BETRIFFT: Öffentlichen Nahverkehr in Winterlingen

Wer war schon mal in Winterlingen? Ganz schön freche Frage für alle, die in dieser Gemeinde hoch auf der Alb ihr Dasein fristen. Gute 6000 Einwohner freuen sich hier auf Schwimmbad und Pflegeheime. Schulen gibt’s auch. Alles paletti. Es darf nur niemand aus dem fernen Balingen kommen, zu Fuß und per öffentlichem Nahverkehr.

Von Ebingen aus geht’s noch, da fährt der 7421 direkt vor Winterlingens Rathaus. Das anvisierte Ziel wird nach langem Fußmarsch schließlich erreicht. Nach einer Stunde dann der Rückweg, gefördert von hilfsbereiten Anwohnern, die dem Ortsunkundigen helfen. Großartig! Schließlich Ankunft an der Bushaltestelle, an der die Rückfahrt nach Ebingen beginnen soll. Direkt an einem düsteren Gebäude, in dem angeblich die Polizei ihres Amtes walten soll. Warten auf den Bus. Der erste fährt vorbei, der Fahrer, so scheint es mir, zeigt den Mittelfinger. Aber vielleicht brennt nur die Sonne auf meinen Schädel. Die auf dem Fahrplan angegebene Haltezeit ist längst vorbei. Eine Stunde später soll der nächste kommen, aber nur an Schultagen. Ich hoffe inbrünstig, dass heute Schule ist. Wieder rauscht ein Bus vorbei, vermutlich will der Fahrer pünktlich zum Mittagessen. Inzwischen fühle ich mich vor dem Polizeigebäude ziemlich unwohl. Schließlich hält doch noch ein Bus, der Fahrer mustert mich misstrauisch, wahrscheinlich kennt er nur Einheimische. Durch wunderschöne Landschaften geht es nach Ebingen. Mit stundenlanger Verspätung. Man sagt, dass es schön sei auf dem Land. Mag sein. Aber nur mit dem Auto. Das, was unter dem Begriff "Öffentlicher Nahverkehr" verkauft wird, ist unterste Schublade.

Jochen Lange | Balingen