Gerhard Schenk hat den besten Durchblick: Er rät Mörder, Motiv und Tathergang. Foto: Schwarzwälder-Bote

Kriminal-Dinner: Sherlock Holmes ermittelt: Hat Gift in der Mauldäschlesupp’ den Baron dahingerafft?

Baron August von Zuckerberg ist tot. Vornüber ist er in die Mauldäschlesupp’ gefallen. Doch wer hat ihn umgebracht? Für ihre Ermittlungen haben sich Sherlock Holmes und Doktor Watson 90 kompetente Helfer geholt: das Publikum beim Kriminal-Dinner.

Winterlingen-Benzingen. Da haben sich die 90 Gäste im Hotel-Gasthof Sternen auf ein leckeres Abendessen gefreut – selbst gemachte Maultaschensuppe, Schweinefilet an Morchel-Rahmsoße mit Gemüse, Spätzle und Gratin-Kartoffeln, danach ein Tiramisu für den süßen Zahn – und jetzt das: Ein Mord stört die Idylle im gepflegten Ambiente des großen Saals. Und eine Rothaarige, die ohne Unterlass plappert und mit ihrem Ausschnitt "bis zum Sohnes" alle Männerblicke auf sich zieht.

Wie sich herausstellt, ist sie eben zur Witwe geworden, denn ihr Mann, Baron August von Zuckerberg, hat vom Abendessen bei der Feier zu seinem 80. Geburtstag nur ein paar Löffel von der Mauldäschlesupp’ bekommen – und den Genuss nicht überlebt. Nun sollen sich die Gäste an der Aufklärung beteiligen, die niemand Geringeres als Meisterdetektiv Sherlock Holmes, selbst Gast des Barons, übernimmt.

Sein Freund und Kollege Doktor Watson – wie sich herausstellt hat er tatsächlich schwäbische Wurzeln, aber leider auch einen verstauchten Fuß – kommt erst später hinzu, direkt vom Bienzle-Tatort weg, und stellt fest: "Für einen Vergifteten hat das Opfer eine viel zu gesunde Gesichtsfarbe."

Mit Hilfe der Sitzordnung auf einem Flipchart bringt Watson Struktur in die Sache. Kommissar Fiederling, der sich inzwischen ins Publikum verkrümelt hat – die Gäste des Kriminal-Dinners übernehmen kleine Spielrollen – hatte sich unter den Tisch geduckt, weil Susi, der hübschen Krankenschwester des Barons, ihre Brosche runtergefallen war, und – kaum wieder oben – das Blaublut nur noch tot angetroffen. Wie sich herausstellt, hatte Fiederling noch eine Rechnung offen mit seinem Tennisclub-Kameraden: Der hatte ihn erpresst. Ist Fiederling der Täter?

Die Baronin selbst kommt natürlich auch in Frage. Schließlich ist sie Haupterbin und nicht eben in Tränen aufgelöst über das Dahinscheiden ihres Gatten und Geldgebers. Da wäre aber auch noch Susi, die im Testament noch eine Rolle spielen soll, und natürlich die Köchin Anna Klett. Sie hat die Mauldäschlesupp’ gekocht und möglicherweise noch etwas Anderes in die Herrgottsb’scheißerle verpackt als nur Fleisch.

Der Mörder ist immer der Gärtner, oder?

So nehmen die Ermittlungen ihren Lauf, und köstlich ist nicht nur das Dinner zum Krimi – köstlich sind auch der Witz, das Tempo und die Originalität, mit der die beiden Detektive die Handlung vorantreiben. Alexia Basile, auch Autorin des Stücks, schlüpft dabei in mehrere, immer wieder andere Rollen: Abwechselnd gibt sie den kleinen knubbeligen Doktor Watson, die überkandidelte Baronin, Sexy-Susi, die Krankenschwester, die ungeniert männliche Muskeln massiert, und die Köchin – wie ihre Maultaschen ein echtes schwäbisches Original.

Sherlock Holmes bleibt in seiner Rolle – viel zu gut passt sie zum langen, schlaksigen Joachim Herrmann, der zu Neujahr das Pfeifenrauchen aufgegeben hat und ersatzweise mit fischchenförmigem Salzgebäck seine kleinen grauen Zellen dopt.

Was die Zuschauer, die vergnügt die Köpfe zusammenstecken und rätseln, rätseln, rätseln, wohl nicht geahnt haben: Die beiden können auch richtig gut singen und garnieren ihre Auftritte mit flotten Duetten. Zudem haben sie originelle Utensilien mitgebracht – etwa die Karikaturen, die am Höhepunkt der Aufklärung die Positionen der Gäste am Tisch einnehmen: Kommissar Fiederling hat die Horst-"Derrick"-Tappert-Visage, die Gattin des Notars ersetzt eine Karikatur der berühmten Miss Marple.

Nach mehr als drei Stunden Schlemmen und Rätselraten dürfen die Zuschauer ihren Hauptverdächtigen samt Mordmotiv und Tathergang auf einem Zettel schildern, und die Ermittler lesen die besten Antworten vor. Kostproben gefällig? "Die Brosche war’s", hat einer geschrieben. "Als sie zu Boden fiel, brach die Nadel ab und spritzte dem Baron ins Herz." Die Antwort erntet ebenso tosenden Applaus wie jene: "Der Mörder war der Gärtner – und die Tatwaffe das Begonien-Schäufele."

Nicht nur kulinarisch köstlich

Gerhard Schenk hat nicht nur die richtige Lösung gefunden, sondern auch die passende Erklärung dazu, die mit Spänen und der noch fehlenden Unterschrift auf dem Testament zu tun hat. Dafür erhält er eine Detektivlupe – und die beiden Akteure kräftigen Applaus für einen vergnüglichen, nicht nur kulinarisch köstlichen Abend, der viel mehr Spaß gemacht hat als der Bienzle-Tatort.