als ohne Vorwarnung am Dienstag ab 8.30 Uhr die Bäume gefällt wurden. Er fand die Platanen zwar nicht ideal, am fast gegenüberliegenden Spielplatz wären sie als Schattenspender perfekt gewesen. Er findet: "An den Damm gehören traditionell Kastanienbäume wie früher." Schon alleine wegen des einheitlichen Bilds links wie rechts der Kinzig.

Doch es ärgert ihn, dass die Anlieger vorher nicht benachrichtigt wurden. Das wäre eigentlich richtig gewesen. Aber irgendwie stimme die Kommunikation nicht. Deshalb plant er, eine Petition mit Unterschriften von Bürgern in die Wege zu leiten, um diese Bürgermeister Thomas Geppert zu überbringen. "Für die Zukunft", so Hoffmann, "wäre es wünschenswert, eine bessere Kommunikation zwischen Rathaus und Bürger aufzubauen, um Ungereimtheiten auszuschließen."

Gänzlich gegen die Baumfäll-Aktion ist offensichtlich eine andere Anliegerin der Dammstraße. Sie hat mehrere Demonstrationsplakate an einem Fahrrad angebracht. Auf einem steht: "In Erinnerung – in memoriam – gefällt am 14. Juli".

Der BUND

"Nun sind wieder Bäume in Wolfach gefallen", kritisiert auch Angelika Kalmbach-Ruf vom Vorstand des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) im Kinzigtal. Platanen seien zwar nicht die Umweltbäume Nr. 1, diese hätten jedoch zum CO2-Austausch, zum Schatten und zum positiven Stadtbild beigetragen. "Gravierend ist die Tatsache, dass die Bevölkerung nicht von der Maßnahme informiert wurde; es wurde hier nach ›Gutsherrenart‹ verfahren", findet die Umweltschützerin klare Worte. Der BUND habe von der Aktion nichts gewusst. Auch konnte sich Kalmbach-Ruf nicht vorstellen, dass außerhalb der Sperrfrist dort Bäume gefällt werden. Denn laut Baumschutzrichtlinien ist eine Fällung zwischen März und September nicht möglich.

Auch wundert sie, dass im Vorfeld niemand vom Landratsamt bei der Begutachtung der Bäume fürs Erteilen der Ausnahmegenehmigung gesehen worden sei. Und sie staunt darüber, dass der staatliche Naturschutz keine Nester in den Kastanien gefunden hat. Kalmbach-Ruf vergleicht: "Ich habe selbst eine Kastanie vor dem Haus, da sind Nester drin, doch die sieht man nicht." Sie bedauert, dass die sofort eingeleiteten Recherchen nichts ergaben und der BUND nichts mehr ausrichten konnte.

Die Stadt

"Wir sind auch erst am Tag vor der Baumfäll-Aktion von dieser unterrichtet worden", sagt Wolfachs Bürgermeister Thomas Geppert auf SchwaBo-Anfrage. Über die Maßnahme des Regierungspräsidiums (RP), das derzeit im Zuge der Wasserrahmenrichtlinie die Durchlässigkeit des Gewässer für Fische und Kleinstlebewesen an Wolf und Kinzig wiederherstellt, habe er am Dienstagmorgen die Gemeinderäte in Kenntnis gesetzt. Der Bauhof habe den Bereich daraufhin abgesperrt. Geppert wäre es auch lieber gewesen, wenn der Baustart am Damm und die Baumfäll-Aktion des RP bereits zur jüngsten Ratssitzung bekannt gewesen wäre. So wäre gleich auch die Öffentlichkeit informiert worden.

Trotzdem – Geppert findet die Maßnahme notwendig, da die Kinzigmauer am Damm durch die Kastanien- und Platanenwurzeln bereits in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Das RP plant laut Geppert, die Mauer an zwei Stellen für die Baustellenein- und ausfahrt zu öffnen. "Die ganze Geschichte ist eine reine RP-Aktion", betont Geppert. Die Stadt habe auf solche Landesmaßnahmen keinen Einfluss, Wolfach würde nur auf die Umgestaltung noch den Hochwasserschutz "draufsatteln".

Bereits lange vor seiner Zeit als Bürgermeister sei außerdem festgestellt worden, dass die drei Kastanien krank seien. Außerdem liege der Baumfäll-Aktion der mehrheitliche Beschluss des Technische Ausschuss vom 27. März 2013 zugrunde. Bei einem Vor-Ort-Termin habe man damals auch darüber gesprochen, dass sich Anwohner über den Schatten der Platanen beklagen.

Laut der damaligen, einhelligen Berichterstattung in der lokalen Presse hatte der Technische Ausschuss am 27. März 2013 den Beschluss für die Baumfällung damals auf das Frühjahr 2014 vertagt. Mehrheitlich stimmte das Gremium laut den Artikeln nur gegen eine erneute Baumbepflanzung in der Bahnhofstraße.

RP und Landratsamt

Das Landratsamt Offenburg gibt auf SchwaBo-Anfrage an, dass das Regierungspräsidium Freiburg, Landesbetrieb Gewässer, sich am 2. Juli diesen Jahres an die untere Naturschutzbehörde gewandt und folgendes Problem geschildert habe: Im Zuge der Umbauarbeiten am Brückenwaagteichwehr zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit sei festgestellt worden, dass eine Zuwegung zur Baustelle nur von der Vorstadtstraße über die Kirchstraße und Dammstraße am Ufer entlang möglich ist und dort Bäume die Zufahrt erheblich behindern beziehungsweise unmöglich machen.

"Das Regierungspräsidium Freiburg bat um Überprüfung, ob die Bäume kurzfristig gefällt werden können", so die Behörde. Grundsätzlich gelte vom 1. März bis 30. September das Rodungsverbot. Zweck dessen sei vor allem der Schutz der Vögel in der Brut- und Aufzuchtzeit. Ausgenommen seien Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit und nur durch eine Behörde durchgeführt werden können.

"Bei der Antragstellung auf Umbau des Wehres war nicht absehbar, dass die Bäume die Zuwegung zur Baustelle verhindern", schreibt die untere Naturschutzbehörde. Die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit des Gewässers liege im öffentlichen Interesse. Die Maßnahme werde vom RP durchgeführt. Ein Verbot liege somit nicht vor.

In puncto Artenschutz habe eine Überprüfung durch die zuständige Naturschutzbeauftragte am 9. Juli ergeben, dass in den Bäumen keine Nester oder Jungvögel vorhanden sind. Somit war eine Fällung der Bäume auch aus artenschutzrechtlicher Sicht möglich. Das Naturschutzrecht sehe weiter keine Beteiligung von Naturschutzverbände oder Öffentlichkeit vor.

Der vom RP beauftragte Bauleiter war gestern nicht erreichbar.

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