Foto: Team Baumann

Wintersport: 36-Jähriger vom CC Schwenningen vor Abflug zur Curling-Weltmeisterschaft im Gespräch.

Mittagstisch in Schwenningen. Sebastian Schweizer entscheidet sich für Puten-Saltimbocca mit Pasta. "Ich nehme lieber noch etwas mehr Nudeln", lacht der 36-Jährige kurz vor dem Abflug zur Curling-Weltmeisterschaft im kanadischen Edmonton. Dort hat der Curler des CC Schwenningen sportlichen Heißhunger. Immerhin geht es für das Team Baumann um Schweizer, das die deutschen Farben in der Curling-Hochburg vertritt, auch um das Olympia-Ticket.

Herr Schweizer, wie kommt man am schnellsten nach Edmonton, also in die Hauptstadt der kanadischen Provinz Alberta?

Da haben wir eine echt gute Verbindung gefunden, also über Stuttgart und Amsterdam direkt nach Edmonton.

Und was ist dort vor dem Beginn der WM geplant?

Nach der Ankunft wollen wir ziemlich schnell die Großstadt verlassen. Wir machen uns in Richtung Rocky Mountains auf, wo wir nahe des Jasper-National-Parks Quartier beziehen. Wir haben da nicht nur sehr gute Trainingsmöglichkeiten, sondern können uns auch etwas entspannen. Dort wollen wir uns richtig auf die WM einstimmen, sportlich und mental.

Also WM-Feinabstimmung und Teambuilding in den Rockys?

(lacht). So kann man es sagen. Wir sind zwei Tage lang dort. Neben dem Training geht es da auch um die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern. Außerdem besprechen wir sicher auch die Strategie für die ersten Spiele.

Das erste steigt am Samstag gegen die Niederlande.

Ja – und bereits am Freitag findet das offizielle Training und die Eröffnungsfeier statt. Deshalb kehren wir auch am Donnerstag nach Edmonton zurück.

Wo dann am Abend noch ein ganz anderer Höhepunkt wartet.

So ist es. Wir haben uns Karten für das Eishockey-NHL-Spiel zwischen den Edmonton Oilers und den San Jose Sharks besorgt.

Die Oilers um Leon Draisaitl sorgen in der besten Eishockey-Liga der Welt derzeit für Furore. Schafft dies auch die deutsche Curling-Nationalmannschaft in Edmonton?

Das hoffen wir sehr. Wir haben zuletzt bei einem Turnier in Aberdeen gesehen, dass bei uns die Basics stimmen. Wir haben also ein gutes Gefühl für die WM in Kanada.

Apropos Kanada. An dieses Land haben Sie gute Erinnerungen, feierten Sie doch im Jahr 2003 im dortigen Winnipeg ihr WM-Debüt.

Sicher. Ich bin nun zum viertel Mal zum Curlen in Kanada. Es gibt kein anderes Land, in dem eine solche Begeisterung für unseren Sport herrscht. Und Edmonton ist dazu noch die Curling-Hochburg von Kanada...

... also findet die WM sozusagen in der "Welthauptstadt" des Curlings statt?

So kann man es sehen. In die dortige Curlinghalle passen knapp 17 000 Zuschauer. Und diese sind sehr fachkundig. Da wird eine unglaubliche Stimmung herrschen.

Allerdings werden aufgrund der Zuschauerzahlen auch die Temperaturen steigen.

Natürlich. In der Schwenninger Curlinghalle sind es so 5 bis 7 Grad, in Edmonton werden es vielleicht 15 Grad sein. Darauf müssen wir uns einstellen.

Und was ist bei der Weltmeisterschaft möglich?

Das Mindestziel ist der achte Rang. Da geht es auch um die zukünftige Sportförderung. Wir wollen am Ende weiter eine positive Bilanz aufweisen, also mindestens sechs Siege aus den elf Vorrundenspielen erreichen.

Mit acht Siegen könnte das Halbfinale locken.

Daran denken wir nicht. Das WM-Feld ist extrem ausgeglichen, sieht man von den Top-Favoriten Kanada und Schweden mal ab. Wenn wir eine Super-Woche erwischen, ist aber auch viel möglich.

Vielleicht sogar die direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele 2018 in Südkorea?

Das wird extrem schwierig, da wir da einen der ersten beiden Plätze belegen müssten. Wir setzen da eher auf die letzte Qualifikationsmöglichkeit im Dezember im tschechischen Pilsen.

Dann wieder mit dem Startmann Sebastian Schweizer?

Das hoffe ich doch sehr. Ich werde bei der Weltmeisterschaft in Edmonton erst einmal der fünfte Mann sein, also als Ersatzspieler von der Bande aus zuschauen. Dies liegt daran, dass ich mir ja im vergangenen Jahr eine schwere Knieverletzung zugezogen habe.

Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung?

Ja – in Sachen Curling auf jeden Fall . Man hat bei der letzten WM übrigens gesehen, dass die Aufstellungen während eines Turniers wechseln. Ich gehe also davon aus, dass ich in Edmonton mein Können auch auf dem Eis zeigen werde.   

Info:Die Gegner

Die deutsche Curling-Nationalmannschaft trifft bei der WM in Edmonton in der Vorrunde auf elf Gegner. Sebastian Schweizer schätzt die Kontrahenten ein.

   Niederlande

1. April (7 Uhr, deutsche Zeit): "Dieses Team müssen wir schlagen. Gegen die Niederlande haben wir auch eine positive Bilanz."

  Italien

1. April (12 Uhr): "Gegen die Italiener haben wir zuletzt in Aberdeen verloren. Von der Papierform her sind wir aber stärker."    Schweden

2. April (7 Uhr): "Neben Kanada ist dies der WM-Topfavorit. Da brauchen wir einen sehr guten Tag und eben Schweden, die nicht so gut in Form sind, wenn wir eine Chance haben wollen."    Schweiz

3. April (2 Uhr): "Die Schweizer sind derzeit wirklich gut drauf. Aber wir haben sie in dieser Saison schon geschlagen."

   Japan

3. April (12 Uhr): "Japan ist eine echte Wundertüte. Normal sind wir mit Japan auf Augenhöhe."    China

4. April (2 Uhr): "Gegen die Chinesen haben wir noch nie gespielt. Sie haben aber zuletzt in Aberdeen das Finale erreicht, sind also stark."

   Kanada

4. April (12 Uhr): "Was für Schweden gilt, gilt erst recht für Kanada. Und dann hat Kanada eben noch den Heimvorteil. Dieser ist nicht zu unterschätzen, werden doch bis zu 17 000 Fans die Kanadier in Edmonton anfeuern."

  USA

5. April (7 Uhr): "Dies ist eine sehr erfahrene Mannschaft. Das Team hat schon einige Weltmeisterschaften absolviert. Wir brauchen uns vor den USA aber nicht verstecken."

  Norwegen

5. April (12 Uhr): "Da sich Thomas Ulsrud mit seiner Mannschaft nicht qualifiziert hat, sind wir nicht chancenlos. Gegen die WM-Debütanten um Alexander Lindstroem ist etwas möglich. Mal schauen, was da geht."

   Russland

6. April (2 Uhr): "Die Russen sind technisch sehr stark. Aber wir haben bisher eine positive Bilanz. Dies soll natürlich so bleiben."

   Schottland 6. April (7 Uhr): "Gegen Skip David Murdoch – zweifacher Weltmeister – brauchen wir eine Top-Leistung, wollen wir gewinnen."

Curling-WM in Edmonton

   Der Modus

Die zwölf weltbesten Nationen sind bei der Weltmeisterschaft vom 1. bis 9. April in Edmonton (Kanada) am Start. Gespielt wird im "Round Robin"-Modus, wonach alle Nationalmannschaften in der Vorrunde zunächst direkt gegeneinander antreten. Sind die elf Begegnungen gegen jedes Team absolviert, so sind die besten vier Mannschaften direkt für das Halbfinale qualifiziert. Bei der letzten WM in Edmonton im Jahr 2007 besuchten übrigens 184 950 Zuschauer die Spiele.

  WM 2016

Titelverteidiger ist Kanada, das bei der WM 2016 in Basel im Finale Dänemark mit 5:3 schlug. Das deutsche Team mit Sebastian Schweizer wurde mit nur einem Sieg aus elf Spielen Letzter.   

 Teilnehmer 2017

Kanada, Deutschland, Japan, China, Norwegen, Russland, Schottland, USA, Schweden, Schweiz, Italien und Niederlande.