Hans Heizmann leitet eigentlich das Bürgerbüro. Doch er ist auch Herr über den Schlüssel zum Wolfacher Stadtarchiv. Fotos: Möller Foto: Schwarzwälder-Bote

Im Rathauskeller in Wolfach schlummert des historische Gedächtnis der Stadt

Mit drei Riegeln ist die stählerne Tresortüre verschlossen, hinter der sich der Kellerraum im Wolfacher Rathaus verbirgt, in dem die ältesten Dokumente zur Stadtgeschichte schlummern: das Disch-Archiv. Herr über den ebenfalls besonderen Schlüssel zu diesem wie auch zu den anderen Räumen des Wolfacher Stadtarchivs ist Hans Heizmann.

"Ich bin eigentlich Verwaltungsbeamter, im Prinzip müssten wir jemanden holen, der sich ums Archiv richtig kümmert", sagt Heizmann, der das Bürgerbüro der Stadt leitet. Im Rahmen seiner Tätigkeit sind ein Prozent der Arbeitszeit für das Stadtarchiv vorgesehen. Dennoch nimmt er sich Zeit, dieses der Presse zu erläutern und auf dessen Schätze hinzuweisen – mit leuchtenden Augen.

Und in der Tat: Hinter der Stahltüre verbergen sich unter den gewölbten Decken des Wolfacher Rathauses Regalreihen mit alten Gemeinde- und Pfandbüchern. Auch Kauf- und Tauschbücher liegen hier beispielsweise vor. Heizmann schmunzelt über die historische Bürokratie: "Da hat damals der ganze Gemeinderat verhandelt und jeder hat unterschreiben müssen."

"Expediert zum Beispiel hieß aus- und abgeliefert", verweist der Archivverantwortliche auf Wörter, die heute nicht mehr geläufig sind. Und wenn auch die historischen Schriften für einen Lokalhistoriker wie den Wolfacher Ehrenbürger Otto Schrempp kein Problem seien, viele Jüngeren könnten diese erst gar nicht mehr lesen.

Und so verstecken sich nicht nur in den Regalen des ersten Archivraums Schätze aus der Wolfacher Geschichte. Ganz offensichtlich hängen an den Wänden historische Fotografien, klaffen auf einem Bild die Mauerreste nach dem Rathausbrand von 1892 und zeigt ein Stich den Eisgang von 1830.

Doch so geordnet die meisten Bände in den Regalreihen stehen oder die Bilder an den Wänden hängen, Heizmann rechnet den Handlungsbedarf in Jahrzehnten vor: Bis 1980 seien alle Dokumente verarbeitet. Jedoch seit 25 Jahren würden Neuzugänge nur gehortet, nichts werde aussortiert oder erfasst.

Dabei veranschaulicht das bereits erfasste Disch-Archiv eindrucksvoll, über wie viel Überraschendes die Historie einer Stadt Aufschluss geben kann. In einer Glasvitrine sind die 19 Freiheitsbriefe der Stadt sorgsam aufbewahrt. Der Erste mit seinen fünf Siegeln ist der von 1305 (siehe Artikel unten) – laut Heizmann "die älteste Urkunde im Stadtarchiv". Jeder nachfolgende Fürst stellte der Stadt einen weiteren Freiheitsbrief aus. Im Archiv im Rathaus sind alle 19 erhalten. Ein wahrer Schatz für die Darstellung der Stadtgeschichte.

Die Menzinger Karte von 1655, eine Landkarte des Fürstentums zu Fürstenberg, sollte vermutlich nur mit speziellen Stoffhandschuhen eines Konservators angefasst werden. Das auf Leinen gemalte, historische Dokument liegt ebenfalls in der Glasvitrine. Die Karte ist mit zwischengelegtem Seidenpapier aufgerollt und wirkt sehr delikat – also besser nicht anfassen.

"Das hier ist schon ein ganz anderes Aufkommen", sagt Heizmann zum zweiten und dritten Archivraum. Hier sieht es schon weniger nach Jahrhunderten der Geschichte aus. Und die vielen Papiere riechen auch weniger alt. In den Regalen lagert die Stadt beispielsweise das Einwohnerregister von 1920 bis 1950.

"Es ist wichtig, dass die Luftfeuchtigkeit nicht über 50 Prozent steigt", erklärt Heizmann und verweist auf ein Messgerät. Das sollte auch eine Temperatur um die 20 Grad Celsius anzeigen. Das ist im vierten Archivraum vorbildlich der Fall. Hier lagert beispielsweise die Zeitung "Kinzigtäler" von 1867 bis zu seiner Einstellung 1939. Heizmann weiß: "Das Wolfacher Stadtarchiv ist das einzige, in dem alle Ausgaben vollzählig vorhanden sind." Arwen Möller