Die Studenten Niklas Schneck (von links), Juliane Blarr, Mara Mistele, Laura Meier und Philipp Basler heafen ehrenamtlich in den Semesterferien auf Haiti mit. Foto: Dorn

Verein "Pwojé men kontre Haiti – Deutschland" berichtet über Lage / Vorstand neu gewählt

Wolfach. Brügmann referierte im evangelischen Gemeindesaal in Wolfach. Mit der Ankunft im Oktober 2016 überschlugen sich in und um das vom Verein betriebene Waisenhaus und die Schule die Ereignisse.

Anstatt die langerwartete Sendung, unter anderem die der Oberwolfacher Firma Schillinger gefertigten Fensterelemente sowie Photovoltaik-Elemente, auszupacken, mussten die Helfer den Container sofort wieder verschließen und retteten damit den kostbaren Inhalt vor den Wassermassen biblischen Ausmaßes, die dem Zyklon "Matthew" über das arme Land ausschüttete.

Hätten die Mühlen der Bürokratie nur eine Woche früher gemahlen, wären wohl die meisten Spenden schon ausgepackt und damit verloren gewesen. In den Wochen nach "Matthew" wurden das Waisenhaus und Brügmann zur ersten Anlaufstelle für Verletzte, Kranke und die Versorgung mit Lebensmitteln.

Die von den angehenden Ingenieuren der Gruppe EWB (Engineers without borders) der Karlsruher Uni schon über mehrere Bauabschnitte errichteten Neubauten hatten der Windlast des Zyklons standgehalten. Andernorts in Beaumont blieb aber kaum ein Wellblechdach verschont.

Keine "Kavallerie"

Brügmann und ihr krisenerprobtes Team gaben unmittelbar nach dem Zyklon ihr Möglichstes, hofften aber auf den Einsatz der "Kavallerie" in Gestalt der prominenten Hilfsorganisationen und deren Versorgungsapparaten. Diese Hoffnung erfüllte sich bis auf wenige sporadische Einzelaktionen nicht: Lediglich zwei kleinere Hilfsorganisationen entsandten Helfer in die haitianische Bergregion.

Mit den älteren Waisenjugendlichen packte Brügmann mehr als 6000 Lebensmittel-Pakete, geleitete die Hubschrauber für die Lebensmittel-Transporte sicher auf das Sportgelände, überwachte die Verteilung an die Bevölkerung und plante mit den Studenten ein kostengünstiges Wiederaufbauprogramm.

Mehr als 200 Wellblechhütten konnten für je 400 Euro wieder aufgebaut werden. Möglich wurden diese Aktionen auch durch eine großzügige Unternehmensspende in Höhe von 100 000 Euro sowie das Engagement der Mitglieder in Deutschland, über deren Wirken Lutz Diedrichs kurz referierte.

1000 Spender

Die Aktivitäten wie Lebkuchen-Aktion, Bewirtung der Kreuzsattelhütte und der Stand auf dem Weihnachtsmarkt im Schlosshof brachten selbst nur wenig Geld ein, dem Verein dafür aber das nötige Maß an Außenwirkung, um bei mehr als 1000 Spendern damit ein Spendenaufkommen von fast einer halben Million Euro zu erwirtschaften.

Mit dem hohen Spendenaufkommen und den vielen Rechnungen vor Ort in Haiti hatte Kassiererin Ingrid Bräutigam mehr als 5000 Belege zu verwalten, es gibt wohl kaum einen ehrenamtlichen Kassenwart, der 2016 ein vergleichbares Arbeitspensum zu bewältigen hatte.

Studenten gelobt

Ein Sonderlob der Versammlung durften sich auch die fünf Studierenden der Uni Karlsruhe abholen, die stellvertretend für ihre Mitstreiter über die Baufortschritte auf dem neuen "Campus" in Beaumont berichteten: Juliane Blarr (Maschinenbau), Philipp Basler (Bauwesen), Laura Meier (Lehramt), Niklas Schneck und Mara Mistele (beide angehende Wirtschaftsingenieure) zeigten mit ihrem ehrenamtlichen Engagement in den Semesterferien, dass sich auch die junge Generation allen Vorurteilen zum Trotz ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist.

Neben der Zyklonhilfe und dem Bau der neuen Schulgebäude mussten auch der Schul- und Mensabetrieb mit jetzt fast 350 Kindern und Jugendlichen aufrecht erhalten werden. Wo vor dem Zyklon nur an drei Tagen ein Essen bereitgestellt wurde, hatte das Küchenteam jetzt auf fünf Mahlzeiten pro Woche umgestellt.

Das 13-köpfige Team aus einheimischen Lehrern musste weiterqualifiziert werden. Viele Kinder, die eingeschult werden wollten, mussten aus Kapazitätsgründen jedoch abgelehnt werden. Während in Deutschland einfach eine andere Grundschule gesucht werden kann, ist diese Entscheidung für Haitianer eine über Leben und Tod.

Spontaner Beitritt

Lange Zeit stand der Einrichtung nicht einmal ein Fahrzeug zur Verfügung. Dank einer weiteren großzügigen Spende konnte nach über einem halben Jahr ein Geländewagen gekauft werden.

Ein paar schöne Schnappschüsse hatten es in die Präsentation des Vereins geschafft. Glückliche Kinderaugen beim Krippenspiel oder einfach nur ein Ausflug ans Meer bezeugten ohne Worte den unmittelbaren Nutzen des Engagements in diesem armen Land. Spontan trat daraufhin ein Zuhörer in den Verein ein.

Nach mehr als drei Stunden bestätigten die Mitglieder ihren Vorstand im Amt, beziehungsweise wählten für die vakanten Posten neue Kandidaten (siehe Infokasten).

Im Ausblick auf die Vereinsaktivitäten verwiesen Ingrid Bräutigam und Jörg Wulle auf die Notwendigkeiten, den Spendenfluss weiterhin hoch zu halten – pro Monat müssten etwa 30 000 Euro nach Haiti überwiesen werden – und weitere Personen zu gewinnen, die vor Ort in Beaumont die Vorsitzende und Ärztin Anke Brügmann unterstützten.

Jeder könnte dort seine speziellen Qualifikationen einbringen, wenn es gilt Verwaltungsprobleme zu lösen, die EDV einzurichten, kleinere Handwerkerarbeiten zu erledigen oder die neuen Ländereien zu kartieren. Der Verein ist inzwischen auch Eigentümer einer Bergspitze im Umland. Mit diesem Grunderwerb soll ein Trinkwasserschutzgebiet erhalten werden, die eigentliche Trinkwasserversorgung ist ein weiteres neues Projekt, für dessen Finanzierung mit dem Rotary-Club ein Sponsor gewonnen werden konnte.

INFO

Vorstand

Anke Brügmann hat auf der Jahresversammlung des Vereins "Pwojé men kontre Haiti – Deutschland" von ihren fast zehn monatigen Aufenthalt in Beaumont erzählt. Sie unterlegte dies mit teilweise schwer verdaulichen Bildern vom haitianischen Elend nach "Matthew".