Foto: Buchholz/Steitz

215 Männer laufen mit. Neun Frauen landen im Brunnen. Anschließend Ball in der Schlosshalle.

Am traditionellen Nasenzug haben gestern Abend 215 Männer teilgenommen. Sie kamen in witzigen, originellen Verkleidungen daher und hatten ein Ziel: getarnte Frauen zu entlarven. Das ist ihnen auch diesmal wieder gelungen.

Wolfach . Größer hätten die Gegensätze beim Nasenzug nicht sein können. Die einen kamen archaisch her, die anderen wiederum minimalistisch. Viele blickten ernsthaft und schweigsam drein, die anderen riefen fröhlich "Narro". Ihnen allen gemein war aber der wachsame Blick. Die Umzügler lugten hinter ihren opulenten, originellen und teilweise auch dezenten Nasen sowie Hüten hervor, immer auf der Suche unter den Umzüglern die "falschen" Frauen zu entdecken, die dann anschließend im Stadtbrunnen landen.

Ab 17 Uhr ging es also vor dem Stadttor los. Die Nasenzügler flanieren gemächlichen Schrittes auf dem Parkplatz der Sparkasse Richtung Kegeltreff und auf der Grabenstraße umher, bevor sie unter dem Torbogen stolzieren. Der Nasenzuganführer Wilfried Schuler, der auch Vize-Narrenvater der Freien Narrenzunft ist, folgten die 215 Männer im Gänsemarsch durch die Gassen und Beizen rund um Wolfach. Dies waren zwar weniger Teilnehmer als im Jahr zuvor, aber laut den Organisatoren immer noch eine gute Resonanz. In der Innenstadt angekommen schlängelten sie sich vom Hof des Finanzamts zu den Gasthäusern "Salmen" und "Hecht". Sogar dem Polizeirevier wurde ein Besuch abgestattet und die Schar wand sich einmal quer durchs Rathaus, um dann wieder vorn am Stadtbrunnen anzukommen.

Gießkannen und Teekessel

Währenddessen wurde natürlich auch viel Lärm gemacht. Auf unkonventionellen Instrumenten wie einer grünen Gießkanne, einem roten alten Teekessel oder Kuhglocken sorgten die Nasenzügler für Katzenmusik.

Der Regen hatte aufgehört und der Wind setzte ein. Einige zogen den Hut – eine der Teilnahmebedingungen des Nasenzugs – tiefer ins Gesicht. Bei manchen flog er sogar schon vor Eintritt ins Lokal vom Kopf und sorgten sogleich für Gewissheit ihres Geschlechts. Bei anderen wiederum konnte dies auch als Indiz gedeutet werden, als getarnte Frau "unerlaubt" mitzulaufen. Auch der Gang und die Stimme konnten die Damen entlarven.

Nun zum Dresscode dieses maskulinen Rituals, handelt es sich doch um eine strenge Männerdomäne, deren Tradition lange zurückreicht. Neben der Tatsache, dass keine Frauen mitlaufen dürfen, müssen die Umzügler mit einer selbst kreierten Nase, dem "letztem Kittel" – einer auf links gewendeten Jacke –, einem Hut mit daran befestigtem Holzspan und allen nur erdenklichen Krachinstrumenten auftreten.

Richtig fantasievolle Nasenkreationen ließen sich hierbei entdecken: vom Flugzeug und Schlagzeug, bis zur Babyflasche und Rakete, war hier alles vertreten. Das spannende Ende wurde dieses Mal vorgezogen. Normalerweise ziehen die Nasenzügler erst noch durch die Vorstadt und über den Gassensteg und zum Schlosshof zurück, bevor der entscheidende Moment am Stadtbrunnen naht. Dieses Mal war es noch hell, als gegen 18 Uhr die lange Schlange zum Stehen kam.

Auch die Schaulustigen hatten sich versammelt. Dicht gedrängt standen die Zuschauer um den Brunnen herum. Einer hatte gar eine Trittleiter mitgebracht, um besser auf den Brunnen sehen zu können. Andere sahen auch von Balkonen dem närrischen Treiben zu, wie beispielsweise der Jungnarrenrat und Mitglieder der Wolfacher Stadtkapelle. Sie alle warteten gespannt auf den Augenblick.

Ritual der Männerwelt

Andrea Schilli beobachtet ebenso aus der Ferne. Sie findet den Umzug immer wieder schön anzuschauen. Die 56-Jährige habe noch keine Frau erkannt. Dass der Nasenzug ein Ritual der Männerwelt ist, findet die Wolfacherin nicht schlimm, schließlich wüssten die Frauen, die mitlaufen, worauf sie sich einlassen.

Für alle "weiblichen Wesen", die es gewagt hatten, sich unter die Männer während des Umzugs zu mischen, kam nun die unbarmherzige Bestrafung: das kalte Wasser des Brunnens.

Die erste Frau wurde dann auch schon an Armen und Beinen gepackt und ins Wasser geschmissen. Die nächsten sechs sträubten sich, doch Widerstand war zwecklos. Sie waren zwar durch Tauwerk miteinander verbunden, doch den Männern gelang es, sie davon los zu machen und sie Richtung Brunnen zu dirigieren. Schließlich galt es für die Nasenzügler, die Etikette ihres traditionellen Rituals zu bewahren und wollten sich nicht nachsagen lassen, auch nur eine Frau vergessen zu haben, der dann hinterher ein Essen ausgegeben werden müsste.

Die entdeckten sechs Frauen aber bewiesen Mut und waren nicht zimperlich, angesichts des Wassers, das ihnen bis zu den Bauchnabeln reichte. Trotz der Kälte des Brunnenwassers schöpften sie mit an ihrem Kostüm befestigten Kochtöpfen aus dem Vollen und verteilten die Essenz von allen Seiten im Publikum und auf die Nasenzügler. Es sah fast so aus, als triumphierten die üblichen Verdächtigen, in diesem Moment, trotzdem Stärke bewiesen zu haben. Zwei weitere Frauen wurden entdeckt und mussten Buße tun. Neun Frauen waren eine gute Ausbeute, waren es im Vorjahr schließlich nur acht.

Nasenball in Schlosshalle

Sie stiegen ebenfalls klatschnass hinaus und machten sich auf dem Heimweg mit der Gewissheit, gleich warm duschen zu können. Der Männerzug hingegen war noch munter und zog triumphal durch die Vorstadt zur Schlosshalle. An der großen "Linde" sagten sie dann noch Fasnetssprüche auf, bis sich die Menge dann auflöste. Manche blieben noch, um beim Nasenball fulminant den Abschluss der Fasnet-Festivitäten zu feiern, der seinen leidvollen Ausklang heute ab 13 Uhr schließlich in der Geldbeutelwäsche wieder am Stadtbrunnen findet.