Justiz: Richterin verurteilt 62-jährigen aus dem Kinzigtal zu Geldstrafe / Verteidiger will Widerspruch einlegen

Wolfach (cko). Das Urteil im Prozess gegen einen 62-jährigen aus dem Kinzigtal wegen Volksverhetzung ist am gestrigen Freitag, dem zweiten Verhandlungstag, gesprochen worden. Die Richterin folgte dem Antrag des Staatsanwalts und befand den Angeklagten für schuldig. Sie verhängte eine Strafe von 40 Tagessätzen á 90 Euro.

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen im Jahr 2016 ein Interview des Zentralrats der Muslime in seinem Facebook-Account mit dem Begriff "Scheiterhaufen" kommentiert zu haben.

Um zu beweisen, dass außer dem Angeklagten auch andere Nutzer Zugriff auf den Account hatten, befragte der Verteidiger den Sohn des 62-Jährigen. Dieser gab an, er habe das Facebook-Konto des Vaters jederzeit nutzen können und habe das auch getan, um gemeinsame Bekannte zu kontaktieren. Er könne sich aber nicht an den zur Diskussion stehenden Kommentar erinnern und er wisse nicht, wer diesen gepostet habe.

Der Verteidiger hatte am ersten Verhandlungstag auch die Absicht des Angeklagten mit dem Kommentar zu Gewalt aufzurufen bestritten (der SchwaBo berichtete). Falls der Kommentar überhaupt von ihm stamme, habe er mit diesem Ausdruck die hasserfüllte Diskussion im Internet beenden wollen. Außerdem habe in der Mittelalter-Szene, in welcher der 62-Jährige unterwegs sei, der Begriff "Scheiterhaufen" eine andere Bedeutung als im allgemeinen Sprachgebrauch.

Der Staatsanwalt stellte in seinem Plädoyer dar, dass seiner Meinung nach durch Zeugenaussagen und Belege bewiesen worden sei, dass der Kommentar vom Angeklagten stamme. Sein Surfverhalten im Internet zeige die Absicht des Kinzigtälers zu Gewalt gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe aufzurufen.

Auch die Aussagen des Sohnes hätten diesen Sachverhalt nicht erschüttern können. Der Beitrag erfülle somit den Tatbestand der Volksverhetzung. Es sei eine große Personengruppe erreicht worden. Für den Angeklagten spräche die Tatsache, dass er keine Vorstrafen habe, gegen ihn spreche, dass er kein Geständnis abgegeben habe. Der Staatsanwalt plädierte für eine Strafe von 40 Tagessätzen.

Der Verteidiger betonte zunächst, dass der Angeklagte nichts gestehen könne, woran er sich nicht erinnere. Außerdem sei er ein friedfertiger Mensch, er sei nicht vorbestraft. Falls der Kommentar von dem 62-Jährigen stamme, habe er nur die emotional aufgeladene Diskussion beenden wollen.

Die Richterin hingegen betonte, es sei ihrer Meinung nach erwiesen, dass der Kommentar von dem Angeklagte stamme. Zur Auslegung des Begriffs "Scheiterhaufen" verwies sie auf den Kontext in dem er verwendet wurde und auf vorhergehende Kommentare. Sie sehe keine anderen Auslegungsmöglichkeiten: für sie habe der Angeklagte zu Gewalt aufgerufen und viele Personen erreicht. Sie folgte dem Strafantrag des Staatsanwalts. Der Verteidiger kündigte an, Widerspruch einzulegen.