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Umfangreiche Sanierungsarbeiten werden abgeschlossen / Jährliche Finanzierungslücke

Von Reinhard Kluckert

Mit 200 Beschäftigten ist das Ortenau Klinikum Wolfach einer der größten Arbeitgeber in Wolfach. Doch wie der Großteil der Kliniken im Land ist auch dieses Krankenhaus in Trägerschaft des Ortenaukreises finanziell nicht auf Rosen gebettet. Ein Blick hinter die wirtschaftlichen Kulissen bestätigt das.

Wolfach. Im nächsten Jahr feiert das Ortenau Klinikum Wolfach 100-jähriges Bestehen. Seit 1977 in Trägerschaft des Landkreises, zählt es seit Februar 2007 zum kreiseigenen Klinikverbund Ortenau Klinikum, einem Eigenbetrieb mit Häusern an neun Standorten in der Ortenau sowie einem Pflege- und Betreuungsheim in Gengenbach-Fußbach.

Mit 80 Betten zählt die Wolfacher Klinik zu den kleineren Häusern im Verbund, hat aber nicht nur aufgrund der geografischen Lage einen hohen Stellenwert bezüglich der wohnortnahen Gesundheits- und Patientenversorgung. Diesem Stellenwert wird sie aus medizinischer und pflegerischer Sicht auch gerecht. Ökonomisch hingegen drückt der Schuh.

"Mit der bundesweiten Einführung des Fallpauschalensystems im Jahr 2003 hat sich der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser und damit auch auf unsere Klinik spürbar erhöht", so die Verwaltungsdirektorin am Ortenau Klinikum Wolfach, Kornelia Buntru. Die Pauschale, mit der die Krankenkassen die von der Klinik erbrachten medizinischen Leistungen für die gesetzlich versicherten Patient honorieren, errechnet sich wie folgt: Das festgesetzte ökonomische Relativgewicht einer Leistung wird mit dem Landesbasisfallwert, dessen Größe jedes Jahr auf Grundlage der Summe aller von den Kliniken in Baden-Württemberg abgerechneten Fallpauschalen neu festgelegt wird, multipliziert.

Für eine Blinddarmentfernung erhält das Klinikum Wolfach derzeit beispielsweise 2679,94 Euro, (Basisfallwert 3272 Euro mal Relativgewicht 0,819) für eine Hüftendoprothese 7254,49 Euro (Basisfallwert 3272,21 Euro mal Relativgewicht 2,217). Mit den dadurch erzielten Einnahmen – das waren 2015 für rund 4000 vollstationäre Fälle gut elf Millionen Euro – muss die Klinik alle laufenden Betriebskosten decken. Dazu zählen neben den Personalkosten, die mit rund 70 Prozent den Löwenanteil der Ausgaben ausmachen, auch die Kosten für Medikamente und medizinische Einwegprodukte, Patientenverpflegung, Instandhaltung von Gebäuden, Wartung medizinischer und technischer Geräte, Reinigung sowie Wasser, Energie und weitere Posten. Auch die Ausgaben für Verwaltung, Fortbildung und Stellenanzeigen fallen in die Rubrik laufende Betriebskosten, um nur die wichtigen zu nennen.

Jährliche Finanzierungslücke

"Das Kernproblem bei der Finanzierung der laufenden Betriebskosten ist, dass der Landesbasisfallwert jährlich automatisch nur um den Grundlohnanstieg angehoben wird. Das waren im vergangenen Jahr 1,4 Prozent. Da wir aber ein tarifgebundenes Haus sind, übersteigen die jährlichen Lohnzuwächse diesen Wert erheblich, manchmal sogar um das Doppelte. Das bedeutet für uns Jahr für Jahr ein Minus von rund 200  000 Euro", beschreibt die Verwaltungsdirektorin ein Dilemma, in dem auch die anderen Standorte des Ortenau Klinikums stecken.

"Die Möglichkeiten zur Kompensation dieser Finanzlücken sind sehr begrenzt. Denn eine Erhöhung der Patientenzahl würde beispielsweise auch eine Aufstockung des Personals voraussetzen. Daher fordern wir schon seit langem, den Grundlohnindex durch einen branchenspezifischen zu ersetzen, der auf den für ein Krankenhaus typischen Kosten basiert. Quasi ein Krankenhaus-Warenkorb", plädiert Buntru für eine aus ihrer Sicht dringend notwendige Änderung der Berechnungsgrundlagen: "Andernfalls geraten immer mehr Kliniken in finanzielle Schieflage und müssen möglicherweise schließen, wie beispielsweise in unserer Region die Kliniken in Schramberg oder Herbolzheim."

Unabhängig von Krankenkassen und Fallpauschalen erhält die Wolfacher Klinik im Rahmen des Landesfinanzierungsgesetzes vom Land Baden-Württemberg Zuweisungen für notwendige Investitionen – aus zwei unterschiedlichen Töpfen. Aus dem einen fließen Gelder für kurzfristige Anlagegüter, aus dem anderen für Bauinvestitionen, also Neu-, An- und Erweiterungsbauten. Unter kurzfristigen Anlagegütern versteht man alle Anschaffungen mit einer "Lebensdauer" von mindestens drei Jahren und Kosten von mehr als 150 Euro. Das sind beispielsweise Labor- oder Röntgengeräte, OP-Leuchten, PCs, Schränke, Stühle, Schreibtische oder auch Patientenbetten.

Seit nunmehr  18 Jahren beläuft sich die nach der Anzahl an Planbetten festgelegte Pauschale für das Wolfacher Krankenhaus gleichbleibend auf etwa 200 000 Euro. "Die Mittel reichen schlicht nicht aus, wenn man bedenkt, dass die Anschaffung eines Endoskops gut 20 000 Euro und ein neues Krankenbett mit Nachttisch ungefähr 3000 Euro kosten", hadert die gebürtige Kinzigtälerin mit der fehlenden Anpassung. "Aus finanztechnischer Sicht wäre eine jährliche Steigerung von drei Prozent notwendig, allein schon, um die stetig steigenden Kosten aufzufangen."

Zuschuss vom Land

Für die voraussichtlich Mitte des Jahres abgeschlossenen mehrjährigen umfangreichen Sanierungsarbeiten erhält das Wolfacher Krankenhaus einen Landeszuschuss von acht Millionen Euro. In Stuttgart beantragt war die doppelte Summe, doch da nach dem 1974 in Kraft getretenen Krankenhausfinanzierungsgesetz des Landes nur Um-, Erweiterungs- und Neubauten gefördert werden, kürzten die Experten der Oberfinanzdirektion Stuttgart die beantragte Fördersumme von 16 Millionen Euro um die Summe aller in den eingereichten Planungsunterlagen enthaltenen Instandhaltungskosten wie beispielsweise Dachdecker-, Maler- oder Bodenlegerarbeiten.

Die verbleibenden Beträge werden auf Beschluss des Kreistags über den Haushalt des Ortenaukreises finanziert. Trotz aller finanziellen Unabwägbarkeiten sind beim Ortenau Klinikum Wolfach die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt, denn durch die Sanierungsarbeiten wurde der Standort nachhaltig gestärkt.