Stanislawa Lewczuk (links) und Monika Nowosad stöbern in der Winterlinger Bücherei. Foto: Holbein Foto: Schwarzwälder-Bote

Stanislawa Lewczuk praktiziert in der Winterlinger Bücherei / Heute geht es zurück ins polnische Izbica mit vielen Eindrücken im Gepäck

Von Christoph Holbein

Winterlingen. In diesem Augenblick ist sie auf dem Weg in die Heimat, sitzt vermutlich bereits im Flugzeug, das sie zurück nach Polen bringt. Hinter ihr liegen zehn ereignisreiche Tage: Stanislawa Lewczuk aus der Partnergemeinde Izbica absolvierte ein Praktikum in der Winterlinger Bücherei.

Sie ist zum ersten Mal in Winterlingen: Zusammen mit Dolmetscherin und Multiplikatorin Monika Nowosad hat die 56-jährige Mitarbeiterin der Bücherei in Izbica seit Anfang Juli Einblick erhalten in die Arbeit einer deutschen kommunalen Bibliothek: "Mir gefällt alles. Die Räume haben viele Fenster und sind sehr hell. Der Zugang zu den Regalen und Büchern ist großzügig gestaltet. Die Leser kommen viel einfacher an die Bücher heran", sagt Stanislawa Lewczuk. Die Bücherei in Winterlingen ist mit der in Izbica vergleichbar.

Praktikantin sammelt jede Menge praktische Erfahrungen in der Zeit

Jede Menge praktische Erfahrungen sammelte die Praktikantin in den zehn Tagen, lernte die Systematik kennen, räumte die Medien zurück, half bei der Mediensicherung, bekam die Selbstverbuchung und Rückgabeautomaten erklärt, kontrollierte die Regale, unterstützte bei der Ausleihe und erfuhr, wie Neuerwerbslisten erstellt, Leserwünsche bearbeitet und Medien erfasst werden. Außerdem half sie mit beim Erstellen der Umfrage zur Gestaltung der Bücherei. Dazu besuchte sie auch die Bücherei in Gammertingen: "Es gibt Unterschiede zwischen Izbica und Winterlingen", hat sie festgestellt.

Etwa, dass in der deutschen Bücherei die Bücher je nach Gattung mit verschiedenen Farben gekennzeichnet sind. In Polen verfügt die Bibliothek zudem über kein elektronisches System, bei dem jedes Buch einen Chip hat, der ermöglicht, das jeder Leser beispielsweise die Rückgabe des Buches selbst vornimmt, ohne an die Theke zu müssen.

"In Polen spielt der Faktor menschliche Arbeitskraft weniger eine Rolle, weil die Löhne niedriger sind", erläutert Ludwig Maag, Hauptamtsleiter in Winterlingen. Stanislawa Lewczuk möchte dennoch gerne für Izbica auch so ein elektronisches Ausleihsystem. "Vielleicht starten wir im Rahmen der Partnerschaft ein solches Projekt", sagt Maag. "Es ist angedacht, zwischen den beiden Büchereien zu kooperieren und Izbica das Programm zur Verfügung zu stellen, allerdings müsste es dann in die polnische Sprache übersetzt werden."

Die beiden polnischen Besucherinnen waren beim Betriebsausflug der Gemeinde Winterlingen dabei und reisten gemeinsam zum Bodensee, wo sie eine Schifffahrt unternahmen und mit der Fähre von Konstanz nach Meersburg übersetzten: "Es geht bei diesen Praktika ja auch darum, Land und Leute kennenzulernen", sagt Maag. So möchte die 56-jährige Bücherei-Mitarbeiterin sehr gerne wieder nach Deutschland kommen.

Mit nach Izbica nimmt sie die Anregung, die Regale in der Bücherei anders aufzustellen, offener, damit die Leser einen besseren Zugang zu den Büchern haben. Für die Zukunft ein Traum ist es, die Bücherei räumlich zu erweitern: Die zweite Etage in Winterlingen hat Stanislawa Lewczuk gefallen. Allerdings steht der Neubau eines Kulturhauses in Izbica momentan aus finanziellen Gründen in den Sternen, auch wenn Bildung und Erziehung in Polen einen hohen Stellenwert genießen und die Bücherei mehr Medien besitzt – aber eher einen älteren Bestand – als die Einrichtung in Winterlingen.

Wunsch nach mehr elektronischen Medien in der Bücherei

Ein weiterer Wunsch der 56-Jährigen ist, das Angebot an Hörbüchern, CDs und DVDs in Izbica auszubauen. Das ist in kleinen Büchereien in Polen nicht so vorhanden, aber "es wäre eine gute Lösung, wenn wir auch in Izbica solche Medien hätten". Derweil ist die polnische Bibliothek gut mit Sachbüchern ausgestattet, während die Winterlinger daran arbeiten, dass die Leser die Möglichkeit erhalten, E-Books auszuleihen.

Stanislawa Lewczuk hat indes sich ein neues Ziel gesetzt: die deutsche Sprache zu lernen. Deshalb möchte sie in Polen einen Deutschkurs besuchen. Die deutsch-polnische Gemeindepartnerschaft geht unterdessen in diesem Jahr weiter mit dem Besuch einer achtköpfigen Delegation aus Winterlingen – darunter der Bürgermeister – vom 14. bis 17. August in Izbica zum Erntedankfest. Zudem ist geplant, dass im Oktober der Vorsitzende des deutschen Partnerschaftskomitees, Heiner Schuler, als Multiplikator gemeinsam mit dem stellvertretenden Leiter der Kämmerei, Bodo Erath, für zehn Tage nach Izbica reist, wo Erath im Rathaus der polnischen Partnergemeinde ein Praktikum absolvieren wird.