Mit dem Rollstuhl als Tourist unterwegs in der Ortenau: Mit diesem Pilotprojekt begibt sich der "Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord" auf die Suche einer neuen Zielgruppe. Foto: Adler

"Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord" initiiert ein Pilotprojekt: Gruppe mit dem Rollstuhl im Ortenaukreis unterwegs.

Halbmeil - "Barrierefreiheit im Tourismus" stand vor wenigen Wochen im Mittelpunkt einer Leader-Besichtigungstour, nun hat sich auch der "Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord" des Themas angenommen. Bis einschließlich Freitag ist eine dreiköpfige Gruppe aus dem Ortenaukreis bei den ersten "Rolli Days" unterwegs, um die Konzeptidee als Pilotprojekt zu testen.

"Wir haben in Wolfach schon einiges in Barrierefreiheit investiert und sind stolz auf das Erreichte", betonte die erste Bürgermeister-Stellvertreterin und CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac bei einem Pressegespräch in der Gartenwirtschaft des Gasthaus "Löwen" in Halbmeil. Auch der Geschäftsführer des "Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord", Karl-Heinz-Dunker verwies darauf, dass der Bedarf für barrierefreie Angebote immer weiter steige. Hans-Peter Matt aus Haslach, der sich schon seit Jahren für dieses Thema als Berater und Planer engagiere, habe dieses Programm zusammengestellt. Und mit Blick auf die drei Fahrer, die in flottem Tempo auf den Parkplatz vor den "Löwen" gerollt waren. Dunker: "Es war schon sehr beeindruckend, wie schnell sie hier angekommen sind. Ich bin schon ganz gespannt, wie es aussehen wird, wenn sie 700 Höhenmeter hinter sich gebracht haben."

Hans-Peter Matt hat es seinen Kollegen auch nicht total einfach gemacht, denn das Programm beinhaltet in den nächsten drei Tagen immerhin rund 60 Kilometer und eben diese 700 Höhenmeter. "Gelebte Inklusion" soll das Projekt plakativ unter Beweis stellen, denn neben sportlichen Herausforderungen geht es für Hans Erk, Peter Skerra und Jürgen Wäldele auch um das konkrete Kennenlernen der Region.

"Wir sind schon sehr gespannt auf die Erfahrungen der Teilnehmer", erläuterte Dunker bei der Vorstellung. "Wenn es gut läuft, wollen wir solche Angebote bereits für das kommende Jahr mit in unsere Vermarktung aufnehmen."

Die drei Teilnehmer stammen alle aus der nördlichen Ortenau oder dem Kreis Rastatt und haben vielfältige Erfahrungen auch mit E-Rollstühlen. "Wir sind auch in engem Kontakt mit den Herstellern, bei denen sich in der jüngsten Zeit sehr viel in dieser Richtung getan hat", sagte zum Beispiel Jürgen Wäldele. Allerdings sind auch die Zusatzgeräte nicht ganz zum Nulltarif zu haben: Ohne E-Motor sind diese mit 2000 bis 2500 Euro zu haben, kommt das Elektromodul dazu, addiert sich dies auf etwa 5000 Euro. Rechnet man noch die Kosten für einen hochwertigen Rollstuhl hinzu, liegen die für die Ausrüstung schon zwischen 8000 und 10 000 Euro.

Mit dieser Technik kommen die versierten Rollstuhlfahrer dann auch in schwierigem Terrain zurecht. "Über längere Strecken mit Gepäck erreiche ich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa zwölf Stundenkilometer", erläutert Wäldele, der den E-Motor am Berg dazu schalten kann und auf diese Weise auch Steigungen bis zu zwölf Prozent bewältigt. "Das ist dann aber schon auch eine Herausforderung", versichert er. Die Batterie für das E-Bike hält natürlich auch unterschiedlich lang – je nach Beanspruchung und Terrain so bis zu 60 Kilometer.

Was motiviert die Teilnehmer, sich an diesem Pilotprojekt zu beteiligen? Das ist zum einen die Lust auf neue Erfahrungen, die sportliche Aufgabe und natürlich der Reiz, sich auf diese besondere Herausforderung. Der Naturpark investiert in diese Konzeption eine vierstellige Summe und verbindet damit auch gewisse Hoffnungen.

Ziel sei es, künftig weitere barrierefreie Angebote in der Region zu etablieren, die auch gebucht werden können. "Die Touren sollen zeigen, dass einzigartige Naturerlebnisse auch im Schwarzwald barrierefrei realisierbar sind", heißt es in der Beschreibung des ambitionierten Projekts. "Für uns ist es auch wichtig zu zeigen, dass Barrierefreiheit nicht nur im Zusammenhang mit Mobilität gesehen werden kann", sagt Hans-Peter Matt. "Inklusion heißt für mich auch, dass es Angebote für Blinde, Gehörlose oder Menschen mit anderen Einschränkungen geben sollte", erweitert er den Begriff der Barrierefreiheit um weitere Aspekte. Alle Beteiligten sind sich einig, dass sich in Deutschland in Sachen Bewusstsein einiges getan hat, aber dass solche Initiativen weiterhin ihre Berechtigung haben werden.