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"Wolfacher Riviera" macht Namen alle Ehre. Mittelmeermöwen werden im Kinzigtal bald wohl öfter zu beobachten sein.

Wolfach - Die "Wolfacher Riviera" in der Innenstadt entlang der Kinzig machte dieser Tage ihrem Namen alle Ehre. Für kurze Zeit tauchte dort ein recht ungewöhnlicher Gast auf: Eine Möwe.

Sie saß erst längere Zeit am Gießenteichwehr oberhalb der Realschule und schaute sich prüfend um, lief ein gutes Stück das Wehr entlang bis zu einer kleinen Gruppe von Stockenten, die sich nicht weiter an diesem exotischen Gast störten, ließ sich ins Wasser gleiten und schwamm wieder flussaufwärts. Dann flog sie in Richtung Innenstadt, setzte sich beim Brückenwaagteich beim Damm aufs Wehr, beobachtete längere Zeit die Umgebung, bevor sie abermals eine Runde auf der Kinzig schwamm. Danach flog sie zurück Richtung Gießenteich.

Selbst Ornithologen fällt es oft schwer, die genaue Unterart einer Möwe zu bestimmen, unterscheiden sich diese doch meist nur durch minimale Details in der Flügelzeichnung. Auf Anfrage des SchwaBos war sich Richard Schneider vom Nabu-Vogelschutzzentrum in Mössingen aber ziemlich sicher, dass es sich bei dem Exemplar, welches an der Wolf gesichtet wurde, um eine vier bis fünf Jahre alte Mittelmeermöwe handelt. Brutkolonien dieser Vogelart finden sich von den Nordküsten des Mittelmeeres zwischen Spanien und Italien bis hinein in die Schweiz und Süddeutschland.

Einen weiten Weg von Italien oder Griechenland hat der Vogel also wohl nicht hinter sich.

Vogelart kommt so langsam in die Region

Eine Mittelmeermöwe an der Wolf sei zwar "leicht außergewöhnlich, wird aber wohl keine Seltenheit bleiben, je nachdem, wie sich ihr Bestand im Rheintal entwickelt", sagt Richard Schneider. Denn: "Die Mittelmeermöwe wandert seit den 60er-, 70er-Jahren allmählich bei uns ein, ihr Bestand steigt", erklärt er.

Vögel dieser Art besiedelten Binnenland und kleine Gewässer. Dazu gehören beispielsweise Kiesgruben, Biotope, kleine Seen und manchmal auch Flüsse. Schneider vermutet, dass die Wolfacher Möwe von einem Binnengewässer in der Region stammt und "einen Abstecher gemacht hat, um sich mal umzusehen". Weit kann ihr Weg allerdings nicht gewesen sein, denn Mittelmeermöwen sind eher Kurzstreckenflieger und standortgebunden.

An der Wolf wird die Mittelmeermöwe deswegen wahrscheinlich nicht heimisch werden, meint Schneider, auch wenn die Vögel dort wohl genug zu fressen finden würden. "Mittelmeermöwen haben ein sehr breites Nahrungsspektrum, das kleine Fische, Schnecken, Küken von anderen Vögeln und Mollusken umfasst", erklärt er. Allerdings bräuchten sie zum Brüten natürlich auch einen Partner und aus diesem Grund würde die Möwe wohl bald wieder an ihr Heimatgewässer zurückfliegen.

Von der Nordsee kommend, verbreiten sich aber auch einige andere Möwenarten entlang des Rheins als "Kulturfolger". Sie siedeln sich dort an, wo es durch den Menschen und seine Abfälle ein üppiges Nahrungsangebot gibt. Möwen werden im Kinzigtal in einigen Jahren wahrscheinlich kein seltener Anblick mehr sein.