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Zahlreiche Lehrstellen im Bezik sind noch unbesetzt. Auszubildende haben Qual der Wahl.

Mittleres Kinzigtal - Der Trend setzt sich fort: Wie in den vergangenen Jahren ist der Markt an Lehrstellenbewerbern im Kinzigtal so gut wie leer gefegt. Im September standen den rund 40 unversorgten Bewerbern beinahe die vierfache Anzahl unbesetzter Ausbildungsplätze gegenüber.

Die Wirtschaft boomt, die Auftragsbücher sind gut gefüllt und mit aktuell 1,9 Prozent liegt die Arbeitslosenquote im Arbeitsagentur-Bezirk Hausach erfreulich niedrig. Was die Bewerber freut, wird für die ausbildenden Betriebe zunehmend zum Problem: Zahlreiche Stellen sind unbesetzt und auch beim Nachwuchs kommt es zu Engpässen.

Das Kinzigtal bildet im Vergleich zu anderen Regionen in diesem Punkt keine Ausnahme. Im Gegenteil: Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen liegt hier beispielsweise deutlich über der ortenauweiten. "Besonders gute Chancen bieten sich für die Bewerber in Hausach und Umgebung, die noch eine Ausbildung in der Produktion und Fertigung suchen. Den 14 Bewerbern stehen 77 offene Lehrstellen gegenüber. Das entspricht einem Verhältnis von 5,5 Stellen je Bewerber – in der Ortenau sind es 3,53 in diesem Bereich", so Elisabeth Giesen, stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Offenburg. Deshalb appelliert sie an Jugendliche ohne Ausbildungplatz, die sehr gute Situation für einen Ausbildungsstart noch in diesem Jahr zu nutzen.

Generell haben Jugendliche im Kinzigtal bei der Suche nach einer Lehrstelle gegenüber denen in der Ortenau statistisch gesehen eine deutlich größere Auswahl. "Die Bewerber haben durchschnittlich die Auswahl unter 4,2 Ausbildungsstellen. Für den Agenturbezirk Offenburg liegt das Verhältnis bei 3,27", sagt Elisabeth Giesen.

Eine solche Situation ist für den ländlichen Raum nichts Ungewöhnliches. Denn zusätzlich zum generellen Trend, dass immer mehr junge Menschen weiter zur Schule gehen oder gleich studieren, kommt ein weiteres Problem: Die Erreichbarkeit des Ausbildungsbetriebs für Jugendliche, die auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind.

Nur in wenigen Bereichen übersteigt in diesem Jahr die Zahl der Bewerber die der angebotenen Lehrstellen. Dazu zählen im Kinzigtal die Gesundheits-, Sozial- und Lehrberufe ebenso wie Berufe mit kulturellem, geisteswissenschaftlichem oder gestalterischem Hintergrund. Für die neun Bewerber eines Ausbildungsplatzes im Bereich Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau gibt es überhaupt kein Angebot.

Speziell für die Handwerksbetriebe wird es seit einigen Jahren immer schwieriger, passende Lehrlinge zu finden. Das habe sich auch 2016 fortgesetzt, so die Handwerkskammer Freiburg. Zudem seien die Betriebe sehr gut ausgelastet und hätten dadurch Bedarf an zusätzlichem Nachwuchs. Dennoch zeige die Tendenz, dass sich das Handwerk und seine Betriebe im immer stärker umkämpften Ausbildungsmarkt behaupten könnten, auch wenn noch deutlich mehr Ausbildungsplätze zu besetzen wären.

Gutes Beispiel dafür ist die hiesige Sanitär- und Heizungstechnikbranche. "In unserem Bezirk gibt es noch genügend offene Ausbildungsstellen", sagt Peter Krämer, Obermeister der Innung Sanitär- und Heizungstechnik Achern/Offenburg/Wolfach, auf Anfrage des Schwabo. Diese Situation führt er unter anderem auf die Tatsache zurück, dass viele Jugendliche nach der Schule gleich ein Studium beginnen wollen. "Wir sind derzeit voll ausgelastet und arbeiten 120 Prozent, da fehlt uns der Nachwuchs", sagt Krämer. Eine Entwicklung, die er lange vorausgesehen habe.

In das gleiche Horn stößt Thomas Moser, Obermeister der Schreinerinnung Wolfach. "Viele Betriebe in unserer Innung haben ein riesiges Problem, Auszubildende zu bekommen. Wir sollten daher aktiv an die Schulen herantreten und dem Schreinerberuf eine Strahlkraft verleihen, zumal wir uns bei der Suche nach Fachkräften und eben auch Auszubildenden mit den Industriebetrieben messen müssen. Zu den Aktivitäten unserer Innung zählt beispielsweise auch, dass wir die Gesellenstücke in einer Bank ausgestellt haben", so Moser. Sein Betrieb habe die vier Ausbildungsplätze auch in diesem Jahr besetzen können, dafür aber auch einige Anstrengungen unternommen. Denn Mosers oberstes Ziel sei es, genügend gute Schreiner auszubilden.