Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn, Gisela Schneeberger in „Wir sind die Neuen“ Foto: Verleih

Spießige Junge, lebensfrohe Alte: Ralf Westhoff dreht die Vorzeichen des Generationenkonflikts um. Das großartige Schauspieler-Team setzt den Zusammenprall der Generationen in herrliches Kinovergnügen um.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Wir sind die Neuen"

Klingeln drei Mieter um die 60 bei ihren Nachbarn und sagen: „Wir sind die Neuen!“ Und ob man nicht mal zusammen einen trinken könnte. Da hätten Anne (Gisela Schneeberger), Eddi (Heiner Lauterbach) und Johannes (Michael Wittenborn) gleich fragen können, ob man Tisch und Bett teilen wolle. Die Reaktion der deutlich jüngeren Nachbarn Katharina (Claudia Eisinger), Barbara (Karoline Schuch) und Thorsten (Patrick Güldenberg): Ablehnung. Verwundert reiben sich die Neuankömmlinge die Augen. Ist das die neue Generation? Komplett verspannt, spaßfrei, karrierebesessen?

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Nach seinem Erfolgswerk „Shoppen“ zeigt Ralf Westhoff nun, wie sich die Gesellschaft seit den 1970ern verändert hat, wie sich die Vorzeichen des Generationenkonflikts praktisch umgedreht haben.

Die „Alten“, zivile Bürger, die Rotwein mögen und in ihrer WG lautstarke Diskussionen führen, sind für die „Jungen“ Loser, hängengebliebene Spät-68er, in ihrem Geselligkeitstrieb Wesen von einem fernen Planeten. Da knallt es gegen die Decke, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden. Das Spießertum der Jungen (Hausordnung!) reizt bald die Alten. Und alle reagieren wie im Kindergarten: provozieren sich gegenseitig mit extra lauter Musik und zynischen Wortgefechten im Treppenhaus.

Westhoff zeichnet präzise Charaktere, die verträumte Anne, die als einstige Eulenforscherin nie ans große Geld dachte, der nur oberflächlich gesunde Kraftprotz Eddi, noch immer attraktiv für Frauen, der intellektuelle Softie Johannes, der wie früher alles, aber auch alles ausdiskutieren möchte.

Im straff organisierten, zielorientierten Leben der Jungen lauern ganz normale Pannen. Patrick wird kurz vor dem Jura-Staatsexamen durch einen Hexenschuss lahmgelegt. Katharina, seine Freundin, droht zu scheitern am Vorbild ihrer Eltern – in Stuttgart würde man sagen: aus der Halbhöhenlage. Und Barbara bekommt Stress so richtig mit ihrem Verlobten. Und klar: Wenn die Fassaden bröckeln, dann nähert man sich menschlich an.

Man könnte Westhoff vorwerfen, dass er nicht gerade Durchschnitts-Senioren präsentiert und die „Jungen“ an der Oberfläche allzu tough geraten sind. Aber es soll sie ja geben: die Alten, bei denen das Fehlen einer adäquaten „Alterssicherung“ keine Albträume produziert, und die Jungen, die sich mit ihren Lebensentwürfen heillos überfordern. Zudem setzt das großartige Schauspieler-Team den Zusammenprall der Generationen in Kinovergnügen um. Die Alten sind nicht nur frohgesinnte Zeitgenossen, die das Leben sorglos „auslaufen“ lassen, ihre Nachbarn keine schwarz-weiß gezeichneten Kinder. Herrlich, wie sich das reibt, wie es knirscht, sich entwickelt und dann doch mag. Wie im richtigen Leben!

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