Vor Gericht steht ein 53-Jähriger. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Prozess: Landgericht hört Zeugen des Raubüberfalls von 2010 auf die Winterlinger Poststelle

Das Landgericht hat weitere Zeugen zum fünf Jahre zurückliegenden Überfall auf das Winterlinger Schreibwarengeschäft mit Poststelle gehört.

Von Anne Retter

Winterlingen/Hechingen. Kurz vor Feierabend war die Mitarbeiterin des Schreibwarengeschäfts überfallen worden: Der maskierte, mit einer Pistole bewaffnete Räuber fesselte die Frau mit Klebeband, räumte die Kassen leer und ließ die Angestellte hilflos zurück. Am zweiten Verhandlungstag sagten weitere Zeugen aus.

Kurzfristig war die Frau des Seniorchefs geladen worden, für den der Angeklagte 2010 kurzzeitig gearbeitet hatte. Es ging um die Frage, ob die Frau den Tatverdächtigen einmal beauftragt hatte, etwas aus dem Firmenschließfach in der Poststelle abzuholen. Dies verneinte sie klar. Der zweite Zeuge war der zuständige Molekularbiologe des Landeskriminalamtes, der als Sachverständiger DNA-Spuren auf den Klebebändern gesichert hatte, mit denen die Mitarbeiterin vom Täter gefesselt worden war. Auf braunen Paketklebeband hatte er genetisches Material sicherstellen können, das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf den 53-jährigen Serben verweist: Nur eine unter 38,5 Billiarden nichtverwandter Personen könnte dieselben Spuren hinterlassen haben.

Als dritten Zeugen hörte das Gericht den Kriminalhauptkommissar, der die Kontendaten des Angeklagten und dessen Lebensgefährtin erhoben hatte. Der Richter wandte sich anschließend an den Angeklagten: "Wir sind nach unserer bisherigen Einschätzung zu dem Schluss gekommen, dass Sie sich mit ihren Einlassungen keinen Gefallen tun und dass das Verfahren möglicherweise nicht so ausgehen wird, wie Sie sich das wünschen." Dann wurde als vierter Zeuge der Kriminalbeamte gehört, der den Einsatz maßgeblich geleitet hatte. Er beschrieb die Spurensicherung, Fahndungs- und Ermittlungsarbeit. Dabei wurde auch deutlich, wieso der Prozess erst fünf Jahre nach der Tat stattfinden kann: Ab 2013 ermittelte die Polizei gegen den jetzt vor Gericht stehenden Mann. Der erste Verdächtige konnte weder mit den vorhandenen DNA-Spuren noch mit den Ergebnissen der Faserspurenanalyse in Verbindung gebracht werden.

2013 habe sich dann der Verdacht auf den vorbestraften Angeklagten gerichtet, nachdem dessen genetischer Fingerabdruck wegen einer anderen Tat in die Datenbank eingepflegt wurde und einen Treffer mit den gespeicherten DNA-Spuren vom Tatort ergab. Sachdienlich beitragen konnte der Polizeibeamte außerdem, dass auf das Konto der Lebensgefährtin des Angeklagten einen Tag nach dem Überfall 250 Euro bar eingezahlt worden seien. Ende des Monats habe der Beschuldigte auch einen Großteil seiner Mietschulden beglichen.

Vor der Unterbrechung der Verhandlung verlas das Gericht noch die Aussage des verstorbenen Augenzeugen, der, kurz nachdem der Räuber geflohen war, die Geschädigte gefunden und befreit hatte. Er war einem Mann an der Tür begegnet; dieser habe "Keiner mehr da" gemurmelt und verwirrt das Weite gesucht.

Vier neue Terminefür die Verhandlung

Am späten Nachmittag wurde als letzter Zeuge der Sohn der Wirtsleute gehört, die den Angeklagten beschäftigt hatten. Er konnte keine Arbeitszeitnachweise mehr beibringen; der elterliche Betrieb war Ende 2010 aufgelöst worden.

Nach seiner Vernehmung wurde noch einmal der Polizeibeamte vom Vormittag in den Zeugenstand gerufen. Dessen Recherche nach ehemaligen Kollegen des Tatverdächtigen wird nun mit neuen Anhaltspunkten weitergeführt. Die Sitzung wird am 19. November fortgesetzt; weitere vier Termine wurden zusätzlich vereinbart.