Die Teilnehmer am Kunstprojekt der Winterlinger Realschule beschäftigten sich mit dem Thema Fremdsein und Geborgenheit. Fotos: Jetter Foto: Schwarzwälder-Bote

Vernissage: Realschüler beschäftigen sich in zeitpolitischem Projekt mit dem größtem menschlichen Zwiespalt

Verschlungene Welten und totale Fremdheit: Die Schüler der Realschule Winterlingen widmeten sich aus Anlass eines zeitpolitischen Kunstprojektes dem wohl größten menschlichen Zwiespalt.

Winterlingen. Das Fremde, scheinbar weit entfernte, kollidiert mit der vertrauten Atmosphäre, die ein Gefühl von Geborgenheit verspricht – und zwischen diesen Polen steht niemand Geringeres als der Mensch selbst. "Jeder ist fremd, immer und überall", begründen die jungen Künstler der Realschule Winterlingen den komplexen Zwiespalt, der den Charakter des menschlichen Lebens ausmacht.

Getreu Nevfel Cumarts Gedicht "Zwei Welten" griffen die Schüler die Motive der Abschottung, Flucht und inneren Zerrissenheit gemäß eigener Erfahrungen künstlerisch auf. Schließlich ist jeder im Laufe seines Lebens derjenige, der kritisch beäugt und gar ausgeschlossen wird: der Fremde. Das Motiv der Heimat scheint sich dabei wohl noch komplexer zu verhalten, wie die Schüler anhand von mehreren Definitionsversuchen deutlich machen. Die Heimat erwecke für sie sowohl kulinarische Assoziationen wie die berühmten "Schnitzel mit Spätzle" als auch Gefühle der Geborgenheit.

"Der Themenkomplex ist allgegenwärtig", hob die betreuende Kunstlehrerin Susanne Baur die Relevanz des Projekts im Rahmen der Vernissage in der Winterlinger Kleinkunstbühne K3 hervor. Ein Jahr lang betreute sie das zeitpolitische Kunstprojekt, das die Spannung zwischen dem Fremden und Vertrauten in einer großen Bandbreite künstlerisch aufgreift. Von filigranen schwarz-weiß Zeichnungen, die zahlreiche Motive der Zerrissenheit auf engem Raum vereinen, bis hin zu kolorierten Weltkarten reicht das Spektrum der Ausstellung. Die kraftvoll bunten Gemälde sind Zeugnisse der universellen menschlichen Bedürfnisse. Fremde Menschen reichen sich die Hand, schaffen den Spagat zwischen der Heimat und der Ferne.

"Die Nachrichten strömen in unglaublichem Ausmaß auf die Kinder ein", offenbarte Baur, die den Schülern der Klassen fünf bis neun sowie der Kunst-AG bei der künstlerischen Umsetzung der Informationsflut mit Rat und Tat zur Seite stand. Sowohl die US-amerikanische Grenzmauer nach Mexiko als auch waghalsige Fluchtbewegungen über das Mittelmeer verarbeiteten die jungen Künstler im Rahmen ihrer Bilder. Und selbst der leise Schrei nach einer harmonischeren Welt bleibt nicht verborgen – anstelle von lebensbedrohlichen Granaten feuert ein gemalter Panzer Herzen als Zeichen der Liebe.

Die Schüler Lorena Lanz, Saida Pleger, Melanie Bitzer, Lilly Holp, Emily Broß sowie Lukas Ermler wirkten anhand von interessanten Denkanstößen aktiv an der Vernissage mit. Zudem engagierte sich Mustafa Noori im Rahmen seines Bundesfreiwilligendienstes im zeitpolitischen Projekt. Initiiert hatte die Ausstellung Evelin Nolle-Rieder, die Vorsitzende der Winterlinger Kleinkunstbühne K3. Nolle-Rieder zeigte sich besonders erfreut über die erstmalige Schulausstellung in den Räumen, die professionellen Künstlern und Hobbykunstschaffenden aus der Region eine Plattform bieten.