12.15 Uhr: Warten auf das Essensauto Foto: Schwannauer

12 bis 13 Uhr: "Raubtierfütterung" der Kinder bei der Stadtranderholung.

Wolfach - Kurz nach elf Uhr an diesem Vormittag: Hochbetrieb in der Stadtranderholung Wolfach. Auf dem Biesle in Halbmeil versammeln sich seit über einer Woche täglich 52 Kinder, sieben Betreuerinnen, unterstützt von drei Schülerinnen. Melanie Wick, die das Angebot vor neun Jahren aufgebaut hat, ist mittendrin: "Dieses Jahr hatten wir einige Anmeldungen zu viel, aber wir haben sie alle genommen und noch eine Betreuerin dazu." Somit platzt die Wolfacher Stadtranderholung aus allen Nähten, geplant waren ursprünglich für 45 Plätze.

Kein Wunder: Hier oben spielen, toben und basteln ist prima, wenn man die Kinder fragt. Viele waren schon oft dabei. Josua zum Beispiel hat in der Stadtranderholung schon acht Mal seinen Geburtstag gefeiert, vor wenigen Tagen war es der zwölfte. Jetzt spielt er mit Johannes, 10, und Maxi, 8, "Vier gewinnt". Stören lassen sich die Jungs dabei nur ungern, doch fürs Foto nehmen sie sich freundlicherweise kurz Zeit.

"Ich komme immer gerne hierher, weil es mir gut gefällt und ich hier inzwischen auch viele Freunde habe", sagt Josua, der, wie alle anderen Kinder, mit dem Bus zum Biesle gebracht wurde. Der sammelt die Kinder allmorgendlich ab acht Uhr ein und liefert sie nachmittags ab halb fünf zuhause wieder ab. Zwei Wochen lang. Ein Angebot zum Preis von 195 Euro, das den Kindern Unterhaltung und berufstätigen Eltern Unterstützung bietet.

Melanie Wick berichtet, dass Manfred Maurer von der Wolfacher Awo und sie sich damals überlegt hätten, was in Wolfach, das ja über viele gute Angebote verfüge, noch fehle. Da sei ihnen die Idee der Ferien-Tagesbetreuung gekommen. Manfred Maurer war schnell im Boot, ebenso Thomas Harter, der den Gasthof Löwen in Halbmeil betreibt. Von Beginn an hat er die Bande an vier Tagen pro Woche mit Mittagessen versorgt. Wie begehrt das Essen ist, das der Wirt zum Selbstkostenpreis anbietet, zeigt sich schon am anschwellenden Lärmpegel, je näher die Mittagszeit rückt. "Essen – E-E-SS-eeen – ÄÄÄSSSSÄÄÄÄÄN!!!" schreien immer mehr Kinder im Takt den Berg hinab.

12 Uhr: Die Lage hat sich wieder etwas beruhigt. Rund zwölf Jungs umringen die Tischtennisplatte, bis Melanie Wick sie zuklappt und die Pause einläutet. Immer wieder zapft sich jemand Apfelschorle aus einem Fass. Im Essenszelt wird noch gespielt, Monopoly, Halligalli, Vier gewinnt. Im Bastelzelt sitzen ein paar Mädchen und beenden ihre Bilder.

Was spielerisch und lässig wirkt, kann Knochenarbeit sein: Seit Jahren organisiert Melanie Wick die Freizeiten in allen Schulferien und nimmt dazu noch ihre drei eigenen Kinder mit. Wie viel Aufwand dahinter steckt, kann man nur erahnen: Betreuerinnen und helfende Schüler wurden gewonnen, Geschirr für rund 70 Leute organisiert, Ausrüstung für Spiel, Sport und Kreativangebote auf den Berg geschafft, Ausflüge mit dem Förster und ein Besuch bei den benachbarten Kleintierzüchtern wurden vereinbart. Mittwochs wird gemeinsam gegrillt, die übrigen Tage übernimmt das Mittagessen Thomas Harter.

12.15 Uhr: Große weiße Teller stehen stapelweise im Essenszelt bereit. Besteck in Plastikbechern daneben. Das Mittagessen ist generalstabsmäßig durchorganisiert: Die Kinder haben feste Plätze an Gruppentischen, die Namen haben sie sich selbst gegeben: "Die coolen Kids auf dem Berge", "Die elf Minions" oder "Die wilden Küken". Selbst gemalte Schilder hängen über den Tischen, so finden alle ihren Platz. Tischweise stellen sich die Kinder dann an der Essensausgabe an. Doch noch ist es nicht soweit.

12.20 Uhr: 52 Kinder sitzen vor leeren Tellern und klappern, rattern, rasseln mit dem Besteck. Dazu die Rufe: "Essen! Essen! Essen!" Im Zelt herrscht ohrenbetäubender Lärm. Melanie Wick lässt einen Pfiff mit der Pfeife los, das bringt für einen Augenblick Ruhe rein. "Wenn die ersten ihr Essen haben", sagt sie, "wird’s ein bisschen ruhiger."

12.21: Motorengeräusch aus Richtung Halbmeil. Der dunkle Kombi von Thomas Harter parkt mit dem Kofferraum direkt am Zelteingang. Der Löwenwirt und seine Söhne Lucas und Julian laden aus: Einen stattlichen Bottich Salat, eine Wanne Spiralnudeln und eine Kasserrole Gulasch. Zack, auf den Tisch damit, jeder einen Schöpfer in die Hand und los geht’s: Tisch für Tisch stellen sich die Kinder in die Reihe. Halten ihre Teller hin, erst kommt der Salat, dann die Nudeln, dann ein Schlag Gulasch. Einer nach dem anderen, man sieht, dass alle geübt darin sind.

12.40: 70 Leute essen friedlich zu Mittag. Thomas Harter berichtet, dass er das sehr gerne mache, das Essen hier zum Selbstkostenpreis anbieten: "Dieses Angebot muss man unterstützen." Etwa zehn Kilogramm Fleisch hat er heute zu Gulasch verarbeitet, acht Kilo Nudeln gekocht und eine Kiste Salat zubereitet, unterstützt von seinen Söhnen. "Ich finde es total faszinierend, wie viel Salat die Kinder essen", staunt Harter, "jeden Tag eine Kiste." Gekocht wird, was Kinder in der Regel mögen, Spaghetti Bolognese zum Beispiel, und zum Abschluss am Freitag soll es Schnitzel mit Pommes geben.

12.50: Die Crew hat die leeren Wannen abgeräumt, ins Auto gepackt und verlässt das Gelände. Die ersten Kinder beginnen, Teller und Besteck einzusammeln. Auch das ist durchorganisiert: Für jeden Tag gibt es einen Spüldienst.

Nach dem Essen bleiben alle sitzen. Melanie Wick macht eine kurze Bestandsaufnahme: "Was hat euch beim Spaziergang mit dem Förster heute morgen gefallen und was war nicht so gut?" "Dass es nass war", ruft jemand. "Also, da beschweren wir uns bei dem, der fürs Wetter verantwortlich ist", sagt Melanie Wick. "Petrus", tönt es, und von weiter drüben: "Gott!"

Bis 14 Uhr machen die Kinder Mittagspause. Dann geht’s weiter mit kreativem Werkeln. Die Tische sind frei für Spiele. Der Duft des Essens hängt noch in der Luft. Die Fütterung ist für heute beendet, die "Raubtiere" wenden sich neuen Herausforderungen zu.

INFO

Unsere 24-Stunden-SommerSerie erscheint dreimal wöchentlich. In dieser begleiten wir verschiedene Betriebe, Dienstleister und Personen aus dem Kinzigtal zu verschiedenen Tageszeiten. Die Serie geht bis September.