Bilkay Öney, Ministerin für Integration, (von links) hat Pfarrer Wolfgang Kolodzy und Sahwan Nader besucht. Foto: Jehle

Unerwarteter Gast in Halbmeil: Integrationsministerin besucht Gottesdienst und betet für Jesiden.

Wolfach - Integrationsministerin Bilkay Öney hat den Gottesdienst beim Sommerfest der Trachtenkapelle Kinzigtal besucht. Sie hatte aus unserer Zeitung vom Schicksal des 20-jährigen Sahwan Nader erfahren.

Traditionell beginnt der Sonntag des Sommerfestes der Trachtenkapelle Kinzigtal mit einem Gottesdienst in der Pausenhalle Halbmeils.

Dieses Jahr beteten die Gläubigen gemeinsam mit Pfarrer Wolfgang Kolodzy und Sahwan Nader, einem jungen Jesiden aus dem Krisengebiet des Nord-Irak, um "Hände, die nicht lange überlegen, ob sie helfen oder gut sein wollen". Nicht lange überlegt hat Bilkay Öney, Ministerin für Integration Baden-Württemberg. Nachdem sie den Bericht über das wechselvolle Schicksal des 20-Jährigen in unserer Zeitung gelesen hatte, entschloss sie sich spontan, an dem Gottesdienst teilzunehmen und ist von Stuttgart nach Halbmeil gekommen.

In der von dem Priester und Nader gemeinsam gestalteten Dialogpredigt machten sie auf die kritische Lage der religiösen Minderheit im Irak aufmerksam. "Das Leid hat ein Gesicht und findet nicht nur in den Medien statt, in denen wir in ein anderes Programm zappen können", machte Kolodzy deutlich und: "Wir kennen hier jemanden, der heute mit uns gemeinsam Sommerfest feiert und die schönen Stunden genießt, doch mit seinen Gedanken auch bei seiner Familie ist." Damit meinte der Pfarrer Sahwan Nader, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt.

"Mir geht es hier gut und ich habe alles", sagte der junge Mann, doch seine Mutter und zwei Schwestern sind noch in Griechenland und sein Vater im Irak. Er ist bei den Großeltern geblieben, die für eine Flucht zu gebrechlich sind. Sahwan hat in der kurzen Zeit sehr gut Deutsch gelernt, den Hauptschulabschluss gemacht und beginnt jetzt eine Ausbildung bei Leipold in Wolfach. Als er in dem Gottesdienst von seiner riskanten Flucht versteckt unter Ladungen in Lastwagen und sogar in einem Sarg erzählt, wurde es sehr still in der Pausenhalle. Trotz aller Freude über seine gelungene Integration in Deutschland oder gerade deswegen will er zusammen mit dem engagierten Pfarrer Kolodzy jenen helfen, die zurückblieben. "Wir wollen auch an die Menschen im Irak denken, an Jesiden und Christen, die unter Gewalt leiden und ihre Heimat verlassen müssen", sagt Sahwan in der Fürbitte.

Sein Vater im Irak kümmert sich um Flüchtlinge, die vor der IS-Miliz geflohen sind und nicht zurück können. Der Winter rückt näher und es fehlt an Nahrung, Kleidung und Decken. Deshalb haben Kolodzy und Nader mit der Caritas ein Spendenkonto eröffnet, um die private Hilfsaktion zu unterstützen. "Die Kerze, die brennt, entzündet, wenn erwünscht, tausend andere, ohne an Helle zu verlieren", formulierte der junge Jeside in der Meditation nach der heiligen Kommunion seine Hoffnungen. Ministerin Bilkay Öney beließ es nicht beim bloßen Zuhören und sicherte Sahwan Unterstützung in amtlichen Fragen und Behördengängen zu.

Spendenkonten: Jesidenhilfe-Sahwan Volksbank Kinzigtal, Konto 2 07 77 37, Bankleitzahl 66 49 27 00; Sparkasse Wolfach, Konto 7 51 52, Bankleitzahl 66 45 27 76.

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Die Jesiden sind von der Volkszugehörigkeit her Kurden. Ihre Siedlungsräume befinden sich innerhalb der Verbreitungsgebiete der Kurden und verteilen sich heute auf die Länder Irak, Syrien, Türkei und Iran. Die meisten der schätzungsweise 800.000 Jesiden weltweit leben im Nordirak. Quelle:Yezidisches Forum e.V.