Michael Maier vor Gericht. Foto: Steffen Maier

Winterlinger Bürgermeister muss außerdem 10.000 Euro Geldbuße bezahlen. Disziplinarverfahren folgt.

Hechingen/Winterlingen - Mit deutlichen Worten von Richter Herbert Anderer ist gestern das Verfahren gegen den Winterlinger Bürgermeister Michael Maier zuende gegangen. Maier wurde zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten sowie einer Geldbuße von 10.000 Euro als Bewährungsauflage verurteilt.

Richter Anderer und die Große Strafkammer sahen es damit als erwiesen an, dass sich Maier während seiner Zeit als Rathauschef der Gemeinden Ratshausen und Hausen am Tann in vier Fällen der Untreue, in zwei Fällen der Urkundenfälschung, in einem Fall des versuchten Betrugs und in 71 Fällen des Sozialversicherungsbetrugs schuldig gemacht hat.

Maier brachte zum Ende der Verhandlung sein "ehrliches Bedauern" über sein Fehlverhalten zum Ausdruck.

Auf den groben Strafrahmen hatten sich das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung bereits am zweiten Verhandlungstag im Oktober verständigt (wir berichteten). Anderer machte nun am dritten und letzten Prozesstag deutlich, dass das "außergewöhnlich öffentliche Verfahren" aus Sicht der Strafkammer erst gar nicht hätte stattfinden müssen, sondern bereits viel früher mit einem Strafbefehl hätte enden können. Einen entsprechenden Gesprächsversuch aber habe es von Seiten Maiers nicht gegeben.

Ebenso betonte Anderer, dass es ihm und seinen Kammerkollegen sehr am Herzen gelegen habe, zu einer Strafe von weniger als zwölf Monaten zu kommen, um Maier nicht doppelt und über das schuldangemessene Maß hinaus zu bestrafen. Eine Haftstrafe von wenigstens zwölf Monaten hätte für Maier automatisch den Verlust des Bürgermeisteramts in Winterlingen und damit wohl auch die "Vernichtung der bürgerlichen Existenz" bedeutet, wie es dessen Verteidiger Bernd Wagner formulierte.

Zusätzlich zum Urteil las Richter Anderer Michael Maier ordentlich die Leviten. Ein Bürgermeister sei das "rechtliche Gewissen" einer Gemeinde, er sei derjenige, der auf Recht und Ordnung in besonderer Weise achten müsse. Das habe Maier nicht getan, im Gegenteil. Es hätte Maiers besondere Pflicht sein müssen, so Anderer, beispielsweise bei der Beschäftigung für die korrekte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen; stattdessen habe er über Jahre fiktive Arbeitsverhältnisse unterhalten, die auf Bitten der Gemeindeangestellten eingerichtet wurden. "Da hätten Sie ›Nein‹ sagen müssen", so Anderer. Als "sehr gravierend" bezeichnete der Richter die beiden Fälle der Urkundenfälschung. Maier hatte, obwohl nicht mehr Bürgermeister von Hausen am Tann, auf Briefpapier der Gemeinde Rechnungen verschickt, unterzeichnet mit "Maier, Bürgermeister". Dadurch sei das Vertrauen in die Verwaltung nachhaltig erschüttert worden, so Anderer.

Als strafmildernd wertete das Gericht, dass Maier ein umfassendes Geständnis ablegte, dass die Taten lange zurückliegen (zwischen 2007 und 2011) und das Verfahren mittlerweile seit dreieinhalb Jahren andauert und dass den Gemeinden Ratshausen und Hausen kein Schaden entstanden ist (auch weil Maier drohende Schäden aus dem eigenen Geldbeutel bezahlte). Zudem habe Maier nicht unmittelbar sich selbst, sondern allein den Gemeinden Vorteile verschaffen wollen. Als positiv wertete die Kammer auch, dass Maier in seiner Zeit als Bürgermeister von Winterlingen seit 2011 einen "ordentlichen Job" mache.

Ebenso berücksichtigte die Kammer, dass Maier sich noch in einem Disziplinarverfahren verantworten muss. Dieses wurde vom Landratsamt 2011 eingeleitet. Nach Beendigung des Strafverfahrens könne es nun zum Abschluss gebracht werden, teilte die Behörde am Montag mit. Die möglichen Disziplinarmaßnahmen reichen von einem Verweis über eine Geldbuße bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Richter Herbert Anderer meinte gestern, er gehe nicht von einer Amtsenthebung, sondern von einem "versöhnlichen Ende" aus.