Serie: Aufschwung endet mit Kriegsbeginn

Von Frank Schrader

Wie in ganz Deutschland, so bedeutete auch in Wolfach die durch den Ersten Weltkrieg ausgelöste Notzeit mit der Inflation 1923 und der Weltwirtschaftskrise 1929/30 einen bedeutenden Einschnitt in die wirtschaftliche Entwicklung.

Wolfach. Während der Inflation gaben die Städte Wolfach, Schiltach, Gengenbach, Hausach und Haslach gemeinsam Notgeldscheine heraus. Damals entstand in Wolfach das Baugebiet zwischen Viktoria- und Hildastraße, das wegen der durch die Inflation bedingten hohen Baukosten die Bezeichnung "Millionenviertel" erhielt.

Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 brachte das politische System der Weimarer Republik ins Wanken und führte schließlich zur Machtergreifung von Adolf Hitler am 30. Januar 1933. Durch eine gezielte Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und politischer Gegner versuchten die Nationalsozialisten, ihre Macht zu konsolidieren. Auch im Amtsbezirk Wolfach führte die Gendarmerie mit Unterstützung der örtlichen SA- und SS-Truppen Razzien insbesondere bei Sozialdemokraten und Kommunisten durch. Zahlreiche politische Gegner hat man im Wolfacher Amtsgefängnis ohne Anklageerhebung in so genannte "Schutzhaft" genommen.

Die Wolfacher Tageszeitung "Der Kinzigtäler" berichtete damals darüber, dass einige der "Schutzhäftlinge" von Wolfach aus auch in die bereits ab März 1933 bestehenden Konzentrationslager in Ankenbuck (bei Villingen) und Heuberg (bei Meßkirch) kamen.

Auch die Juden im Kinzigtal litten schon bald unter den neuen Machtverhältnissen. Das Wolfacher Bürgermeisteramt veröffentlichte im Mai 1933 im "Kinzigtäler" die Verlautbarung, dass allen "nichtarischen Händlern" empfohlen werde, die Märkte in Wolfach in ihrem eigenen Interesse nicht mehr zu besuchen.

Zur Mobilisierung der Arbeiter erklärten die Nazis den 1. Mai zu einem nationalen Feiertag, der jedes Jahr in Wolfach mit aufwendigen Kundgebungen und Festzügen zelebriert wurde.

Vor dem Rathaus auf dem "Maifeld" stellte man einen reich geschmückter Maibaum auf. Die Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation NS-Hago organisierte 1933 eine Werbewoche, um das Handwerk in seiner Geschlossenheit und Leistungsfähigkeit zu zeigen. Der Hauptfesttag begann am 22. Oktober 1933 mit einer Kundgebung vor dem Rathaus. Nachmittags führte ein großer Festzug durch die Straßen der Stadt, der das Wolfacher Handwerk bei der Arbeit zeigte. Im "Kinzigtäler" erschienen zwei Sonderbeilagen im "Zeichen des Wiederaufbaues des deutschen Handwerks" als Werbeplattform für die örtlichen Handwerker.

Im Vorfeld der Handwerkerwerbewoche verkündete Bürgermeister August Hämmerle, dass die "Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeit" der Stadt Wolfach ein unverzinsliches Darlehen von 21 700 Reichsmark bewilligt habe, durch das unter anderem die Instandsetzung des Rathauses durch einheimische Handwerker ermöglicht wurde.

Fremdenverkehr erholt sich nur langsam von den starken Einschnitten

Kunstmaler Eduard Trautwein erhielt dabei den Auftrag, die Fassade des Rathauses ganz im Sinne der Blut- und Bodenideologie der NSDAP zu bemalen. Über der Rathausuhr platzierte der Parteigänger einen knienden SA-Mann mit Hakenkreuzfahne.

Der Fremdenverkehr, der in Wolfach bis zum Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung spielte, erholte sich nur langsam von den starken Einschnitten der 1920er Jahre. Auch hier nutzen die Nazis ihre Vormachtstellung aus, um durch ihre Organisation Kraft durch Freude (KdF) gezielt den Tourismus wieder anzukurbeln. Die KdF-Fahrten dienten dabei nicht nur dazu, die Gunst der Arbeiter zu gewinnen, sondern diese auch bei den Ausflügen propagandistisch zu schulen.

Die Investitionen der Nazis in die Wirtschaft und insbesondere in die Infrastruktur dienten der gezielten Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges. So wurde 1938 die alte eiserne Stadtbrücke in Wolfach durch einen modernen, tragfähigen Neubau ersetzt, damit an dieser strategisch wichtigen Stelle im Kinzigtal der Durchzug von schwerem Kriegsgerät möglich war.

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 endete auch in Wolfach der wirtschaftliche Aufschwung. Während der Kriegszeit setzten die hiesigen Industrieunternehmen auch osteuropäische Zwangsarbeiter ein, die in einem Lager auf der Weihermatte gefangen gehalten wurden.